Grössere Firmen würden sich bereits intensiv mit der Nachhaltigkeit beschäftigen – im Gegensatz zu KMU, welche die Thematik in der Breite noch nicht abdeckten, erklärt Regula Berger von der Basler Kantonalbank im Interview mit finews.ch. Was kann die Finanzbranche tun?   


Frau Berger, Nachhaltigkeit scheint mittlerweile bei allen Firmen das Gebot der Stunde zu sein. Doch gibt es Unterschiede abhängig von der Unternehmensgrösse?

Unsere Erfahrungen zeigen, dass der Beratungs- und Finanzierungsbedarf wächst, nicht nur mit Blick auf den Klimaschutz, sondern auch in anderen Bereichen – nebst dem E für Environment, auch beim S für Social und dem G für Governance. Je nach Unternehmensgrösse sind die Fragestellungen jedoch unterschiedlich.

Inwiefern?

Grössere Unternehmen beschäftigen sich bereits intensiv mit den entsprechenden Fragestellungen, beispielsweise im Zusammenhang mit der nichtfinanziellen Offenlegung in Bezug auf das Klima, oder aus Kosten und Reputationsgründen sowie im Rahmen ihres Investor-Relations-Managements. Darüber hinaus fordern grosse, kotierte Unternehmen bereits ein gutes ESG-Rating von der Finanzbranche als Grundlage für die Annahme von Finanzierungen.

«Es ist zentral, auch die kleinen und mittelgrossen Unternehmen auf diese Reise mitzunehmen»

Im Gegensatz dazu decken KMUs die Thematik in der Breite noch nicht ab, weswegen Plattformen für die Ausrichtung des Geschäftsmodells auf Nachhaltigkeit wirkungsvoll sind. Es ist zentral, auch die KMUs auf diese Reise mitzunehmen.

Wieso ist die Finanzbranche in Sachen ESG überhaupt so aktiv?

Weil sie prädestiniert ist als Drehscheide der Finanzflüsse, und um Transparenz zu schaffen, langfristige Risiken umfassend zu berücksichtigen sowie adäquat zu bepreisen. Die nachhaltige Ausrichtung ist bei einigen Banken schon seit vielen Jahren Teil ihres Geschäftsmodells – insbesondere bei Kantonalbanken müsste dies Teil ihrer DNA sein.

Nachhaltige Anlageprodukte sind heute breit verfügbar. Doch wie steht es mit dem Angebot für Firmenkunden?

Einerseits besteht ein Finanzierungsangebot für nachhaltige Projekte mit ESG-Darlehen, sogenannten «Green, Social und Sustainability Loans», und andererseits für die Begleitung bei einer ganzheitlichen Ausrichtung des Geschäftsmodells auf Nachhaltigkeit mittels sogenannten «Sustainability-linked Loans». Dabei wird die Finanzierung an die Erreichung eines oder mehrerer Nachhaltigkeitsziele gebunden.

Können Sie das noch etwas genauer erklären?

Dabei kann es sich beispielsweise um ein Reduktionsziel der CO2-Emissionen des Unternehmens handeln oder um eine Verbesserung des ESG-Ratings. Die Ziele werden im Kreditvertrag definiert.

«Die Finanzierung über den Kapitalmarkt ist eine Option»

Erreicht das Unternehmen die Ziele, erhält es einen Zinsvorteil und hat damit tiefere Finanzierungskosten. Umgekehrt sind die Finanzierungskosten höher, wenn es die Ziele verfehlt. Erfahrungen zeigen, dass die definierten Ziele grundsätzlich erreicht werden und die Finanzinstitute somit meistens einen Abschlag bei den Margen gewähren.

Dies ist insofern gut, als dass unsere Branche damit Anreize schaffen kann, um spezifische geschäftspolitische Ambitionen beispielsweise entlang der 17 UN Nachhaltigkeits-Ziele (17 SDG-Goals) zielgerichtet zu verfolgen. Und die Banken haben so ein wirksames Instrument zur Hand, um Nachhaltigkeitsrisiken aktiv zu steuern.

Wie sieht es bei Green Bonds aus, sind dort die Preise besser?

Bei einem grösseren Finanzierungsbedarf für nachhaltige Projekte ist die Finanzierung über den Kapitalmarkt eine Option. Mittels Green Bonds werden die Emissionserlöse zur Finanzierung oder Refinanzierung geeigneter grüner Projekte verwendet. Eine Studie der Climate Bonds Initiative über die Emissionstätigkeit im Jahr 2021 hat gezeigt, dass ein Preisabschlag auf grünen Bonds – ein sogenannter «Greenium» ersichtlich ist. Zudem ist die Überzeichnung bei Green Bonds grundsätzlich höher als bei normalen.

«Diese Fragen stehen im Raum»

Dabei definieren internationale Marktstandards die Erfordernisse, für die Emission eines nachhaltigen Bonds. Es bedarf beispielsweise einer unabhängigen Prüfung des Vorhabens und des Green Bond Frameworks (Second Party Opinion) sowie einer jährlichen Berichterstattung über die Verwendung des Emissionserlöses.

Entsprechend ist die Vorbereitung komplexer und dadurch teurer als bei traditionellen Anleihen. Insgesamt halten sich nach unseren Beobachtungen die höheren Kosten im Vergleich zum «Greenium» die Waage. Die Beweggründe für die Emission eines Green Bonds sind somit umfassender; dazu gehören ein breiterer Investorenzugang oder ein glaubwürdiges Nachhaltigkeits-Commitment für exponierte Firmen.

Welche Fragen müssen Kundenberater in Zukunft somit beantworten können?

Um die Entwicklung sinnvoll zu begleiten und zu steuern, stehen diese Fragen im Raum:

  • Was zeichnet eine nachhaltige Entwicklung aus, und wie kann und soll sie die Gesellschaft und die einzelnen Unternehmen beeinflussen?
  • Welche Rolle wird insbesondere den Banken bei der Bekämpfung des Klimawandels beigemessen?
  • Wie sind institutionelle Investoren und Privatanlegerinnen und -anleger von Nachhaltigkeitstrends betroffen? Wie können sie auf diese reagieren und ihr Portfolio entsprechend ideal positionieren?
  • Wodurch zeichnen sich ESG-Anlagestrategien aus, und was steckt hinter Schlagwörtern wie Engagement oder Impact Investing?
  • Wie vermeidet man Greenwashing?
  • Weshalb sind sogenannte Green Loans oder an Nachhaltigkeit gekoppelte Kredite für Firmenkunden interessant, und wie lassen sich solche umsetzen?

Wie garantiert die Finanzbranche, dass ihre Mitarbeitenden sich in diesen Fragestellungen auskennen?

Neben einer zentralen Stelle, die sich übergeordnet, um das Thema Nachhaltigkeit kümmert, gilt es, das Wissen breit in der Organisation im tagesrelevanten Geschäft und insbesondere an der Front zu verankern. Dies stellen wir mit entsprechender Weiterbildung sicher. So startet im Herbst der Kurs «CAS Sustainable Finance», der «tailor-made» auf die Bedürfnisse der Basler Kantonalbank ausgearbeitet wurde.

«Berufsprofile, die spezifische Branchenkenntnisse mitbringen, sind sehr gefragt»

Ausserdem haben wir das Thema Nachhaltigkeit in unserer Strategie und dem Kerngeschäft verankert und haben eine Sponsorin für die nahe Begleitung des wichtigen Themas in der Geschäftsleitung definiert.

Benötigen Banken für die Beratung künftig auch andere Mitarbeiterprofile?

Berufsprofile, die spezifische Kenntnisse mitbringen, sind sehr gefragt. Im Fokus stehen diejenigen Branchen, bei welchen ein grosser Hebel bei der nachhaltigen Transformation und künftiger grosser Investitionsbedarf besteht – beispielsweise rund um das Thema Energie.


Regula Berger ist seit Januar 2021 Leiterin Vertrieb «Kommerzielle Kunden» und seit Oktober 2021 Mitglied der Geschäftsleitung Basler Kantonalbank (BKB). Zuvor leitete sie den Bereich «Legal & Compliance» im Konzern. Seit September 2019 ist sie auch Mitglied der Konzernleitung.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.9%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.99%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.01%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.56%
pixel