Raiffeisen-Präsident Guy Lachappelle hatte die Anklage gegen Ex-CEO Pierin Vincenz in der zweiten Jahreshälfte erwartet. Doch dazu kommt es wohl nicht mehr – und der Neubeginn bei der Bankengruppe ist aufgeschoben.

Öffentlich gesagt hat es der Raiffeisen-Schweiz-Präsident nie. Aber insgeheim gehofft schon, wie Recherchen von finews.ch nahelegten: Guy Lachappelle rechnete laut seinem Umfeld damit, dass die Anklage der Zürcher Staatsanwaltschaft gegen Pierin Vincenz und mutmassliche Komplizen nach den Sommerferien deponiert sein würde.

Stattdessen blieb es still um die Affäre um den früheren CEO von Raiffeisen. Inzwischen ist es Herbst geworden.

Die Krux mit der Versiegelung

Tatsächlich scheint hinter der Verzögerung Methode zu stecken. Für den Ex-Banker gilt die Unschuldsvermutung; indes hat das Team um Vincenz’ renommierten Strafverteidiger Lorenz Erni offenbar zahlreiche Dokumente für die Staatsanwaltschaft versiegeln lassen. Letztere muss sich nun durch die Instanzen hindurch jeweils die Freigabe erstreiten, was das Anklageverfahren auf mehrere Jahre hinauszögern könnte, wie Kenner des Falls berichten.

Gegenüber finews.ch bestätigte die Zürcher Staatsanwaltschaft, dass sie im vorliegenden Fall Entsiegelungsbegehren an das Zwangsmassnahmen-Gericht gestellt hat. Auf entsprechende Anfragen hiess es seitens von Verteidiger Erni: kein Kommentar.

Riskiert die Staatsanwaltschaft etwas?

Raiffeisen-Schweiz-Präsident Lachappelle ist die Verzögerung wohl ebenfalls ein Dorn im Auge. Der frühere Chef der Basler Kantonalbank ist bei Raiffeisen Schweiz angetreten, um mit der Ära Vincenz «aufzuräumen». Das hat er seither getan. Die Genossenschaftsbank-Zentrale erhielt eine neue Governance, wurde in ihrem Einfluss und auch personell zurückgestutzt.

Die Anklage gegen Vincenz sowie der darauffolgende Prozess wären aus seiner Sicht nun wohl die letzte und wichtigste Wegmarke hin zum Neuanfang von Raiffeisen Schweiz.

Doch diese Wegmarke rückt in die Ferne. Ausser, die Staatsanwaltschaft riskiert eine Anklage ohne Kenntnis aller Dokumente und damit ohne die Entsiegelung abzuwarten. Auch bei diesem Vorgehen, sagen Kenner, wäre erst nächstes Jahr mit einer Anklage zu rechnen.

Im Schlepptau des Strafprozesses

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