Mit den jüngsten geldpolitischen Massnahmen gegen die Coronakrise ist für Gold der Weg frei in neue Sphären. Doch gleichzeitig gerät der gesamte Edelmetallhandel unter Druck wie noch nie. 

Erstmals seit 2012 hat der Preis für eine Unze Gold nach Ostern die Marke von 1'700 Dollar überschritten. Damit setzt das gelbe Edelmetall parallel zu den Aktienmärkten seine steile Hausse fort. Noch knapp vor einem Monat kostete Gold 1'450 Dollar pro Unze. Dies entspricht einer Wertsteigerung von fast 20 Prozent.

«Nun ist der Weg frei für höhere Werte über 1'800 Dollar und höher», erklärte Alberto Tocchio vom Tessiner Vermögensverwalter Colombo Wealth am Dienstag gegenüber finews.ch. Zur Orientierung: Seinen Höchststand erreichte das Edelmetall im Herbst 2011 mit einem Kurs von 1'920 Dollar.

Gold dürfte in den vergangenen Tagen indirekt von der sehr expansiven Geldpolitik der amerikanischen Notenbank (Federal Reserve, Fed) profitiert haben. Denn mit der enormen Liquidität stiegen auch die Aktienkurse massiv. Manche Anleger dürften dabei Gold zusätzlich gekauft haben, um sich bei neuerlichen Einbrüchen – am Aktienmarkt – abzusichern. In Krisenzeiten gilt das gelbe Edelmetall traditionell als «Hedge», also als Absicherung. 

Silber, Platin und Palladium kommen jetzt zu kurz

Der Aufwärtstrend im Gold dürfte dem Edelmetallhandel allerdings noch einigen Stress bereiten, wie Fachleute warnen. Wie kurz vor Ostern bekannt wurde, nahmen am (gestrigen Montag) die Schweizer Raffinerien ihren Betrieb zu 30 bis 40 Prozent wieder auf. Sie produzieren allerdings nur Goldbarren, weil da die Nachfrage am grössten ist. Offenbar sollen die Raffinerien Bestellungen über über Dutzende von Tonnen haben, die sie bis Ende Mai 2020 erfüllen sollen. 

Die Aufträge stammen von privaten Goldhandelsfirmen und Banken sowie von Zentralbanken, wie weiter zu erfahren war. Aus diesem Grund produzieren diese Raffinerien bis im Juni kein Silber, Platin und Palladium, wie weitere Recherchen von finews.ch ergaben. «Das wird weiteren Stress ins System bringen», sagte Andreas Hablützel, CEO der Firma Degussa Goldhandel, gegenüber finews.ch.

Akute Situation in Afrika

Darüber hinaus sind auch zahlreiche staatliche Münzpräge-Anstalten weiterhin geschlossen – beispielsweise die Rand Refinery in Südafrika. Sie produziert die weltberühmten Krügerrand-Münzen. «Vieles deutet darauf hin, dass sie auf längere Zeit geschlossen bleiben wird, da Afrika die Covid-19-Krise mehrheitlich noch vor sich hat und für dieses Problem nicht in dem Masse vorbereitet ist wie Europa», so Hablützel weiter.

Wie akut die Situation auf dem afrikanischen Kontinent ist, unterstreicht auch die Tatsache, dass sich eine Gruppe von Politikern und Wirtschaftsexperten, darunter der frühere Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam, sowie der ehemalige Finanzminister Südafrikas, Trevor Manuel, und Donald Kaberuka, früherer Präsident der afrikanischen Entwicklungsbank, zusammengetan haben, um den Kampf gegen das Coronvirus zu führen, wie auch finews.ch am Dienstag berichtete. 

Inflation wird Preis beflügeln

Als wichtigster Indikator für die weitere Preisentwicklung im Gold dürfte indessen die Teuerung sein. Denn sobald die finanz- und geldpolitischen Massnahmen der Regierungen und Zentralbanken als Reaktion auf die Krise zum Tragen kommen werden, wird die Inflation rapide steigen.

Das wiederum wird das gelbe Edelmetall definitiv beflügeln, gilt doch Gold als der beste Schutz gegen Inflation. Vor diesem Hintergrund ist dann auch ein Unzenpreis von 3'500 Dollar vorstellbar, wie der Technische Analyst Christian Kämmerer in seinem Online-Dienst TA4YOU am Dienstag erklärte. Und dies konservativ geschätzt.