Der Value-Anlagestil, der auf sogenannte Substanzwerte setzt, erlebte 2017 ein miserables Jahr, aber Hans Ulrich Jost von GAM sieht erste Anzeichen dafür, dass sich dies wieder ändert.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


In den vergangenen zehn Jahren haben wir gesehen, wie die meisten Renditekurven in den negativen Bereich gezogen wurden und dort viel länger blieben, als selbst die moderatesten Zentralbanker erwartet hätten. Obwohl dieses Szenario vielleicht die grösste Anomalie seit der grossen Depression darstellt, sind anscheinend viele Marktteilnehmer der Meinung, dass es sich dabei um die neue Normalität handelt, und dass diese für immer andauern wird. Wieso sollte sich also diese Situation eher früher als später verändern?

Zwischen 2000 und 2007 haben sich die Aktienmärkte von einer grossen Blase in Wachstumswerten zu einer grossen Blase bei Substanzwerten bewegt. Diesmal dürfte die Rotation zurück in Substanzwerte noch ausgeprägter ausfallen. Der Markt hat seit 2009 neue Anlagevehikel wie Exchange Traded Funds (ETF) und eine Palette anderer Produkte im Wert von rund zwei Billionen Dollar geschaffen, die alle genau die gleichen Sensitivitäten verfolgen – nämlich Indikatoren für niedrige Volatilität, Qualitätswachstum und Rendite.

«Europäische Substanzwerte werden immer noch in einem deflationären Szenario bewertet»

Die Idee, dass diese Produkte weiterhin robuste Renditen liefern können, beruht jedoch auf der Annahme, dass die wirtschaftliche Dynamik nachlässt und die fünf deflationären Faktoren, welche die Inflation seit fast einem Jahrzehnt stark gedämpft haben (straffe Finanzpolitik in der Eurozone, der China-Effekt, stark fallende Reallöhne, tiefe Rohstoffpreise und der wachsende Einfluss von Discountern im Einzelhandel), weiterhin das Marktumfeld dominieren werden.

Umgekehrt weisen wir darauf hin, dass die Frühindikatoren von letztem Dezember die Spitzenwerte der Jahre 2007 und 2011 übertrafen, das Konsumentenvertrauen in ganz Europa allmählich neue Höchststände erreicht und jeder der fünf oben genannten deflationären Faktoren bereits deutlich gekehrt hat. 

Fiskalpolitische Hemmnisse sind zu Anreizen geworden, Chinas Wirtschaft hat den Wendepunkt erreicht, Löhne steigen rapide, die meisten Rohstoffpreise sind um 50 Prozent von den Tiefstständen gestiegen, und die Discounter streben nicht mehr nach Marktanteilen um jeden Preis. Dennoch werden europäische Substanzwerte immer noch wie in einem deflationären Szenario bewertet.

«Längerfristig wird der Ölpreis wieder Richtung Herstellungsgrenzkosten tendieren.»

Die Zurückhaltung vieler Anleger bei Substanzwerten könnte auf die Annahme zurückzuführen sein, dass sogenannte Disruptoren die üblichen zyklischen Kräfte daran hindern würden, sich zu entfalten. Einige dieser vermeintlichen Disruptor-Beispiele zeigen wir in der Folge auf.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.38%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.18%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.97%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.24%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.22%
pixel