Das Bundesstrafgericht weist Rekurse im Fall des US-Grossbetrügers Allen Stanford ab, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Das Geld geht an Opfer in einem milliardenschweren Schnellballsystem.

Von Balz Bruppacher, freier Mitarbeiter

Was lange währt, wird endlich gut – zumindest teilweise. Dies dürften sich die Opfer des amerikanischen Grossbetrügers Allen Stanford sagen. Elf Jahre nachdem das Schneeballsystem des Texaners unter einer Deliktsumme von sieben Milliarden Dollar zusammenkrachte, hat das Bundesamt für Justiz (BJ) die Aushändigung von rund 110 Millionen Dollar an die USA eingeleitet.

Dies gab BJ-Informationschefin Ingrid Ryser auf Anfrage von finews.ch bekannt.

Fragliche Gelder gutgläubig angenommen

Die Herausgabe wird möglich, weil das Bundesstrafgericht laut einem am (heutigen) Freitag veröffentlichten Urteil den Rekurs der Bank abgelehnt hat, auf deren Konten die Gelder liegen. Es geht um die Société Generale Private Banking Suisse in Genf.

Sie hatte argumentiert, die fraglichen Gelder gutgläubig entgegengenommen und nichts von den betrügerischen Machenschaften Stanfords gewusst zu haben. Das Bundesamt für Justiz hatte zuvor mehrere Rechtshilfegesuche der USA gutgeheissen. Darin hatte das US-Justizdepartement gestützt auf einen rechtskräftigen Einziehungsentscheid eines US-Bundesbezirksgerichts in Houston die Herausgabe der in der Schweiz liegenden Gelder gefordert.

Die Société Générale wollte auf Anfrage von finews.ch keine Stellung zu dem Fall nehmen.

Schwere Verletzungen der Sorgfaltspflicht

Die im Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) verankerten Voraussetzungen waren damit erfüllt, entscheid das BJ. Was die von der Bank geltend gemachte Gutgläubigkeit betrifft, verwiesen die Richter im jetzt veröffentlichten Urteil auf die Abklärungen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma.

Diese war 2013 zum Schluss gekommen, dass sich die Société Generale Private Banking bei der Entgegennahme von Stanford-Geldern schwere Verletzungen der Sorgfaltspflichten zu Schulden kommen liess. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Finma-Verfügung im Oktober 2016.

Prozess im Gang

Das nun veröffentlichte Urteil aus Bellinzona ist rechtskräftig, wie BJ-Sprecherin Ryser weiter sagte. Gleiches gelte auch für ein zweites Urteil, das noch nicht publiziert wurde. Zur Herausgabe der Gelder an die USA sagte Ryser: «Der Restitutionsprozess ist im Gang.»

Sie bestätigte auch, dass es um rund 110 Millionen Dollar geht. Im Urteil des Bundesstrafgerichts werden zwei Konten genannt, auf denen Ende 2018 zusammen 105,7 Millionen Dollar lagen. Seither dürfte sich der Wert noch vergrössert haben.

Zu 110 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt

Der Fall Stanford gilt als zweitgrösster Ponzi-Fall in der Finanzgeschichte nach dem Betrug von Bernie Madoff. Der heute 70-jährige Stanford war 2009 verhaftet und drei Jahre später von einem Gericht in Houston zu einer Freiheitsstrafe von 110 Jahren verurteilt worden.

In der Schweiz eröffnete die Bundesanwaltschaft im Februar 2009 ein Geldwäschereiverfahren gegen Stanford. Es wurde nach der Verurteilung in den USA eingestellt. Die Schweizer Niederlassung Stanford Group (Suisse) wurde von der Finma liquidiert und von der Bundesanwaltschaft im Jahre 2014 wegen qualifizierter Geldwäscherei mit einer Million Franken gebüsst.

Alt Bundesrat Adolf Ogi im Beirat

Zudem wurde das Institut zu einer Ersatzforderung im oberen einstelligen Millionenbereich verpflichtet. Auch diese Gelder erhielten die Opfer. Hierzulande sorgte der Fall auch für Aufsehen, weil der Beirat der Schweizer Stanford-Niederlassung mit viel Prominenz besetzt war, darunter mit alt Bundesrat Adolf Ogi.


Balz Bruppacher ist ein langjähriger Journalist, der regelmässig für finews.ch schreibt. Sein Buch «Die Schatzkammer der Diktatoren» (Bild links) ist in diesem Frühjahr im NZZ Libro Verlag erschienen. 

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