Die Credit Suisse hat sich in den letzten Jahren angestrengt, nachhaltiger zu werden. Doch die Wahrnehmung über die Grossbank war bislang eine andere. Mit Lydie Hudson in der Konzernleitung soll sich das ändern.

Im Schlagzeilengewitter Ende vergangenen Juli um die Credit Suisse (CS), ihren rekordverdächtigen Halbjahresgewinn und die Restrukturierung der Investmentbank war eine andere Neuerung bei der Schweizer Grossbank beinahe untergegangen: Die CS schuf mit «Sustainability, Research & Investment Solutions» einen eigenen Konzernbereich und setzte die Amerikanerin Lydie Hudson an die Spitze.

Das jüngste Mitglied der CS-Geschäftsleitung trägt nun stolz den Titel CEO. Diesen Titel dürfen sonst – neben dem CEO fürs Ganze – nur die Divisionschefs tragen. Also jene Top-Manager, die sogenannte «P&L»-Verantwortung tragen und für die Bank effektiv Geld verdienen.

Ziel: Nachhaltige Resultate und Imagekorrektur

Hudson hat als CEO Sustainability, Research & Investment Solution» aber eine sogenannte Corporate Funktion, wie der CFO oder die Risikochefin. Ungeachtet des Titels und des Organigramms: Hudsons Promotion und der Entscheid der CS, das Thema Nachhaltigkeit auf Konzernleitungsstufe zu institutionalisieren, ist bemerkenswert. finews.ch ist keine andere Grossbank bekannt, die einen Nachhaltigkeits-Verantwortlichen in der Konzernleitung sitzen hat.

Auch die UBS nicht, die in Sachen Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility allgemein den besseren Ruf geniesst als die CS. Die UBS hat zwar vergangenes Jahr mit Huw van Steenis ein Aushängeschild gewonnen. Der britische Finanzexperte und Star-Analyst leitet die Investor Relations und sitzt dem Sustainable Finance Committee vor.

Hudsons Position und Aufgaben haben dagegen ganz klar den Zweck, die CS von ihrem angeschlagenen Image als «Financier des Klimawandels» wegzubringen.

CIO berichtet an Hudson

Auch sie liesse sich nun als Aushängeschild titulieren. Doch die Anforderungen an die Amerikanerin sind bereits ziemlich klar definiert: Sie ist für die Nachhaltigkeits-Strategie und deren Steuerung über die vier Divisionen zuständig sowie für die Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen und Lösungen bis zum Marketing.

Chief Investment Officer Michael Stroebaek berichtet nun an sie und nicht mehr an Wealth-Management-Chef Philipp Wehle. Und Marisa Drew, die als Chief Sustainability Officer zunächst direkt an CEO Tidjane Thiam und ab Februar 2020 an Thomas Gottstein rapportierte, berichtet nun an Hudson.

Dem Vernehmen nach wird an manchen Details einer neuen Nachhaltigkeits-Strategie der CS noch gefeilt. Doch klar ist, dass die Bank nun einen Führungsanspruch auf diesem Gebiet reklamieren und in den nächsten zehn Jahren über 300 Milliarden Franken an nachhaltigen Finanzierungen bereitstellen will.

Hohes Exposure im Öl- und Gassektor

Diese Zahl von 300 Milliarden Franken ist eine Ansage. Denn die CS hatte bislang keinen Namen auf diesem Gebiet – obwohl sie beispielsweise zu den bedeutenden Financiers von nachhaltigen Energieprojekten in der Schweiz gehört. Vielmehr steht nach wie vor ihr vergleichsweise hohes Exposure als Geschäftsbank im Bereich fossiler Energien im Vordergrund.

Die CS ist regelmässig Zielscheibe von Umweltaktivisten und wird in Studien von Organisationen wie Greenpeace oder zuletzt Amazon Watch als im Öl- und Gasgeschäft nach wie vor sehr aktive Bank gebrandmarkt.

Den jeweils gut belegten Vorwürfen hatte die CS bislang wenig mehr entgegenzusetzen, als vorgefertigte Statements zu einer «verantwortungsvollen Unternehmensführung und «beschleunigten Nachhaltigkeitsbemühungen». Den Nachhaltigkeits-Policies stand halt immer das hohe Öl- und Gas-Exposure gegenüber, was der CS schlechte ESG-Noten einbrachte.

Unter CEO Thiam Massnahmen eingeleitet

Es war Thiam, den diese Diskrepanz zwischen Aussen- und Innenwahrnehmung zunehmend störte und der zuletzt konkretere Massnahmen ergriff: Beispielsweise die Unterzeichnung der Poseidon Principles, die eine Reduktion von klimaschädlichen Schiffsfinanzierungen beinhalten, sowie den Ausstieg aus der Finanzierung von Kohlekraft.

Bereits 2017 hatte Thiam die Investmentbankerin Drew zur Chefin der Abteilung Impact Advisory and Finance (IAF) gemacht, wo Investitionsmöglichkeiten mit einer soziale Rendite für vermögende Privatkunden und Institutionelle geschaffen werden.

Drew richtete den Bereich anschliessend stärker auch auf ESG-Investments aus. In ihrer Verantwortung lag auch der Plan, das Asset Management der CS auf Nachhaltigkeit auszurichten.

CS will transparenter werden

Thiams Bestrebungen waren in der CS-Konzernleitung auf fruchtbaren Boden gefallen und sein Nachfolger Gottstein machte nun noch mehr Nägel mit Köpfen.

Es ist nun vor allem an Hudson, dass die CS aus traditionellen, aber umwelt- und rufschädigenden Geschäften rascher aussteigt, gegenüber der Öffentlichkeit transparenter wird und dass die Schweizer Grossbank ein anderes, grünes Image erhält. 

 

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