Weshalb sich Reiche am Golf schwer tun mit der Nachfolgeplanung
Von Gérard Al-Fil, Dubai
Das lässt aufhorchen: Laut der GCC Succession Planning Survey 2025 von Lombard Odier bevorzugt die nächste Generation einen anderen Ansatz als ihre Eltern: 79 Prozent der Befragten gaben an, den Vermögensberater ihrer Eltern wechseln zu wollen.
Kein Raum für Ad-hoc-Entscheidungen
In den Vereinigten Arabischen Emiraten betrachten 30 Prozent der Befragten das Thema «Nachfolge» als etwas, das man in der Zukunft angehen sollte – und nicht als erste Priorität. In Saudi-Arabien liegt dieser Wert bei fast 60 Prozent. Ali Janoudi, Head of New Markets bei Lombard Odier, sagt: «Nachfolge ist kein einmaliges Ereignis. Es ist ein schrittweiser Prozess, der Zeit, Klarheit und Vertrauen über Generationen hinweg erfordert. Was wir von Familien hören, ist kein Zögern, sondern der Wunsch nach Raum, um gezielt zu planen – mit den richtigen Strukturen zur Unterstützung dieses Weges.»
Die Umfrage zeigt, dass 49 Prozent der vermögenden Familien in der Region, die keinen Nachfolgeplan haben, den Prozess aufschieben. Die Studie des Genfer Geldhauses basiert auf den Ansichten von 300 vermögenden Privatpersonen (High-Net-Worth Individuals – HNWIs, Privatperson mit mindestens einer Million Dollar Vermögen) aus den Golfstaaten Vereinigte Arabische Emirate (VAE), Saudi-Arabien, Katar, Kuwait und Bahrain.
Weniger als jedes fünfte Familienkonglomerat in der Golfregion verfügt über einen umfassenden Nachfolgeplan – als Hauptgrund werden Generationenkonflikte genannt. Darüber hinaus hat weniger als jedes sechste Familienunternehmen in diesen Breitengraden einen formellen Governance-Rahmen geschaffen, um einen reibungslosen Führungswechsel zu ermöglichen.
Familienbande hält
Trotz dieser Hürden herrscht grosser Optimismus. Über 90 Prozent der Befragten sowohl aus der älteren Generation (96 Prozent) als auch aus der nächsten Generation (93 Prozent) zeigten sich zuversichtlich, dass die nächste Generation in der Lage ist, Führungsverantwortung zu übernehmen.
Lombard Odier sieht es zudem als «vielversprechenden Trend», dass Family Offices zunehmend Verbreitung finden. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der vermögenden Familien haben ein Family Office gegründet – bei Familien mit aktiven Unternehmen sind es sogar vier von fünf. Als Hauptgründe für ein Family Office nannten die Befragten Steueroptimierung (knapp die Hälfte) und Nachfolgeplanung (44 Prozent).
Janoudi: «Familien suchen heute nach Beratern, die sowohl die finanziellen als auch die emotionalen Dimensionen von Vermögen unterstützen – mit einer Kombination aus technischer Expertise und den weichen Fähigkeiten, die nötig sind, um offenen Dialog zu ermöglichen, Vertrauen aufzubauen und Kontinuität über Generationen hinweg zu sichern.»
Im grössten arabischen Golfstaat, Saudi-Arabien, gaben fast 70 Prozent der Befragten an, ein Family Office zu haben – 62 Prozent davon in Form eines Single Family Office. In den VAE verfügen 50 Prozent der Probanden über ein Family Office, von denen fast die Hälfte ebenfalls als Single-Family-Struktur organisiert ist.
Frauen schreiten voran
Ein weiterer Lichtblick ist der zunehmende Anteil von Frauen in familiengeführten Firmen. Inzwischen sind in einem Drittel der Familien Frauen in Führungspositionen tätig – mit spürbaren Vorteilen in den Bereichen Innovation (58 Prozent), Governance (45 Prozent) und generationsübergreifende Zusammenarbeit (45 Prozent).
In den VAE beziehen fast ein Drittel der Familien Frauen aktiv in Führungsrollen ein, in Saudi-Arabien liegt dieser Anteil sogar bei 44 Prozent. Ein Bericht von Henley and Partners Anfang 2025 zeigte, dass Dubais Wirtschaftsmetropole über mehr als 81.000 Millionäre, 237 Centimillionäre und 20 Milliardäre verfügt. Zu den bekannten Unternehmerinnen in den VAE zählen die Beauty-Lenkerin Huda Kattan (Huda Beauty), die E-Commerce-Pionierin Mona Ataya (Mumzworld) und die Serienunternehmerin Sara Al Madani.
Dies veranlasste Janoudi von Lombard Odier zu dem Schluss: «Die Frage ist nicht mehr, ob die nächste Generation bereit ist, sondern ob wir genug tun, um sie vorzubereiten. Es geht längst nicht mehr nur darum, Vermögen zu schützen. Es geht darum, Sinn, Werte und Beziehungen zu bewahren.»