Die ZKB bewertet die Schweizer Städte neu wie die Kantone
Für Schweizer Städte wendet die Staatsbank neu ein ähnliches Ratingmodell an wie für die Kantone. Die Folge: Das Universum wird kleiner, und es kommt zu Umstufungen. Lausanne gewinnt, Aarau und Thun verlieren.
Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) bezeichnet sich nach dem Aus der Credit Suisse gerne als die zweite Schweizer Universalbank. In Bezug auf das heimische Kapitalmarktgeschäft löst die Staatsbank den Anspruch allerdings schon viel länger ein.
Zu diesem Geschäftszweig gehören insbesondere die Begleitung von Anleihenschuldnern als Federführer, die Emission und Platzierung der Titel im Primärmarkt sowie der Obligationenhandel im Sekundärmarkt, aber auch das Bonitäts- und Zinsresearch.
Wichtig für die Zusammensetzung und Gliederung des Swiss Bond Index
So werden die Ratings der ZKB ebenso wie diejenigen der UBS und der Schweizer Ratingagentur Fedafin für den Swiss Bond Index (SBI), die Benchmark für den Frankenobligationenmarkt, herangezogen, sofern der Schuldner nicht von einer internationalen Agentur wie Standard & Poor's (S&P) oder Moody's eingestuft worden ist – Schweizer Emittenten verzichten oft auf ein solches Rating.
Das trifft auch auf das Segment zu, dem die ZKB ihre jüngste, vergangene Woche publizierte Bonitätsstudie widmet. Von den Städten weisen hierzulande nur Zürich (AAA von S&P), Bern (Aa1 von Moody's), Genf (AA– von S&P), Lausanne (AA– von S&P) und Lugano (Aa3 von Moody's) eine internationale Note für die Kreditwürdigkeit auf.
Acht quantitative Faktoren, aber mit unterschiedlicher Gewichtung
Auslöser für die Studie von Analyst Armin Rechberger ist der Entscheid der ZKB, die Bonität der Städte aufgrund eines neuen Ansatzes zu ermitteln. Das neue Ratingmodell basiert auf acht quantitativen Faktoren:
- Rating der ZKB für den jeweiligen Kanton, in dem sich die Stadt befindet
- Grösse der Stadt gemessen an der Einwohnerzahl
- mittleres Einkommen
- Standortqualität gemessen an den Immobilienpreisen der jeweiligen Stadt
- Über-/Unterdeckung der städtischen Pensionskasse in Prozent der Gesamteinnahmen
- Nettoverschuldungsquotient
- Bruttoverschuldungsanteil
- Zinsbelastungsanteil
Die Faktoren sind nicht gleichgewichtet. Für eine Note am stärksten zählt das Kantonsrating mit 25 Prozent. Demgegenüber werden der Zinsbelastungs- und Bruttoverschuldungsanteil mit je 5 Prozent am geringsten gewichtet.
Anlehnung an das Rechnungslegungsmodell HRM2 – ohne Selbstfinanzierungsgrad
Und zwischen den Faktoren gibt es Wechselwirkungen. So hält die ZKB beispielsweise fest, dass ein hohes Bevölkerungswachstum ein positiver Indikator für die Attraktivität einer Stadt ist. Aber es kann auch dazu führen, dass sich die Verschuldungslage verschlechtert, weil zusätzliche Infrastruktur bereitgestellt werden muss.
Bisher bewertete die ZKB die Schweizer Städte anhand eines relativen Modells. Neu lehnt sie sich dafür an das von ihr bereits seit längerem für die Kantone verwendete Modell an und berücksichtigt drei der vier dort verwendeten Finanzkennzahlen aus dem Harmonisierten Rechnungslegungsmodell (HRM2), der Grundlage für die Rechnungslegung der Kantone und Gemeinden. Auf die Kennzahl Selbstfinanzierungsgrad wird verzichtet, weil diese bei Städten ausgeprägten Schwankungen unterworfen sein kann.
Fünf Städte fallen weg – und werden von der ZKB neu als Gemeinden behandelt
Die Umstellung hat Konsequenzen, zum einen für das Ratinguniversum. Bisher umfasste es 21 Städte, neu noch 16. Die Ratings für La Chaux-de-Fonds, Neuenburg, Schaffhausen, Solothurn und Uster werden zurückgezogen, weil diese Städte nicht über eine eigene Pensionskasse verfügen.
Das Quintett hat zurzeit keine Obligationen ausstehend. Ratings werden allerdings nicht nur von Anleiheninvestoren benutzt, sondern dienen ebenso den Darlehensgebern bei Privatplatzierungen als wichtige Orientierungsgrösse. Die ZKB verabschiedet sich denn auch nicht ganz von diesen fünf Städten, sondern bewertet sie künftig im Rahmen ihres Gemeindemodells – dort konkurriert sie mit Fedafin, die praktisch alle Schweizer Gemeinden und viele weitere quasi-kommunale Schuldner (wie Elektrizitätswerke) geratet hat.
Von den weiterhin von der ZKB abgedeckten 16 Städten haben zurzeit nur 9 Anleihen ausstehend: Bern (AA–), Biel (AA–), Genf (AA–), Köniz (das eigentlich eine Gemeinde ist, aber mit 43'000 Einwohnern in der Liga der Städte mitspielt, AA–), Lausanne (AA–), Lugano (A+), St. Gallen (AA–), Winterthur (AA) und Zürich (AA).
Einstufung gemäss den drei Faktoren Rating Heimatkanton, mittleres Einkommen und Bevölkerungszahl. Dunkelblau gefärbte Städte haben Anleihen ausstehend. (Grafik ZKB)
Der neue Ansatz führt zum anderen auch zu Ratinganpassungen. Gewinnerin ist die Stadt Lausanne, die zuvor nur mit A+ eingestuft war. Dagegen werden Aarau und Thun, beide zurzeit am Anleihenmarkt nicht präsent, je eine «Kerbe» (Notch) tiefer bewertet (AA und AA–). Alle anderen Ratings bleiben unverändert, also auch jene für Chur (AA+), Emmen (AA–), Frauenfeld (AA), Freiburg (AA) und Luzern (AA).
Städte bleiben solide bis erstklassige Schuldner
Am Grundbefund ändert sich indes nichts: Schweizer Städte (und die allermeisten Gemeinden) bleiben solide bis erstklassige Schuldner, weisen also eine hohe Zahlungsfähigkeit auf.
Dass die Bonitätsanalysten der Banken nicht nur regelmässig die Ratings einzelner Emittenten, sondern in grösseren Zeitabständen auch ihre Modelle überprüfen (und wenn nötig anpassen), ist zu begrüssen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherstellung der Glaubwürdigkeit ihrer Bewertungen im Markt – und aus oben erwähnten Gründen auch für die Integrität des SBI.