Die Credit Suisse zeigt nach den ersten harten Monaten unter CEO Tidjane Thiam erste Lebenszeichen. Das ist positiv und mehr wert als die nackten schwarzen Zahlen. Euphorie wird deswegen aber nicht ausbrechen.

1. Nicht kollabiert – nicht brilliert

Thiam5 500

Es mag zu den Überraschungen des Zweitquartalsausweises der Credit Suisse (CS) gehören, dass die Bank nicht die Anzeichen des Zusammenbruchs zeigt, die auf Grund der bisherigen Entwicklung unter CEO Tidjane Thiam auch hätten erwartet werden können.

Im Umkehrschluss hat die CS aber keinesfalls brilliert. Auch dies zeigt unter anderem die eher laue Reaktion an der Börse. Das Ergebnis zeigt immerhin, dass Thiams Restrukturierungen und die Strategie zu greifen beginnen. Diese Signalwirkung hat eine höhere Bedeutung als die mittelmässigen Zahlen der Grossbank.

2. Ein Gewinn – aber...

Zu den Überraschungen zählt auch der Reingewinn von 170 Millionen Franken. Positiv daran ist, dass alle Geschäftseinheiten einen Gewinnbeitrag leisteten.

Doch in den schwarzen Zahlen blieb die CS dank der Auflösung von Kreditrisiken und tieferen Restrukturierungs-Kosten. Auch die Steuerausgaben sind massiv tiefer – das mag nicht wirklich zu begeistern.

3. Das Vertrauen der Kunden hält

Die Entwicklung der Nettoneugelder ist jeweils der Lackmustest für Banken. Diesen hat die CS bestanden. Über alle drei Wealth-Management-Einheiten hinweg zog sie Neugelder von insgesamt 11,3 Milliarden Franken an.

Gleichzeitig nahmen die Margen zu. Die verwalteten Vermögen erhöhten sich per Ende Juni auf gut 1'218 Milliarden Franken nach 1'181 Milliarden Ende März 2016.

4. Die Bank schrumpft – zu schnell

Auffällig ist der massive Ertragsrückgang der CS im ersten Halbjahr 2016: Über 3,8 Milliarden Franken weniger als im ersten Semester 2015 oder 28 Prozent. Der Rückbau der Kostenbasis konnte nicht Schritt halten. Nur 445 Millionen Franken an Kosten hat Thiam innerhalb eines Jahres herausgenommen oder 4 Prozent.

Dieses Missverhältnis manifestiert sich insbesondere in der Investmentbank-Einheit Global Markets. Thiam muss dies zwingend umdrehen.

CS Zahlen kl

5. Problemkind Eigenkapital vorerst ruhig gestellt

Die Erhöhung der harten Kapitalquote auf 11,8 nach 11,4 Prozent Ende März ist hauptsächlich dem Abbau von 9 Milliarden Franken an risikogewichteten Aktiven geschuldet. Damit liegt die CS im Zielkorridor von 11 bis 12 Prozent bis Ende 2016.

Die bei Regulatoren vielbeachtete ungewichtete Leverage Ratio, blieb dagegen stabil bei 3,3 Prozent. Eine zusätzliche Stärkung der Eigenmittelausstattung und Reduzierung der Risiken bleibt somit unerlässlich.

6. Der Schweizer Fels in der Brandung

Thomas Gottstein 500

Auch die Schweizer Universal Bank (SUB) unter der Führung von Thomas Gottstein hat sich dem Ertragsrückgang nicht entziehen können, aber ihr Ergebnisbeitrag zur Gruppe mit einem Vorsteuer-Gewinn von 453 Millionen Franken ist mit Abstand der stärkste und hat die Markterwartungen übertroffen.

Für Thiams Pläne ist dies eminent wichtig, denn der geplante Teilverkauf und Börsengang der SUB Ende 2017 dienen unter anderem dem Aufbau des Kernkapitals der CS.

7. Fragezeichen Investmentbank

Das grösste Sorgenkind Thiams ist die Einheit Global Markets in der Investmentbank. Der Ertragseinbruch von 29 Prozent im Halbjahres-Vergleich spiegelt die Aufräumarbeiten in der früheren Handelseinheit der CS.

Risikopositionen werden fieberhaft abgebaut und in die «Bad Bank» verlagert, damit das eingesetzte Kapital effizienter arbeiten kann. Die Kostensenkungen halten aber mit dem Schrumpfungsprozess nicht mit.

Positiv ist: Die Einheit, die sich teilweise in offener Revolte gegen Thiam befand, ist offenbar noch so agil, dass sie auf Änderungen der Marktbedingungen prompt reagiert. Dies führte im zweiten Quartal zu einer Ertragssteigerung von 33 Prozent gegenüber dem Vorquartal.

Auch in der Beratungseinheit Investment Banking and Capital Markets (IBCM) zeigen sich Lichtblicke. So hat sie nach Darstellung der CS im zweiten Quartal gegenüber der Konkurrenz Marktanteile gewonnen. Effektiv hat die CS aber weniger Geschäft verloren als ihre Mitstreiter.

8. IWM: Turnaround bei den Kundengeldern gelückt

Iqbal Khan 501

In den Quartalen davor litt die von Iqbal Khan geführte Einheit International Wealth Management (IWM) unter Abflüssen. Nun schaffte er den Turnaround – rund 5,4 Milliarden Franken flossen IWM zu.

Damit ist eine erste Basis für steigende Einnahmen gelegt. Die ambitionierte Vorgabe für 2018: ein Vorsteuergewinn von 2,1 Milliarden Franken. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres erwirtschaftete die Einheit rund 545 Millionen Franken – der Weg ist also noch weit.

9. Asien: Wachstum hat seinen Preis

In der Schlüsselregion Asien sammelte die CS 5 Milliarden Franken von wohlhabenden Kunden ein, 700 Millionen Franken mehr als noch im ersten Quartal. Gratis gab es diesen Zuwachs allerdings nicht.

Die Bank erhöhte den den Personalbestand innert Jahresfrist um 100 auf 650 Berater. In der Folge verschlechterte sich auch die Kosten-Ertrags-Quote um über 10 Prozentpunkte auf 72,7 Prozent. Das heisst: Jetzt müssen die Erträge rauf.

10. Der Lohnspirale kann auch Thiam nicht entfliehen

Zwar treibt die CEO Thiam das Kostensenkungsprogramm zügig voran, seinen «Krieg» gegen die hohen Saläre und Boni hat er aber noch lagen nicht gewonnen. Die Gehälter und Boni sind im zweiten Quartal um 10 Prozent auf 2,73 Milliarden Franken gestiegen – bei leicht rückläufigem Personalbestand.

Grund für die höheren Saläre und Boni sind mitunter auch die millionenschwere Lock- und Halteprämien für Top-Mitarbeiter. Bereits im vergangenen Jahr hat die CS dafür tief in die Taschen gegriffen, wie auch finews.ch kürzlich berichtete.

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