Wandelanleihen halten eben doch, was sie versprechen
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Für Schweizer Anleiheninvestoren gibt es dieses Jahr wenig zu bejubeln, haben doch die wichtigsten Anleihensegmente wie der »Swiss Bond Index AAA-BBB« und der »Bloomberg Global Aggregate« in Schweizer Franken abgesichert eine Performance um den Nullpunkt. Das temporäre Comeback festverzinslicher Anlagen in den vergangenen zwei Jahren scheint aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung bereits wieder der Vergangenheit anzugehören. So ist die Verfallsrendite des SBI AAA-BBB Index nur noch minimal gesunken, was bei tiefer laufender Verzinsung ein limitiertes Renditepotenzial ergibt.
«Bis Mitte 2026 könnten 10-jährige Eidgenossen bei 1,00 Prozent liegen.»
In den nächsten Monaten ist mit weiteren Kursverlusten zu rechnen, weil auch in der Schweiz die Anleihenrenditen wieder steigen dürften. Bis Mitte 2026 könnten 10-jährige Eidgenossen bei 1,00 Prozent liegen. Der wichtigste Grund dafür ist die anziehende Konjunktur. Im Euroraum, die auch auf die Schweiz ausstrahlen und die Schweizerische Nationalbank von weiteren Zinssenkungen Abstand nehmen lassen sollte.
Hohe Aktienpartizipation mit geringerer Volatilität
Dagegen haben Satelliten wie Wandelanleihen auch dieses Jahr wieder eine Mehrrendite mit geringer Volatilität gezeigt. So legte der breite globale Wandelanleihenmarkt bis Mitte August um 9.75 Prozent zu, das defensive Investment-Grade-Segment sogar um 10.74 Prozent – jeweils in Schweizer Franken abgesichert. Dabei war der Kurseinbruch im April bilderbuchmässig limitiert und von kurzer Dauer. Somit zeigte die Anlageklasse bis anhin eine hohe Aktienpartizipation mit geringerer Volatilität.
«Wandelanleihen sollten auch in den nächsten Monaten von ihren Vorzügen profitieren.»
Darüber hinaus sprechen auch die tiefe Korrelation und Diversifikation zu den festverzinslichen Märkten für Wandelanleihen. Die grössten Differenzen auf Sektorebene sehen wir in der Dominanz von Technologiewerten und der untergeordneten Rolle im Finanzwesen, was insbesondere Anleiheninvestoren einen hohen Grad an Diversifikation bietet.
China als willkommener Gegenpol
Für Aktieninvestoren ist die Abstinenz der Magnificant 7 im Wandelanleihenuniversum gegenüber der aktuellen chinesischen Terrific-10-Welle an Neuemissionen der vergangenen Monate ein willkommener Gegenpol: Mit Alibaba Health, BYD (JPM-Umtauschanleihe) und Baidu sind weitere Anlagemöglichkeiten aus Asien mit strukturellen Vorteilen für die Investoren dazugekommen. Dazu zählen vor allem Investment-Grade-Bonität, Format Umtauschanleihen, kurze Laufzeiten und Put-Optionen.
Ein weiterer Treiber der positiven Performance dieses Jahr war die hohe Umwälzungsdynamik in der Anlageklasse: Es wurden viele Wandlungen mit Gewinnmitnahmen vorgenommen, kombiniert mit zahlreichen Neuemissionen mit typischerweise ausgewogenem Profil und attraktiven Konditionen. So sind aktuell die Kernparameter der Wandelanleihen wie die Aktiensensitivität (Delta) in den tiefen 50ern und trotz der Aktienhöchststände eher im langfristigen Durchschnitt. Deshalb bieten sie kombiniert mit einem relativ hohen Bond-Floor einen guten Schutz nach unten und weiterhin eine attraktive Partizipation an den Aktienmärkten.
Unter dem Strich sollten Wandelanleihen auch in den nächsten Monaten von ihren Vorzügen profitieren: Eine tiefe Duration, moderate Aktiensensitivität und eine Vielzahl an neuen Anlagechancen – unter anderem aus dem AI-Bereich – sowie auch jüngst wieder eine Zunahme von Special Situations und M&A-Aktivitäten dürften dieser hybriden Anlageklasse weiteren Rückenwind bescheren.
Oliver Gasser, CEO und Leiter Portfoliomanagement der Bantleon Convertible Experts, Zürich.