«Schieferöl eats it all»: Im Juni 2016 rutschte der Rohölpreis wieder auf 46 Dollar ab, als die US-Produktionszahlen die Erwartungen übertrafen und das Gespenst «Schieferöl» erneut Marktturbulenzen heraufbeschwor. Allerdings sind inzwischen die lukrativsten Vorkommen mit den effizientesten Bohrtürmen und den besten Teams ausgeschöpft. Somit müssen die Ölkonzerne künftig eine deutlich geringere Effizienz und damit höhere Break-Even-Werte in Kauf nehmen.

Mit der Entscheidung der OPEC, die Produktionskürzungen bis Ende 2018 zu verlängern, erwarten wir einen Rückgang der OECD-Lagerbestände und einen Anstieg der Ölpreise, da der Markt wohl bis Ende des Jahres stark in ein Defizit gedrängt werden könnte. Längerfristig wird der Ölpreis natürlich wieder Richtung Herstellungsgrenzkosten tendieren.

«Es scheint der Glaube vorzuherrschen, dass Amazon es trotzdem schaffen kann»

«Amazon eats it all»: Mitte Juni 2017 erwarb Amazon Whole Foods Market und kündigte bei 15 ausgewählten Produkten Preissenkungen von 50 Prozent an. Dies wurde vom Markt als Zeichen dafür genommen, dass der Online-Riese den Lebensmittel-Einzelhandel aus dem Geschäft drängen würde. Amazon ist jedoch spezialisiert auf Beschaffung, Lagerung und Vertrieb von Gebrauchsgütern in rauen Mengen ohne Verfallsdatum und mit massiven Preisnachlässen. Frische Lebensmittel sind ein vollkommen anderes Geschäft.

In den Märkten scheint der Glaube vorzuherrschen, dass Amazon es trotzdem schaffen kann. Aber nach 18 Jahren des Versuchens scheinen sie immer weiter hinter den führenden etablierten Unternehmen in dem Bereich zurückzubleiben, anstatt aufzuholen.

«Tesla eats it all»: Im August 2017 führte die Überzeugung, dass Elektrofahrzeuge von Tesla den traditionellen Automobilmarkt dezimieren würden, zu einem massiven Druck auf die Aktienkurse von Erstausrüstern. Allerdings haben etablierte Autohersteller wie Daimler und VW seit dem Kohlendioxid-Skandal 2015 im Bereich der elektrischen Fahrzeuge deutliche Fortschritte erzielt und sehr glaubwürdige Elektrofahrzeug-Strategien mit detaillierten Plänen für die gesamte Produktpalette entwickelt.

«Fintech gibt den strukturell herausgeforderten Banken den Rest»

Diese Firmen sind führend im Bereich Design und investieren 10- bis 20-mal so viel in Forschung und Entwicklung wie Tesla, das massiv verschuldet ist und Kapital verbrennt.

Fintech gibt den strukturell herausgeforderten Banken den Rest: Es ist fast schon zur Gewohnheit geworden, Banken als strukturell herausgefordert zu bezeichnen. Der Hauptgrund für die Halbierung der Eigenkapitalrenditen in diesem Sektor zwischen 2007 und 2017 ist jedoch darauf zurückzuführen, dass die Banken innerhalb dieses Zeitraums aufgrund regulatorischer Vorgaben verpflichtet wurden, ihr CET1-Kapital zu verdoppeln.

Dies ist eine einfache mathematische Funktion von Zähler und Nenner und hat wenig mit der Ertragskraft der Banken zu tun. Kontinentaleuropäische Banken, die unterhalb des Buchwerts und zu einstelligen KGVs gehandelt werden, zählen wir zu den attraktivsten Anlagemöglichkeiten, die derzeit im Value-Universum verfügbar sind. Und dies bei wachsenden Dividendenrenditen von 4 Prozent bei bescheidenen Ausschüttungsquoten von 45 bis 50 Prozent und dem zusätzlichem Potenzial für Aktienrückkäufe.

«So werden echte Value-Investoren wieder ins Rampenlicht rücken»

Trotz der erneut miserablen Performance von Value-Strategien im letzten Jahr gibt es erste Anzeichen dafür, dass Anlageansätze, die auf geringe Volatilität, Qualitätswachstum und Rendite setzen, allmählich ins Stocken geraten. Dies könnte eine Rückkehr zu bewertungsbasierten Aktienkursen einläuten, durch die fundamentale Verwerfungen korrigiert werden müssten.

Obwohl es grundsätzlich möglich ist, auch in einem wachstumsstarken Umfeld Alpha aus Substanzwerten zu extrahieren, möchte ich wir hier festhalten, dass eine Rückkehr zu Value den wahren Wert des Stock Picking hervorheben würde. Und diese Entwicklung hat erst begonnen. Seit dem Tiefpunkt im Februar 2016 haben sich Value-Strategien nur um 3,7 Prozent besser entwickelt als der Markt. Sobald sich diese Entwicklung beschleunigt, werden echte Value-Investoren wieder ins Rampenlicht rücken.


Hans Ulrich Jost ist Portfoliomanager für Aktien der Eurozone beim Vermögensverwalter GAM.


Bisherige Texte von: Rudi BogniOliver BergerRolf BanzSamuel GerberWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Andreas BrittMartin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten PolleitKim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard GuerdatDidier Saint-GeorgesMario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. LucatelliKatharina BartMaya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco MartinelliBeat WittmannThomas SutterTom KingWerner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Michel Longhini, Frédéric Papp, Claudia Kraaz, James Syme, Peter Hody, Claude Baumann, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Ralph Ebert und Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth und Hans Ulrich Jost.

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