Der amerikanische Leitindex S&P 500 ist derzeit hoch bewertet. Das könnte sich ändern, je nachdem wie der US-Wahlkampf ausgeht. Auf finews.first formuliert Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer Deutsche Asset Management, drei Thesen.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen renommierte Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Dabei äussern sie ihre eigene Meinung. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. finews.first läuft in Zusammenarbeit mit der Genfer Bank Pictet & Cie. Die Auswahl und Verantwortung der Beiträge liegt jedoch bei finews.ch.


Alte Hasen an der Wall Street wissen natürlich genau, dass man sich von der Fülle an Vorschlägen, Debatten und Zitaten nicht überwältigen lassen darf. Das Amt des US-Präsidenten mag nach wie vor der einflussreichste Posten der Welt sein, aber abgesehen von der Aussenpolitik ist der Präsident in der Regel auf die Unterstützung des Kongresses angewiesen.

Wenn es um die Themen geht, die den Anlegern am meisten am Herzen liegen, hat der Kongress die Macht, insbesondere bei allen fiskalpolitischen Fragen. Hier sind drei Thesen, die sich Anleger zu Gemüte führen sollten.

1. Es ist die Kongresswahl, die zählt

Für die Finanzmärkte geht es weniger darum, ob Hillary Clinton oder Donald Trump ins Weisse Haus einziehen. Die Schlüsselfrage ist, welche Partei die Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat erringen wird.

Das Amt des US-Präsidenten mag nach wie vor der einflussreichste Posten der Welt sein, aber abgesehen von der Aussenpolitik ist der Präsident in der Regel auf die Unterstützung des Kongresses angewiesen. Wenn es um die Themen geht, die den Anlegern am meisten am Herzen liegen, führt kein Weg am Kongress vorbei, insbesondere bei allen fiskalpolitischen Fragen.

2. Langfristige Anlageentscheidungen sollte man nicht anhand überstürzter Wahlkampfversprechen treffen.

Erfahrungsgemäss sitzt das Team eines neuen Präsidenten etwa nach einem Jahr fest im Sattel. Bis die neue Regierung so richtig walten kann, dauert es. Und dann sieht die Welt in der Regel schon anders aus. Prioritäten ändern sich, und tendenziell müssen alle Versprechen – und seien sie noch so klar formuliert – der Realität angepasst werden.

George W. Bush etwa punktete im Wahlkampf im Jahr 2000 als «mitfühlender Konservativer» und versprach, sich aus internationalen Verwicklungen herauszuhalten – die Geschichte sieht anders aus. Zudem wirft die Besetzung zahlreicher Positionen in der Regierung und Verwaltung enorme logistische Probleme auf, mit denen vor allem Donald Trump zu kämpfen hätte.

Denn im Gegensatz zu anderen neu gewählten Präsidenten scheint es ihm an klaren politischen Vorstellungen etwas zu mangeln. Ebenso wie an einem umfangreichen Netzwerk von Sachverständigen, die seine Überzeugungen teilen. Schon allein deshalb könnte ein Wahlsieg Trumps zu Verunsicherung an den Märkten führen.

3. Donald Trumps Kandidatur wird die politische und wirtschaftliche Situation in den USA dauerhaft verändern

Die Ära, in der das Denken in republikanischen Kreisen durch den Einfluss marktfreundlicher Denkschulen geprägt war, könnte sich langsam dem Ende neigen. Trumps Kandidatur hat die Unterstützung der Republikaner für den Freihandel - einst zentrale Überzeugung republikanischer Politiker – bereits deutlich schwinden lassen.

In den vergangenen 36 Jahren tendierten sie verlässlich zu einer marktfreundlichen Angebotspolitik und entschieden in wirtschaftlich schwierigen Phasen pragmatisch für antizyklische Massnahmen. Es ist nicht mehr so klar, ob dies auch künftig der Fall sein wird.

Bei einem Sieg Trumps könnte sich zum Beispiel der bestehende Druck im Kongress erhöhen, den Handlungsspielraum der amerikanischen Notenbank (Federal Reserve, Fed) zu beschneiden. Aber auch wenn Trump verliert, werden zweifelsohne andere versuchen, seine Rezepte zu verwenden.

In ähnlicher Weise wurde Hillary Clinton durch das Vorgehen von Bernie Sanders nach links gedrängt. Es bleibt abzuwarten, ob sie eine erfolgreiche Wende durchführen und sich ein Mandat für eine unternehmensfreundliche Politik ähnlich derjenigen ihres Gatten sichern kann.


Stefan Kreuzkamp ist als Chief Investment Officer bei der Deutsche Asset Management in Frankfurt tätig. Als er 1998 in die Bank eintrat, verfügte er über drei Jahre Erfahrung in der Bankenbranche. Bevor er seine jetzige Rolle übernahm, war Stefan Kreuzkamp Chief Investment Officer EMEA und Head of Fixed Income & Cash EMEA.

Zu seinen vorherigen Positionen zählen die des Co-Head Fixed Income EMEA, Head of Fixed Income für das Privatkundengeschäft in Europa und Head of Money Market für Europa und Asien. Davor war er Portfoliomanager für Geldmarktfonds und Dachfonds in Luxemburg. Er begann seine Karriere im Research der DekaBank in Frankfurt. Stefan Kreuzkamp hat sein Studium an der Universität Trier als Diplom-Kaufmann abgeschlossen.


Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Adriano B. Lucatelli, Peter Kurer, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Thorsten Polleit, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Samuel Gerber, Nuno Fernandes, Thomas Fedier, Claude Baumann, Beat Wittmann, Richard Egger, Didier Saint-Georges, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Peter Hody, Steve Hanke, Andreas Britt, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.74%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.34%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    15.58%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    45.66%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
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