Goldinitiative und Ecopop locken die Banken aus der Reserve. Plötzlich mischen sie sich in die politische Diskussion ein – was schon lange nicht mehr vorkam.

Es ist ein Statement, wie es kurz vor der Volksabstimmung über die «Gold-Initiative» vom 30. November tagtäglich zu hören ist: «In der Praxis würden die Vorschriften der Gold-Initiative die Handlungsfähigkeit der Schweizerischen Nationalbank massiv einschränken, die Erfüllung ihres Auftrags erschweren und ihre Unabhängigkeit gefährden.»

Was aufhorchen lässt, ist der Absender. Diese Botschaft stammt weder von einem Politiker noch einem Verbandsmann. Sondern von Alix Bhend-Lambin (Bild) – Strategin bei der an sich diskreten Genfer Privatbank Lombard Odier.

Bilateralen sind «erfolgreicher Mittelweg»

Eine Private Bankerin, die sich politisch aus dem Fenster lehnt? Das ist, um es in den Worten der Genfer Banquiers auszudrücken, «du jamais vu». Doch Bhend-Lambin blieb mit ihrem Votum nicht lange alleine.

Nur Tage später meldete sich Daniel Kalt zu Wort. Kalt ist Chefökonom der UBS Schweiz und machte sich bereits Sorgen über die Folgen der Masseinwanderungs-Initiative, die nun mit dem aktuellen «Ecopop»-Begehren eine dramatische Fortsetzung findet.

Die Verunsicherung im Nachgang der Abstimmung zur Begrenzung der Einwanderung drohe die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz zu beeinträchtigen, warnten die von Kalt angeführten UBS-Experten. Und Kalt selber fand, dass der «Bilateralismus als bisher erfolgreicher Mittelweg» vorderhand weiter verfolgt werden sollte.

Gegen wirtschaftsfeindliche Begehren

Der Befund ist deutlich. Die bis dato verschwiegene und vermeintlich nur ihrem Bonus verpflichtete Bankbranche trompetet beim Abstimmungszirkus neuerdings unüberhörbar mit. Das ist neu – und wirft Fragen auf.

Fragen, auf die in der Branche plötzlich überraschende Antworten zu hören sind. «Es ist dringend notwendig, dass sich die Banken und ihre Mitarbeiter wieder für Politik interessieren», sagt ein hoher Schweizer Private Banker, der nicht namentlich genannt werden möchte.

Nähmen die Banken ihre politische Rolle nicht wahr, so der Top-Banker, gewännen wirtschaftsfeindliche Begehren unweigerlich die Oberhand im Land, heisst es weiter. Wohl nicht zuletzt nach den bitteren Erfahrungen mit der «Abzocker-Initiative» von Thomas Minder, die der Souverän sozusagen souverän durchwinkte.

Die alte Phalanx ist nicht mehr

Doch mit der Übernahme von Verantwortung scheint es leichter gesagt als getan. Denn zur Phalanx des letzten Jahrhunderts, als Freisinn, Bankiervereinigung und Vorort das politische Gewissen des Finanzplatzes fest im Griff hatten, kann die Branche nicht mehr zurückkehren. Von der machtpolitischen Basis von einst sind heute nur die Grundmauern übrig geblieben. Und wie sich am Beispiel der Bankiervereinigung zeigt, bröckeln auch diese beträchtlich.

Jeder für sich selber, scheint die Losung der Banken gegenüber der Politik zu lauten. Und trotzdem birgt diese Entwicklung auch Chancen.

Kein Aussitzen mehr

Die Branche hat offensichtlich realisiert, dass die gegenwärtigen Umwälzungen am Finanzplatz zu bedeutend sind, als dass man sie einfach schweigend aussitzen könnte. Es geht, das wird immer deutlicher, um die Existenz – es geht ans Eingemachte. Institute, die das begriffen haben, legen plötzlich eine ungewohnte Mobilisierungskraft an den Tag.

Die Gruppe Inlandbanken, denen unter anderem die Kantonalbanken und die Raiffeisen-Institute angehören, konnte bereits eine Interessensgruppe von mehr als 40 Parlamentariern hinter sich scharen.

Banker im Nationalrat

Kommt hinzu, dass die Branche durchaus über eigene Stimmen im Parlament verfügt. So sitzen gleich zwei Exponenten der Zürcher Finanz-City im Nationalrat: Für die SVP ist dies Thomas Matter, Gründer der Neuen Helvetischen Bank, für die FDP sitzt dort Hans-Peter Portmann, seines Zeichens Direktor bei der liechtensteinischen Fürstenbank LGT in der Schweiz. Für den Genfer Finanzplatz legt sich derweil die UBS-Bankerin und SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz ins Zeug.

Noch viel mehr politisches Gewicht könnten die Banken jedoch gewinnen, wenn sie sich auf ihr grösstes Potenzial besännen: ihre Mitarbeiter.

Gefördertes Engagement

Wie sich zeigt, fördern einige Häuser dieses Potenzial gezielt. So die UBS, die mit Abstand grösste Bank im Land. Dieser Tage trafen sich dort alle politisch aktiven Mitarbeiter zum jährlichen Polit-Forum, wo auch Schweiz-Chef Lukas Gähwiler und Präsident Axel Weber jeweils ihren Auftritt haben.

Laut der Grossbank üben schweizweit rund 350 UBS-Mitarbeitende ein politisches Amt aus, die meisten von ihnen auf Gemeinde-Ebene. Bis zu 20 Prozent ihrer Arbeitszeit bei der Bank können UBSler dabei für ihre Mandate einsetzen.

Neue Regeln geschaffen

Ähnlich hält es die Erzrivalin Credit Suisse (CS). «Wir erachten es als wichtig, dass sich Mitarbeitende in öffentlichen Ämtern engagieren», gibt die CS gegenüber finews.ch zu Protokoll. Auch da gibt es ein bankinternes Polit-Forum, und CS-Mitarbeitende können bis zu 20 Prozent ihres Pensums bei der CS für ihr öffentliches Engagement aufwenden.

Zudem hat die Bank vor drei Jahren neue Regeln für die Parteien-Finanzierung geschaffen. Jedes Jahr wird eine Summe von 1 Million Franken bereitgestellt, die unter den Parteien in der Schweiz proporzional zu ihrer Vertretung in den Parlamenten aufgeteilt wird.

Zurückhaltung bei Raiffeisen und ZKB

Etwas zurückhaltender geben sich die grossen Regionalbanken des Landes. Raiffeisen Schweiz etwa unterstützt ihre Mitarbeiter mit bezahlter Arbeitszeit bei ihren Mandaten. Raiffeisen selber werde nur aktiv, sagt ein Sprecher, wenn Fragen zum Finanzplatz oder zur Genossenschafts-Thematik zur Diskussion stünden.

Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) wiederum nimmt «grundsätzlich» keine Stellung zu politischen Themen, wie es beim Institut heisst. In der Tat wäre dies bei einer Bank, die von einem politisch gewählten Gremium beaufsichtigt wird, heikel. Mitarbeitende, die politisch tätig sein wollen, brauchen denn auch das Einverständnis der Bank. Dafür dürfen sie für ihr Mandat bis zu 22 bezahlte Absenztage einsetzen.

Umdenken bei den Privatbanken

Auch bei der Zürcher Bank Vontobel sieht man das politische Engagement der Mitarbeiter überaus positiv. Beschäftigte müssen zwar ihre Ämter transparent machen, doch Regeln, wonach ein Angestellter im Voraus eine Erlaubnis für eine entsprechende Tätigkeit einholen müsste, existieren nicht. «Schliesslich funktioniert die Politik in der Schweiz immer noch nach dem bewährten Milizsystem», betont ein Sprecher der Bank diese Haltung.

Zu dieser Erkenntnis ist man auch bei der Bank Julius Bär gelangt. Seit kurzem gelten neue, grosszügigere Bestimmungen in Bezug auf politische Aktivitäten der Mitarbeiter, wie Recherchen von finews.ch ergaben. Angestellte sollen sogar dazu motiviert werden, sich auf der Politbühne, sei das nun auf lokaler, kantonaler oder nationaler Ebene, zu engagieren.

Engagement bis hinauf ins Top-Management

Zwar will man dies bei der Zürcher Bank nicht an die grosse Glocke hängen. Doch wie aus dem Innern des Instituts zu vernehmen ist, sollen sogar oberste Führungsverantwortliche in jüngster Zeit an Sitzungen bekräftigt haben, sich künftig wieder verstärkt an der politischen Meinungsbildung in der Schweiz zu beteiligen.    

Das alles zeigt: Mit Hunderten von engagierten Mitarbeitenden und ihrer enormen wirtschaftlichen Bedeutung hätte die Schweizer Banken durchaus das Zeug, in politischen Debatten ein gewichtiges Wort mitzureden. Dringt diese Erkenntnis bis zu den Führungsspitzen weiterer Finanzinstitute durch, dann dürften die Voten zu Gold und Einwanderung nicht die Letzten gewesen sein – und vielleicht sogar Erfolg haben.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.36%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.83%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.38%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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