Die IT der Zürcher Julius Bär gilt als völlig veraltet. Darum baut nun das Schweizer Software-Haus Temenos der Bank ein neues System. Dabei soll ein Fintech-Unternehmen aus Singapur dem Ganzen den letzten digitalen Schliff geben, wie Recherchen von finews.ch ergaben.

CEO Boris Collardi hatte noch im vergangenen Jahr keine Mühe einzuräumen, dass die Bank Julius Bär im Einsatz von digitalen Technologien nicht zu den Vorreitern gehöre. Im aktuellen Umfeld massiv steigender Compliance-Anforderungen und Kosten ist eine veraltete IT-Plattform, wie sie Julius Bär bis dato nutzt, jedoch eine enorme Belastung und ein grosser Risikofaktor.

Ausserdem ist eine Bank, die im Zeitalter der digitalen Kommunikation noch immer praktisch vollumfänglich auf den physischen Kundenkontakt setzt, nicht mehr zeitgemäss. Collardi weiss das.

IT auf Vordermann bringen

Nachdem er die Integration von Merrill Lynch mehr oder weniger abgearbeitet hatte, nahm sich der CEO bereits vergangenes Jahr dem Projekt einer «Modernisierung von Julius Bär» gezielt an. Dabei bildete er auch eine Arbeitsgruppe, welche die IT der Bank auf Vordermann bringen sollte.

Mit Jonathan Hayes holte Collardi einen ehemaligen Berater der Boston Consulting Group zur Bank und betraute ihn mit der Aufgabe, Julius Bär für die digitale Zukunft fit zu machen.

Temenos und andere Anbieter

Die Basis dafür war eine Rundumerneuerung des Kernbanken-Systems. Dann, Anfang 2015, gab Collardi dem Genfer Bankensoftware-Unternehmen Temenos den Zuschlag. Ausschlaggebend für den zweistelligen Millionendeal war, dass Temenos mit T24 ein modulares System anbietet, das viele Schnittstellen für allerlei Erweiterungen aufweist.

Entsprechend bedingte sich Collardi im Abkommen mit Temenos aus, auch andere Anbieter für weitere Komponenten und Applikationen engagieren zu können.

Wie Recherchen von finews.ch nun ergaben, ist ein solcher Anbieter das Singapurer Fintech-Unternehmen AG Delta. Mit dessen Unterstützung will sich die Zürcher Traditionsbank ins digitale Zeitalter katapultieren.

Ein IT-Zentrum in Singapur

Julius Bär könne noch nichts dazu sagen, teilte ein Sprecher auf Anfrage von finews.ch mit. Im Fokus liege zurzeit das Temenos-Projekt. Für Julius Bär macht es indessen Sinn, AG Delta gleich mit an Bord zu holen, erfolgt doch der Aufbau des neuen IT-Systems zunächst in Asien.

Zudem bestehen laut Collardi Pläne, auf Basis der neuen IT-Struktur Singapur zu einem globalen Zentrum für verschiedene operative Bereiche zu machen, wie auch finews.ch schon berichtete.

Die Beziehungen zu AG Delta wurden schon vor einiger Zeit geknüpft: Die Singapurer bauten die Multi-Issuer-Plattform für Strukturierte Produkte Contineo, auf der die Zürcher Kunde sind.

Kundenberater – ein unverzichtbarer Fremdkörper

AG Delta, 2004 gegründet, verfügt über ein breites Portfolio von digitalen Anwendungen und Systemen für Banken: Von Reportinglösungen im Middle & Back Office über Handelssysteme bis zu Anwendungen im Front Office und für Kundenberater.

Es ist wohl dieser Bereich, wo AG Delta bei Julius Bär noch Hand anlegen soll. Der Kundenberater ist im digitalen Private Banking sozusagen ein unverzichtbarer Fremdkörper: Seine Aufgaben, also die Kundenpflege, die Beratung, das Anbieten von Anlagelösungen und Produkten wollen die Privatbanken nicht durch einen Robo-Advisor ersetzen.

Alles wird effizienter

Die Branche folgt dabei vielmehr dem ROPO-Prinzip: «Research online, purchase offline.« Kunden sollen sich zwar über digitale Kanäle informieren, für die Umsetzung einer Entscheidung sollen sich aber immer noch persönlich an ihren Berater wenden. Dieser Prozess ist bei vielen Privatbanken aber noch vielfach zu wenig effizient und kundenfreundlich.

AG Delta verfügt über Anwendungen, die sich an bestehende IT-Systeme knüpfen lassen. Ausserdem zeigen sie einem Kundenberater in jeder Marktlage unter Berücksichtigung von Compliance und Risiken Anlagelösungen auf. Das gleiche System erlaubt sogar eine sofortige Handelstransaktion.

Eleganz und Anmut

Obschon AG Delta ein klassischer Fintech-Anbieter ist, verfolgt das Unternehmen auch den Anspruch, die digitalen Anwendungen und Interfaces so nutzerfreundlich zu gestalten wie Facebook oder Amazon.

Bank-Applikationen sähen immer standardisiert und langweilig aus, sagte Produktechef Rob Saly kürzlich in einem Gespräch mit dem Fachmagazin «Private Banker International». «Wir wollen der Technologie einen Hauch von Eleganz und Anmut verleihen», verkündete er. Das ist auch ein Anspruch, der zum Selbstbild von Julius Bär passt.

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