Die Stimmen, die ein Überdenken der Negativzinspolitik der Schweizerischen Nationalbank fordern, mehren sich. Das Swiss Finance Institute hat vor diesem Hintergrund ein Diskussionspapier veröffentlicht, verfasst von namhaften Schweizer Professoren.

In der Schweiz, wird die Debatte über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Negativzinsen sowie deren Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft besonders intensiv geführt. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erklärt vor diesem Hintergrund regelmässig die grundlegende wirtschaftliche Notwendigkeit für negative Zinssätze und erläutert auch, warum diese aus ihrer Sicht noch einige Zeit negativ bleiben könnten.

Dennoch zeigt sich eine wachsende Zahl von kritischen Beobachtern zunehmend besorgt über die aktuelle Situation. Vor diesem Hintergrund hat das Swiss Finance Institute (SFI) eine Public Discussion Note veröffentlicht, um die positiven und negativen Folgen der aktuellen Situation für die Schweiz zu erklären und mögliche zukünftige Entwicklungen zu diskutieren.

Drohende Deflation

Philippe Bacchetta 516

Die Diskussion dreht sich dabei im Wesentlichen um die Frage, ob die Vorteile der gegenwärtigen Politik immer noch die Nachteile überwiegen (wie niedrige Sparerträge, Inflation der Vermögenswerte, Anreize zur Risikobereitschaft und die finanzielle Situation der Pensionskassen). In einer idealen Welt müsste diese Frage mit Ja beantwortet werden, schreibt das SFI.

Doch in der realen Welt müsse die Frage anders lauten: Ist die SNB überhaupt in der Lage, einen Kurswechsel einzuleiten? SFI-Professor Philippe Bacchetta (Bild oben) von der Universität Lausanne sagt dazu: «Eine Erhöhung des Zinssatzes würde höchstwahrscheinlich zu einer Aufwertung des Franken und zu einer Verringerung der wirtschaftlichen Aktivität führen. Eine Deflation könnte die Folge sein. Dennoch empfiehlt es sich, auch neue Massnahmen, die über die klassischen Instrumente der Geldpolitik hinausgehen, in die öffentliche, politische und wissenschaftliche Debatte einzubringen.»

Schwierige Aufgabe

Alfred Mettler 516

«Die Nationalbank wird letztlich sorgfältig abwägen und versuchen müssen, die Gesamtkosten für alle Industriezweige und die gesamte schweizerische Wirtschaft auf einem vernünftigen und fairen Niveau zu halten. Das ist eine komplexe und schwierige Aufgabe», ergänzt SFI-Professor Alfred Mettler (Bild oben) von der University of Miami.

Die SNB schloss sich über die (vergangene) Nacht einer von der US-Notenbank (Federal Reserve Fed) geführten Zentralbank-Aktion zur Stärkung der Dollar-Liquidität an. Die Fed senkte ihren Leitzinssatz auf fast Null. Dies war der zweite derartige Schritt innerhalb von nur zwei Wochen inmitten der aufkeimenden Viruskrise.