Das Quartalergebnis der Credit Suisse unterstreicht die Untauglichkeit des Geschäftsmodells der «One Bank». Es geht dabei nicht bloss um Interessenskonflikte. Vielmehr gibt es handfeste wirtschaftliche Gründe, die gegen diese Strategie sprechen. 

Kontrastreicher hätte der Abschluss der Credit Suisse (CS) für das erste Quartal 2021 kaum ausfallen können: Erwartungsgemäss belasten massive Verluste aus waghalsigen Risikogeschäfte das Ergebnis, während sich die Bank operativ sehr gut entwickelt hat. Zudem konnte sich die CS am Kapitalmarkt rasch und offenbar pragmatisch refinanzieren.

Grundsätzlich wären dies ermutigende Hinweise darauf, dass es der CS mittelfristig wieder besser geht. Doch gleichzeitig dokumentiert dieses Quartalsresultat so klar wie noch nie das Versagen eines Geschäftsmodells namens «One Bank», an dem die CS seit gut 15 Jahren festhält – allerdings nie ohne jemals den anvisierten Erfolg nachhaltig erzielt zu haben. Die desolate Aktienkursentwicklung im Laufe dieser Zeit ist nur ein Beleg dafür.

Problematische Abhängigkeiten

Es rücken zwei Fragen in den Vordergrund: Warum muss das One-Bank-Modell als gescheitert betrachtet werden? Und wie sollte es nun weitergehen? Das Schlimmste wäre, in einigen Monaten zum Courant normal zurückzukehren, wie das CS-Chef Thomas Gottstein am Donnerstag insinuierte: «Unser zugrunde liegendes Ergebnis unterstreicht die Ertragskraft der Credit Suisse und das Engagement unserer Mitarbeitenden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir die aktuellen Angelegenheiten rasch und entschlossen bewältigen.»

Warum ein Scheitern? Das One-Bank-Modell der CS ging stets vom Anspruch aus, möglichst viele Dienstleistungen im eigenen Hause zu «produzieren», um so die Kundschaft umfassend und aus mehreren Geschäftsbereichen zu bedienen. Dass sich daraus jedoch fatale Interessenskonflikte ergeben, haben die jüngsten Skandale gezeigt. Kurzum, sobald eine Beziehung zu einem Kunden besteht, werden weitere Geschäfte in anderen Sparten heikel, weil daraus Abhängigkeiten erwachsen, die problematisch sein können.

Triftiger Grund

Gegen diese Vorwurf hat sich die CS immer gewehrt und versichert, die notwendigen Abgrenzungen eingehalten zu haben. Dass dies jedoch nur schlecht gelingt, zeigt sich den jüngsten Verfehlungen. Es gibt allerdings einen triftigeren Grund, weshalb das One-Bank-Prinzip nie funktioniert hat: einen wirtschaftlichen.

Dienstleistungen beruhen auf sogenannten Transaktionskosten, was wiederum zur Frage führt, wo und wie man ebendiese Dienstleistungen bezieht – intern oder extern. Mit ihrer One-Bank setzte die CS auf einen hohen Anteil an «Eigenfertigung». Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung und der damit verbundenen Fragmentierung von Bankdienstleistungen stellt sich indessen immer mehr die Frage, welche Dienstleistungen sich extern besser und günstiger einkaufen lassen, was gleichzeitig das Potenzial von Interessenkonflikten massiv reduzieren würden.

Grosse Chancen verpasst

Generell läuft der Trend in der Bankbranche in Richtung eines Aufbrechens der Wertschöpfungskette. Unter diesen Prämissen hätte die CS schon viel früher ihr One-Bank-Modell kritisch hinterfragen müssen. Eine grosse Chance verpasste diesbezüglich der frühere CEO Tidjane Thiam. Er schaffte zwar einen finanziellen Turnaround, änderte an der Struktur und Strategie des Konzerns aber nicht viel.

Seinem Nachfolger Thomas Gottstein fehlte die erforderliche Dringlichkeit für einen radikalen Umbau, wobei man ihm zugute halten muss, dass er praktisch seit Beginn seiner Amtszeit zusätzlich mit der Corona-Pandemie beschäftigt war. Handkehrum gehen die fragwürdigen Personalentscheidungen, bei denen er Compliance- und Risikoabteilungen aus Effizienzgründen fusionierte, auf seine Kappe und verschlimmerten das Problem im Hause noch.

Eine Jahrhundertchance

Mit dem heutigen Quartalsabschluss liegen die Karten offen auf dem Tisch. Besser wird die Situation vorläufig nicht. Im zweiten Quartal 2021 werden weitere Verluste von 600 Millionen Franken aufgrund der Archegos-Verkäufe erwartet. Zudem rechnet die CS mit einem weniger guten Geschäftsumfeld, namentlich im Investmentbanking. Schliesslich werden auch die anhaltenden Untersuchungen und Klagen gegen die CS an der Bank nagen.

Das Schlimmste wäre, trotzdem zur Tagesordnung zurückzukehren. Denn das One-Bank-Modell hat versagt – daran ändert auch das aktuell sehr gute operative Geschäft nichts. Dessen muss sich Antonio Horta-Osorio rasch bewusst werden, sofern er sich dessen noch nicht ist. Ihm bietet sich eine Jahrhundertchance, wie finews.ch schon früher festgehalten hat. Insofern muss er der zweitgrössten Bank der Schweiz eine gänzlich neue Struktur verpassen.

In eine neue Zukunft

Nur so wird er die CS in eine bessere Zukunft überführen können – was ihm die Aktionärinnen und Aktionäre danken werden. Ob Thomas Gottstein dabei (noch) mit an Bord sein wird oder nicht, spielt eine untergeordnete Rolle.

 

 

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