Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam ist ambitioniert, eigensinnig und letztlich undurchschaubar. Nachdem er monatelang kaum in der Öffentlichkeit zu sehen war, zeigte er sich nun wieder.

Äusserlich ist ihm nichts anzumerken. Da strahlt er beinahe schon eine buddhistische Gelassenheit aus, derweil man «seine» Credit Suisse aufspalten will.

Erstmals seit einigen Monaten zeigte sich Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam am (gestrigen) Donnerstag vor den Medien, erstmals seit der Zürcher Hedgefonds RBR Capital Advisors unter der Führung von Rudolf Bohli vor rund einem Monat seine Offensive gegen die zweitgrösste Bank der Schweiz startete.

Sympathiebonus rasch verspielt

Bohli will die CS in mehrere Bestandteile zerlegen, weil sie so offenbar mehr Wert hätte respektive mehr Geld für die Aktionäre abwerfen würde. Doch selbst vor dieser Drohkulisse zeigte sich der 55-jährige Thiam am Donnerstagmorgen zunächst recht entspannt – genauso wie vor rund zweieinhalb Jahren, als er sich im Frühjahr 2015 erstmals den Medien in seinem neuen Job als CS-Lenker gezeigt und dabei sogar CS-Ehrenpräsident Rainer E. Gut seine Aufwartung gemacht hatte.

Doch Thiam verspielte seinerzeit diesen einzigartigen Sympathiebonus unerwartet rasch, indem er sich bisweilen als imperialer Grossfürst gebärdete, statt sich der Bescheidenheit hart arbeitender Schweizer Bankangestellten hinzugeben; er sorgte auch mit einigen Turbulenzen in seinem Privatleben für Schlagzeilen, quartierte sich in einer herrschaftlichen Villa an der Zürcher Goldküste ein und war angeblich etwas sehr oft mit dem Privatjet respektive mit dem Helikopter unterwegs. Alles Dinge, die in der letztlich doch behäbig gebliebenen Schweiz nicht sonderlich gut ankommen. 

Mediale Schelte

Selbst wenn auch nur ein Bruchstück davon wahr ist – Thiam verlor viele seiner Sympathien im Nu, während er vor der Herkulesaufgabe stand, innert dreier Jahre einen aus den Fugen geratenen Schweizer Bankkonzern wieder auf Vordermann zu bringen. Tatsächlich ging ihm dieser Job zunächst auch nicht so leicht von der Hand, musste er doch schmerzhaft Einschnitte in der Organisation vornehmen, indem er den Abbau von Tausenden von Stellen ankündigte, den verwöhnten US-Investmentbankern einheizte, gleichzeitig aber mit einem astronomischen Salär sich einer medialen Schelte unterziehen musste.

Genau 29 Monate nach seinem Amtsantritt hat Thiam Strategie und Ziele für die CS mehrmals angepasst, stets indessen mit grosser Zustimmung der Aktionäre. So gesehen scheint auch der aktivistische Hedgefonds RBR Capital Advisors nicht eigentlich eine sonderlich grosse Bedrohung sein. «Die Strategie funktioniert», bekräftige der CS-CEO denn auch am Donnerstag mehrmals vor versammelten Medien; irgendwie auch, um seiner Verwunderung Ausdruck zu verleihen, dass sich da ein Aktionär erdreistet, seine von langer Hand aufgegleiste Strategie in Frage zu stellen.

Lob für Sergio Ermotti

Vor den Medien am gestrigen Donnerstag im St. Peter-Forum der CS waren nicht weniger als elf Konzernleitungsmitglieder zugegen, doch im Mittelpunkt stand einzig und allein Thiam, selbst wenn Finanzchef David Mathers auch noch ein paar Worte an die Journalisten und Analysten richten durfte. Alle andern Divisionschefs, wie Helman Sitohang aus Asien, Investmentbank-CEO Brian Chin oder die Schweizer Iqbal Khan und Thomas Gottstein waren eher fürs Gesamtbild anwesend.

Die Bühne gehörte vollständig Thiam, der sich dabei – was nicht alle Tage vorkommt – sogar zu einem Lobgesang auf die Erzrivalin UBS hinreissen liess, indem er erklärte: «Eigentlich äussere ich mich nie zur Konkurrenz, ausser wenn ich positive Dinge zu sagen habe», kokettierte er und offenbarte seinen Respekt, wie UBS-Chef Sergio Ermotti «seine» Bank führe.

Cholerisches Temperament

Lange schaffte es Thiam, sein cholerisches Temperament unter Verschluss zu halten. Erst als jemand eine Frage zum Aktienkurs der CS stellte, war seine unverwechselbare Ungeduld wieder allgegenwärtig und es aus ihm herausbrach: «Selbst ein Kind würde wissen, dass die Aktie der CS vor und nach einer Kapitalerhöhung anders bewertet wird.» Es ist tatsächlich so, dass Thiam sehr rasch sehr jähzornig werden kann, wenn er frustriert darüber ist, dass man ihn und sein Wirken nicht richtig versteht.

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