Credit-Suisse-CEO Tidjane Thiam steht am Ende eines dreijährigen Umbaus der Schweizer Grossbank. finews.ch zieht Bilanz über den Manager, der womöglich schon die nächsten Karriereschritte plant. 

Im August sonnte sich Tidjane Thiam an einem eleganten Anlass in London im Glanz seines Erfolges als CEO der Credit Suisse (CS). Die Ziele seines strategischen Plans waren in Griffweite, er war Banker des Jahres.

 

Das Heimspiel in Zürich zwei Monate später war für den 56-Jährigen deutlich weniger glamourös. Das lag nicht zuletzt daran, dass er selbst nicht zur Fragestunde mit den Journalisten erschien, sondern Finanzchef David Mathers über die Gründe hinter dem überraschenden Verlust im Handelsgeschäft Auskunft geben liess. 

229 Tage und 39 Wochenenden

Der analytische Kopfmensch Thiam ist «nicht sehr sichtbar», wie es ein hoher Manager in Zürich diplomatisch umschreibt. Namentlich habe er auch schon Auftritte an Kundenanlässen kurzfristig sausen lassen.

Ein CS-Sprecher sagte dazu, Thiam habe im laufenden Jahr 229 Tage in Zürich verbracht und 39 Wochenenden. Zudem habe der CEO im Durchschnitt täglich ein Kundenmeeting. Letztes Jahr traf er knapp über 300 Kunden der Bank, 2018 waren es bisher etwa 290.

Unterkühltes Verhältnis

Die Beziehung des CEO zu Verwaltungsratspräsident Urs Rohner ist gemäss mehreren Quellen unterkühlt. Thiam und er hätten «zuweilen nicht die gleiche Meinung», sagte Rohner kürzlich in einem Fernsehinterview. «Das ist nicht immer einfach.» Er und der CEO (Bild unten) stünden aber in einem ständigen Dialog, sagte Rohner dort auch. 

TT Rohner 500

Ein Grund für das distanzierte Verhältnis sind Thiams enttäuschte Erwartungen: Einer mit der Sache vertrauten Person zufolge ist Thiam über die mangelnde Transparenz zum wahren – schlechten – Zustand der Bank vor seinem Amtsantritt verärgert.

Drei Jahre zermürbendes Restrukturieren

Er glaubte, er könne beim neuen Arbeitgeber mit einem Wachstumsplan auftrumpfen und damit die Basis für weitere Karrieresprünge legen. Stattdessen musste sich Thiam drei Jahre lang mit einem zermürbenden Restrukturierungsprogramm abmühen.

Der CS-Sprecher sagte dazu, die Darstellung sei falsch. Thiam sei der Zustand der CS sehr wohl bewusst gewesen. Er habe sich mit Rohner 19 mal getroffen, bevor er zugesagt habe.

Für diesen Kontrast zwischen Erwartungen und Realität stehen Zürich und London stellvertretend. Zwar betont Thiam immer wieder, wie sehr er die Schweiz mag. Trotzdem zieht er häufig London vor.

20 Millionen Dollar für ein Meeting

Obwohl er im gesellschaftlichen Teil seines Jobs weiterhin nicht voll aufgeht, ist sich Thiam seiner Strahlkraft durchaus bewusst. Einem Publikum in Zürich wollte er kürzlich nicht vorenthalten, dass einer der reichsten Männer von Hongkong 20 Millionen Dollar bei der Credit Suisse deponiert habe.

Als sich der verantwortliche Kundenberater dafür bedankte, erklärte der Kunde: «Ich habe das nur gemacht, weil ich Ihren CEO treffen wollte» – was er dann auch tat. 

Thiam habe die Fähigkeit, einer Person seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu geben, sagen mehrere Leute, die mit ihm zusammengearbeitet haben. «Wenn man ihn einmal hat, ist er wundervoll. Es kann allerdings schwierig sein, so weit zu kommen», sagte der Zürcher Top-Manager. 

Ein Hang zu Wutanfällen

Er sei ausserdem ein launischer Anführer und neigt zu Wutausbrüchen, sagt eine Person, die mit ihm zusammengearbeitet hat.

Operativchef Pierre-Olivier Bouée und Kommunikationsguru Adam Gishen folgten ihm beide von Prudential, wo Bouée ebenfalls im Management war und Gishen CEO Thiam als Investmentbanker zur Seite stand. Bei beiden wird erwartet, dass sie dereinst mit ihm weiterziehen werden. 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.45%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.58%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.26%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.12%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.59%
pixel