Der Ruf der Banken und Pensionskassen nach einer baldigen Zinserhöhung sind kaum verhallt, da dreht der Wind schon wieder. Erste Stimmen warnen vor einer baldigen Senkung der Leitzinsen in der Schweiz.

Die Auguren sind sich bereits einig: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird an ihrer halbjährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung am kommenden Donnerstag keine Zinsänderung vornehmen. Umso mehr wird daher die Aufmerksamkeit der Wortwahl der Zentralbanker gelten – und da könnte sich bewahrheiten, was einige Beobachter seit geraumer Zeit befürchten.

Nämlich, dass sich das Fenster für Zinserhöhungen schon wieder geschlossen hat. Die SNB hat bekanntlich ihren Leitzins seit Anfang 2015 auf einem Rekordtief von -0.75 Prozent gehalten.

Verpasste Chance?

Die Negativzinsen werden weitherum dafür verantwortlich gemacht, dass es Banken und Pensionskassen nicht mehr gelingt, eine minimale Rendite mit risikoarmen Bundessobligationen zu erwirtschaften und sie deshalb auf Papiere ausweichen müssen, die mit höheren Risiken behaftet sind – sprich Aktien.

Zudem hat die Tiefzinsphase einen Immobilienboom befeuert, einerseits durch die billigen Hypotheken, anderseits weil die Immobilien trotz allem eine stete Rendite versprachen und damit zusätzliche Investitionen anzogen.

Kritiker argumentierten nun, dass die SNB in einer Phase, in der erfreuliche Wachstumszahlen mit tiefer Inflation und tiefer Arbeitslosigkeit einhergingen, ihre Zinsen nicht erhöht hat, um sich mehr Spielraum für die nächste Wachstumsdelle zu verschaffen.

SNB wartet auf EZB

Mittlerweile scheint klar, dass der Markt nicht mehr mit einer Zinserhöhung rechnen darf, sondern sich sogar auf eine weitere Senkung gefasst machen sollte. Die einflussreichen Ökonomen der US-Bank Morgan Stanley beispielsweise erwarten, dass die SNB am Donnerstag zwar keine Zinssenkung bekanntgeben wird, dass sie jedoch dafür bereitsteht: «Es ist zunehmend wahrscheinlich, dass der nächste Zinsschritt der SNB nach unten gerichtet sein wird.» (Bericht auf Englisch).

Höchstwahrscheinlich wird die SNB aber erst dann aktiv werden, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) eine Zinssenkung vornimmt. Eine Lockerung der Geldpolitik beim wichtigsten Handelspartner der Schweiz hat das Potenzial, den Aufwärtsdruck auf den Franken weiter zu erhöhen und damit auch das Szenario einer deflationären Entwicklung wieder in den Vordergrund rücken würde. Da die SNB aber die Preisstabilität als wichtigstes Ziel der Geldpolitik verfolgt, würde sie wohl mit einer weiteren Senkung auf die EZB reagieren.

Risiken sind nicht gebannt

Und damit richtet sich das Augenmerk auf Konjunkturfragen. Die Ökonomen von Morgan Stanley betonen in ihrer Beurteilung, dass sich die Aussichten in der Schweiz eher eingetrübt haben, trotz der Erholung im ersten Quartal.

Die Vorlaufindikatoren der KOF Konjunkturstelle und der PMI haben seit Februar Terrain verloren. Zusammen mit den geopolitischen Unsicherheiten – sprich USA-China-Disput, Brexit, Iran-Krise – und der damit einhergehenden Risiken für die Wirtschaft und dem möglichen Aufwärtsdruck auf den Franken spricht dies eher für eine Verlangsamung des Wachstums.

Händeringende Banken

Unter dem Strich sieht es im Moment danach aus, als würden sich Hausbesitzer auf eine noch längere Phase von Billigsthypotheken freuen können, während Banken und Pensionskassen händeringend nach Investitionen suchen, die noch eine gewisse Rendite versprechen.

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