«Gandalf» warnt vor Börsen-Mordor

Von Marko Kolanovic (Bild unten) wusste ausserhalb von J.P. Morgan lange kaum jemand etwas. Die amerikanischen Grossbank beschäftigt ihn als Derivate-Strategen und als Spezialisten für Computer-basierte Handelssysteme, so genannte Quants.

Kolanovic 160Mit dem vergangenen August änderte sich das schlagartig. Damals warnte Kolanovic in einem Memo, dass sich die Kursverluste noch ausweiten könnten: Wenige Tage später kam es zum Flash-Crash des «Black Monday», als Handelsysteme in einer Überreaktion massiv Positionen abstiessen. Ende desselben Monats schrieb Kolanovic dann, die Börsen seien erneut verwundbar: Trendfolge- und Quant-Fonds könnten massiv Titel auf den Markt werfen, wenn dort die Schwankungen zunähmen.

Zwei Tage später stürzte der amerikanische Aktien-Leitindex S&P 500 nochmals um 4 Prozent ab.

Wie ein Zauberer

Anfangs September mahnte der J.P.-Morgan-Stratege wieder: Quant-Fonds würden verkaufen, schrieb Kolanovic. Am nächsten Tag fiel der S&P 500 um 1,5 Prozent. Ende letzten September hatte der Experte dann gute Nachrichten: Die Quants würden zukaufen, wusste er – und alsbald kletterten die Kurse wieder (siehe Grafik unten).

Das genügte, dass die Agentur «Bloomberg» ihn «Gandalf» (Bild oben) nannte, in Anlehnung an den Magier in der Fantasy-Trilogie «Herr der Ringe».

Kolanovic sei entweder ein Zauberer, urteilte die Agentur – oder seine Memos würden inzwischen so verbreitet gelesen, dass sie zu selbsterfüllenden Prophezeiungen geworden seien.

Grafik Kolanovic 500

Nun zaubert Kolanovic erneut, wie der Börsen-Blog «Zero Hedge» jüngst berichtete. Letzte Woche liess er die Investoren wissen, dass die Treiber der Erholung vom Oktober verschwunden seien. Die Verlustrisiken nähmen zu, mahnte der J.P.-Morgan-Banker weiter – und prompt zeigen die Kurse seither nach unten.

Alle Augen auf die Fed

Und das ist noch nicht alles. Kolanovic zufolge könnte den Märkten gar ein neuer Flash-Crash drohen, falls die amerikanische Notenbank (Fed) die Investoren mit ihrem Zinsentscheid vom Dezember überraschen würde.

Ein böses Omen also für den mit Höchstspannung erwarteten Notenbank-Entscheid. Nicht wenige Börsianer dürften dabei hoffen, dass «Gandalf» für einmal nicht recht behält.