Was Paris für die Klimadiskussion geworden sei, könne die Schweiz für nachhaltige Investments werden, sagt der Genfer Privatbankier Patrick Odier im Interview.


Patrick Odier, auf welchen Werten beruhen Ihre täglichen Handlungen, Entscheidungen, Pläne?

Unsere ganzheitliche Philosophie «Rethink Everything» begleitet mich jeden Tag. Wir haben unseren Kunden ein Versprechen abgegeben, ihnen massgeschneiderte, nachhaltige Lösungen für die Verwaltung ihrer Vermögen bereitzustellen.

Nachhaltige Investments sind ein ganz zentraler Teil unserer Philosophie und im Endeffekt die Konsequenz aus unserer treuhänderischen Verpflichtung, die Kunden in einer sich ändernden Welt zu beraten.

Welchen Stellenwert haben Soziale Medien bei Ihnen?

Die Sozialen Medien sind ein wichtiger Teil in unserer Kommunikation geworden. Wir haben im Oktober 2021 die Marke von 100‘000 LinkedIn-Follower erreicht und wachsen hier weiter, da das Interesse an aktuellen Themen zu nachhaltiger Vermögensanlage weiter steigt.

Wir waren schon immer digitale Vorreiter und sind deshalb heute in der Lage, unsere Technologie-Plattform anderen Banken zur Verfügung zu stellen. Diesen Vorsprung wollen wir weiter ausbauen.

Welche Probleme sollten Politik und Behörden rasch angehen?

Die Klimakrise ist unsere gemeinsame zentrale Herausforderung und so sollte alles, was uns dem Erreichen des Ziels von einer langsameren Erderwärmung näherbringt, getan werden. Wir brauchen eine pragmatische Herangehensweise, um Standards und Methoden festzulegen, was wiederum die Transparenz für alle Stakeholder fördert.

So müssen beispielsweise alle Branchen daran arbeiten, prüfbare Emissions-Daten zu publizieren. Darüber hinaus sollte die Schweiz mehr in erneuerbare Energien investieren. Und auf internationaler Ebene geht es darum, einen genügend hohen CO2-Preis festzulegen.

Welche Leitsätze und Führungsprinzipen verfolgen Sie?

Als Führungskraft übernehme ich vor allem Verantwortung und Pflichten. Vorgesetzte sollten sich als Vorbild verhalten, denn sie sind – wie auch jeder Mitarbeiter – Botschafter ihres Unternehmens.

Wenn Sie ein Land aussuchen dürften: Wo würden Sie am liebsten leben und wieso?

Die Schweiz ist für mich und meine Familie Heimat, aber wir haben auch eine enge Beziehung zu Griechenland, da meine Frau von dort kommt. Ein Land, das viele Denker und Philosophen hervorgebracht, die heute noch ihren Platz haben.

Wofür sind Sie dankbar?

Neben persönlicher Dankbarkeit ist es der Fortbestand von Lombard Odier seit 225 Jahren Mit dem Unternehmen sorgsam umzugehen und es in starker Verfassung zu halten, macht mich stolz.

Auf was könnten Sie in Ihrem Leben nicht verzichten?

Auf die vielen Menschen, die mir in meinem Leben bisher begegnet sind. Es sind eben nicht die materiellen Dinge, sondern die Persönlichkeiten mit ihren vielfältigen Geschichten, Erfahrungen und Lebensläufen, die unsere Gesellschaft heute und morgen ausmachen.

Was würden Sie heute einem Berufseinsteiger im Asset Management, also Ihrem jüngeren Selbst, empfehlen?

Neugierde, Offenheit, Mut und ein ausgeprägtes Netzwerk. Denn wir werden die Probleme und Herausforderungen unserer Zeit nur gemeinsam lösen können. Starke Standorte mit Expertise und Leadership werden eine wichtige Rolle spielen.

Sie sind seit Sommer Präsident des Verbandes Swiss Sustainable Finance. Wo steht der Schweizer Finanzplatz in Bezug auf Nachhaltigkeit?

Das Thema hat sich enorm entwickelt und dies notabene ohne gesetzliche Vorgaben. Nachhaltige Anlagen sind rasant gewachsen, von wenigen Prozentpunkten des Marktes auf heute über 1’500 Milliarden Schweizer Franken, was je nach Segment 30 bis 50 Prozent des Markts entspricht.

Zahlreiche Innovationen wurden geschaffen: von ersten kommerziellen Mikrofinanzfonds, die vor über 20 Jahren lanciert wurden, nachhaltigen Immobilienanlagen mit entsprechenden Labels, innovativen Rating-Ansätzen basierend auf automatisierter Texterkennung bis hin zu nachhaltigem Gold, um nur einige zu nennen.

Die Schweiz hat zahlreiche neue Lösungen hervorgebracht und ist heute bestens positioniert, durch Innovationskraft die Rolle der Finanzwirtschaft auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft zu stärken. Und dabei sollten wir den Blick längst nicht nur auf die Klimathematik richten.

Sie präsidieren auch «Building Bridges». Was hat es damit auf sich?

Im März 2019 haben wir die Initiative «Building Bridges» ins Leben gerufen. Building Bridges ist weit mehr als eine Konferenz. Es geht hier um eine Bewegung, eine Interessens-gemeinschaft, die alle wichtigen Schweizer Finanzakteure, Behörden, UNO-Organisationen, NGOs sowie Vertreter der Wissenschaft und der Unternehmen an einen Tisch bringt.

Wir können die Herausforderungen der Zukunft mit Blick auf eine nachhaltige Finanzwirtschaft nur gemeinsam lösen. Natürlich hilft uns hier auch die Nähe zu den internationalen Organisationen, von denen viele in Genf zuhause sind. So können wir gegenseitig voneinander lernen und gemeinsam Lösungen entwickeln, welche zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele beitragen.

Was konkret hat die Initiative angestossen?

Bereits im November 2019 fanden in Genf Dutzende Veranstaltungen statt, und der Gipfel, der vom Bundespräsidenten höchstpersönlich eröffnet wurde, hat tausende Menschen im Bâtiment des Forces Motrices zusammengebracht. Die Vertreter der 30 FC4S-Finanzzentren sind von dem lokalen Biotop angetan, denn es hat eine Dynamik auf nationaler Ebene stattgefunden.

Die Schweizer Finanzwelt spricht nun mit einer Stimme, und dies in einer Zeit, in der die regulatorischen Veränderungen, die zur Beschleunigung des Übergangs notwendig sind, dramatisch sind und gemeinsame Regeln dringend erforderlich machen. Der Bundesrat macht sich den Imperativ zu eigen: Der Schweizer Finanzplatz muss ein globale Benchmark für nachhaltige Finanzdienstleistungen sein.

Nun steht am 29. November 2021 der nächste Summit in Genf an und an den darauffolgenden Tagen die Building Bridges Week. Was sind Ihre Erwartungen an die Veranstaltung?

Building Bridges ist eine Herzensangelegenheit für mich. Ich freue mich sehr auf den Austausch und die Diskussionen mit den Teilnehmern. Nebst dem «Summit», welcher die Agenda setzt, organisieren zahlreiche Organisationen über 77 Anlässe – alle rund um nachhaltige Finanzen zur Adressierung der Sustainable Development Goals.

Das zeigt das grosse Innovationspotenzial, das in unserem Finanzsektor steckt. Darauf aufzubauen und zu helfen, den Finanzplatz auf die kommenden Herausforderungen auszurichten, ist eine enorm spannende Aufgabe.

Doch es soll nicht bei einem einmaligen Dialog bleiben. Die Initiative zielt darauf ab, dass dauerhaft ein fruchtbarer Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren zustande kommt, der auch zu konkreten Lösungen führt. Was Paris für die Klimadiskussion geworden ist, kann die Schweiz für nachhaltige Investments werden.


Patrick Odier ist seit 1986 geschäftsführender Partner der Lombard Odier Gruppe und seit 2008 Senior Managing Partner. Im Sommer dieses Jahres wurde er zum Präsi­denten von Swiss Sustainable Finance ernannt. Er präsidiert auch Building Bridges, eine Initiative zur Förderung einer nachhaltigen Finanzwirtschaft in der Schweiz und weltweit. Lombard Odier steht seit 1796 in sieben Generationen als unabhängiger Partner seinen Kunden zur Seite.

Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Asset Management Association Switzerland.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.8%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.31%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    15.46%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    45.65%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.78%
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