Während Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam in Europa auf einer sagenhaften Erfolgswelle reitet, geht hierzulande sogar das Leitmedium der Schweizer Wirtschaft  ungewohnt scharf mit ihm ins Gericht.

Nach drei Jahren im Dienst der Credit Suisse (CS) ist CEO Tidjane Thiam im Olymp angelangt. Denn eben hat ihn das britische Fachmagazin «Euromoney» zum Banker des Jahres erkoren. In einer fast schon unheimlich anmutenden Eloge feiert das Heft den französisch-ivorischen Manager für seine geradezu visionäre Leistung, die zweitgrösste Bank der Schweiz restrukturiert zu haben.

In dem rund 65'000 Zeichen (zehn vollbeschriebene A4-Seiten) umfassenden Text mit dem sinnigen Titel «Der Meisterstratege» mag sich der ohnehin gerne imperial auftretende Thiam zwar gefallen, doch mit Schweizer Verhältnismässigkeit hat dies nicht mehr viel zu tun – eher mit Abgehobenheit. Etwa wenn er nicht ganz unbescheiden feststellt: «The option to IPO part of the Swiss business may have been actually one of the best ideas I have ever had in my business career.»

Zweifel an seinen Grosstaten

Zu diesem Schluss gelangt dieser Tage auch die «Neue Zürcher Zeitung». Das Blatt von der Falkenstrasse spielt dabei erstaunlich direkt auf den Mann. «CS-Chef Thiam vermeidet immer öfter, sich mit Fragen abzugeben, die Zweifel an seinen Grosstaten erkennen lassen. Auch in dieser Hinsicht bleibt noch Verbesserungspotenzial», schreibt die «NZZ».

Der ungewöhnlich kritische Ton kommt nicht von ungefähr. An der Medienkonferenz vom vergangenen Dienstag in Zürich kanzelte reagierte der an solchen Anlässen generell etwas gereizt wirkende Thiam ungewohnt scharf auf die Fragen eines langjährigen und erfahrenen Journalisten (nicht von der «NZZ») ab auf und hielt ihm vor, eine «stupid question» gestellt zu haben.

Korrigiert: Bei seiner Referenz betreffend «stupid» bezog sich Tidjane Thiam gemäss Transkript auf die Kommentare bezüglich dem Konsens der Finanzanalysten.

Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass der CS-Chef etwas ungehalten auf Medienfragen reagiert. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, wie Thiams Schaffen unterschiedlich wahrgenommen wird. Während er in der britischen Finanzmetropole über den grünen Klee gelobt und als «Revolutionär» gefeiert wird, kommt seine Art hierzulande – und trotz seiner unbestrittenen Verdienste – so schlecht an, dass sich mittlerweile sogar das Leitmedium des Schweizer Wirtschaftsestablishments ausserordentlich kritisch über ihn äussert. Das ist dicke Post.

Im Zenit der Karriere?

In gewisser Weise liesse sich diese Situation mit einem anderen Leitmedium – aus der Schweizer Boulevardpresse – vergleichen, das unter anderem einen grossen Einfluss auf das Schweizer Sportgeschehen hat. Geht dieses Leitmedium auf Konfrontation, beispielsweise mit einem bekannten Fussballtrainer, dann dauert es oft nicht lange, bis dieser auch tatsächlich gehen muss.

Das ist Thiam selbstverständlich nicht zu wünschen – genauso wenig wie diese Tatsache, dass so mancher «Banker des Jahres» nach dieser Auszeichnung den Zenit seiner Karriere überrschritten hatte.

 

 

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