Finma-Bericht spielt im Greensill-Prozess prominente Rolle
Die Verfahren im Zusammenhang mit der Causa Greensill laufen auch nach der Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS weiter. Dieses juristische Erbe hat nun in London nochmals die Management- und Kultur-Probleme ins Zentrum gerückt, die zum letztendlichen Fall der Grossbank beigetragen haben.
Als die Finanzmarktaufsicht (Finma) im Februar 2023 das Enforcement-Verfahrten gegen die Credit Suisse im Zusammenhang mit Greensill abschloss, blieb der dabei erstellte Bericht unter Verschluss. Der Bank wurde dabei vorgeworfen, dass sie «mit Blick auf das Risikomanagement und eine angemessene Betriebsorganisation in schwerer Weise gegen die aufsichtsrechtlichen Pflichten verstossen hat».
Ein Gerichtsprozess in London hat nun einen teilwesen Zugang zu dem Finma-Bericht gewährt. Die japanische Softbank, die von der Credit Suisse im Zusammenhang mit Greensill auf Schadensersatz in Höhe von 440 Millionen Dollar verklagt wurde, hat Teile des Berichts als Beweismittel eingebracht, um ihre Verteidigung zu stärken. Nun haben auch verschiedene britische Medien über einen entsprechenden Antrag auf Akteneinsicht Zugang zu den eingereichten Dokumenten erlangt.
So hätten etwa CS-Führungskräfte die Bank und die Aufsichtsbehörde über den Zusammenbruch von Greensill Capital in die Irre geführt, schreibt die britische Zeitung «The Guardian» unter Berufung auf die Dokumente.
Frühe Warnungen missachtet
CS-Manager seien bereits drei Jahre vor dem Zusammenbruch der einstigen Schweizer Grossbank des australischen Geschäftsmanns Lex Greensill vor Geschäften mit dem Unternehmen gewarnt worden. Dabei sei zudem das «charakterliche Urteilsvermögen» der Manager in Frage gestellt worden.
Diese anonymen Warnungen seien von einem Manager an Lex Greensill weitgeleitet worden. «Leute in der CS erhalten anonyme Mails ... ernsthaft, Sie müssen Ihre Kommunikationsstrategie überdenken!», habe er dem hinzugefügt.
Laut dem Finma-Bericht habe das Geschäftsverhältnis zwischen der CS und Lex Greensill für die Bank einen «immensen Reputationsschaden» verursacht, zitiert die «Financial Times». Die CS-hätten sich «naiv» auf Informationen von Greensill verlassen, um die Partnerschaft fortzusetzen. Zudem seien Anfragen an die Credit Suisse bezüglich des Metallmagnaten Sanjeev Gupta und Greensill «manchmal unvollständig, irreführend oder falsch» beantwortet worden.
Kritische Fragen stiessen auf Widerstand
«Kritische Fragen stiessen bei der Bank und ihrer obersten Führungsebene immer wieder auf Widerstand, auch wenn sie von der Aufsichtsbehörde wiederholt gestellt wurden. Dieses Verhalten ist schwer nachvollziehbar», so die Finma weiter.
Ein Punkt der in dem Finma-Bericht ebenfalls beleuchtet wird ist die Praxis von Greensill, sogenannte Future Receivables auszuweisen, also hypothetische künftige Einnahmen. Die Bank sei nicht in der Lage gewesen zwischen diesen und tatsächlichen Einnahmen zu unterscheiden.
Ein Mitarbeiter, der sich bei einem leitenden Kollegen über die Praxis der Finanzierung künftiger Forderungen erkundigte, erhielt im April 2020 die Auskunft, dass «alles in Ordnung» sei, da man das Thema mit Lex Greensill besprochen habe. Der Mitarbeiter antwortete: «Hmmm. Ich weiß nicht, ob ich das im Moment sehr beruhigend finde.».