Wenige Tage vor dem nächsten Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank mehren sich die Stimmen, die für den Euro mittelfristig keine Zukunft mehr sehen. Als Alternative dazu gilt der Franken. Doch kann das gut gehen?

Es sind ungewöhnlich harte Worte, derer sich der deutsche Vermögensverwalter Holger Schmitz dieser Tage bedient. Er sieht schwarz für die europäische Gemeinschaftswährung. «Der Euro dürfte in Zukunft noch schwächer werden», sagt er und beklagt: «Das ‹Transmission Protection Instrument› der Europäischen Zentralbank (EZB) ist ein absolutes Unding.»

Mit diesem Instrument möchte die EZB bei Bedarf die Renditeunterschiede zwischen Staatsanleihen unterschiedlicher Euroländer künstlich drücken. Dabei wird verkannt, dass die hohen Renditeaufschläge für italienische Staatspapiere das mangelnde Vertrauen der Kapitalmärkte in die Politik sowie die Wirtschaft des Landes widerspiegeln und deshalb gerechtfertigt sind.

Grosser Knall erwartet

«Dass die EZB sie durch massive Anleihekäufe verringern möchte, passiert aus Angst vor einem Zusammenbruch des Euro», folgert Schmitz. Doch dieser Kollaps lasse sich langfristig nicht verhindern. «Man verschiebt ihn nur in die Zukunft. Dann wird er mit einem grösseren Knall kommen, als es vielleicht nötig gewesen wäre», sagt der Münchner Vermögensverwalter, der inzwischen auch von Brione sopra Minusio im Tessin aus tätig ist.

Bereits hat der Euro zuletzt gegen die meisten anderen bedeutenden Währungen weltweit deutlich abgewertet. Viele Anleger aber vernachlässigen die Währungskomponente in ihren Portfolios. «Das halte ich für einen Fehler, denn für mich steht fest: Mit Euro-Investments lässt sich der Kaufkraftverlust nicht aufhalten», erklärt Schmitz und nennt als Alternativen die Norwegische Krone und den Franken. Warum, macht ein einfaches Beispiel deutlich.

Fatale Entwicklung

1'000 Franken haben vor 15 Jahren rund 600 Euro gekostet. Heute bekommt man für 1'000 Franken mehr als 1'000 Euro. Dass sich im Verhältnis der beiden Währungen in den kommenden Jahren der Trend umkehren wird, ist äusserst unwahrscheinlich. Die Gründe für die Abwertung des Euro lösen sich ja nicht einfach auf.

«Ich kann mir kein Modell vorstellen, bei dem der Franken in Zukunft dauerhaft gegenüber dem Euro verlieren wird. Ganz im Gegenteil: Der Euro wird noch schwächer werden», sagt Schmitz.

Die Fachleute gehen davon aus, dass die EZB am kommenden Donnerstag einen weiteren Zinsschritt vornehmen wird. Um der grassierenden Inflation Herr zu werden, fordern europäische Notenbanker eine Erhöhung um bis zu 0,75 Prozentpunkte. Die nächste «geldpolitische Lagebeurteilung» der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist auf den 22. September 2022 traktandiert.

Vorerst Entspannung für Thomas Jordan

SNB-Präsident Thomas Jordan kann seinem Auftritt allerdings wesentlich entspannter entgegen sehen als auch schon. Nachdem die SNB unter seiner Ägide in vergangenen Jahren und Monaten teils massiv für den Abwehrkampf gegen die Frankenstärke und die damit verbundenen Devisenkäufe und Negativzinsen kritisiert worden ist, profitiert die Währungshüterin nämlich für einmal von der weiteren Abschwächung der europäischen Gemeinschaftswährung.

So ist der starke Franken zwar weiterhin eine Herausforderung für die Schweizer Exportbranchen und nicht zuletzt für hiesige Finanzdienstleister mit europäischer Kundschaft, wie finews.ch bereits am (gestrigen) Montag feststellte.

Kapitalflucht in die Schweiz

Doch die Frankenstärke hilft nun, die erhöhte importierte Inflation aus dem Euroland zu dämpfen. Dies habe die gleiche Wirkungsweise wie Zinserhöhungen, und erledige quasi einen Teil der Arbeit der Geldpolitik, stellen die Ökonomen von Raiffeisen Schweiz in einem aktuellen Bericht fest.

Je höher der Franken gegenüber einem schwachen Euro bewertet wird, desto mehr werden Europäerinnen und Europäer einen Teil ihres Vermögens in die Schweiz transferieren – zur Freude der hiesigen Banken. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass sich die Schweiz mit einer Frankenstärke konfrontiert sieht, die ungesund wird. Dann wäre die SNB gezwungen, erneut am Devisenmarkt zu intervenieren.

 

 

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