Die Untersuchungen von Bruno Gehrig haben keine Straftatbestände zutage gefördert. Dennoch ist Raiffeisen Schweiz nicht fertig mit der Affäre um Pierin Vincenz. Diese sechs Fronten sind offen.

«Nein, wir ziehen gar nichts zurück»: das sagte der neue Präsident Guy Lachappelle (Bild unten) zur immer noch hängigen Strafanzeige von Raiffeisen Schweiz gegen den ehemaligen Bankchef Pierin Vincenz. Dies, nachdem der am heutigen Dienstag veröffentlichte Bericht zu den internen Untersuchungen von Ex-Swiss-Life-Präsident Bruno Gehrig keine Nachweise für strafrechtlich relevantes Verhalten gefunden hatte.

Mit dem Gehrig-Bericht seien nur bankinterne Vorgänge beleuchtet worden, begründete Lachapelle. Was ausserhalb von Raiffeisen geschehen sei, müsse die Zürcher Staatsanwaltschaft aufdecken – bis dahin hält die St. Galler Zentrale der Genossenschaftsbanken an der Anzeige fest. Schon nur deswegen, betonte Lachappelle am Dienstag gegenüber Journalisten, werde die Ära Vincenz die Bank noch auf Monate hinaus beschäftigen. Dabei arbeitet auch Raiffeisen Schweiz selber diese Vergangenheit weiter auf, und das gleich an mehreren Fronten:

1. Schon das nächste Gutachten in Auftrag

Die Kanzlei Homburger, die Gehrig bei den bankinternen Ermittlungen unterstützte, hat vom Raiffeisen-Verwaltungsrat bereits den Auftrag für ein neues Gutachten gefasst. Wie Lachappelle ausführte, klären die Anwälte ab, ob das Unternehmen aufgrund der im Bericht festgestellten Mängel die Verantwortlichen auf Schadenersatz verklagt. Der Bankpräsident stellte fest, dass der Bericht für die Zeit von 2012 bis 2015 Belege für «schlechtes» und «unprofessionelles» Management zutage gefördert habe. Das sei eine grosse Enttäuschung für Raiffeisen, der aus dieser Zeit neben dem Reputationsschaden auch finanzielle Nachteile entstanden sind.

Neben dem Versagen von Kontrollen und mangelhafter «due diligence» im Vorfeld von Beteiligungskäufen förderte der Bericht auch zutage, wie hörig Raiffeisen-Banker dem charismatischen Ex-Chef Vincenz teils gewesen sind. So hatten mehrere Befragte gegenüber Prüfer Gehrig ausgesagt, dass zuweilen harte Kaufpreis-Verhandlungen unterblieben, um den Abschluss von Beteiligungsgeschäften nicht zu gefährden, von denen man wusste oder zu wissen glaubte, Vincenz wolle sie zum Abschluss bringen.

Eine E-Mail brachte es auf den Punkt: «Wenn Pierin Vincenz entscheidet, dass gekauft wird – dann wird wohl gekauft.»

Lachappelle 500

2. Entlastung sistiert

Bis zur Klärung der Verantwortlichkeiten wird keine Décharge der Organe von Raiffeisen Schweiz an der Delegiertenversammlung traktandiert. Allfällige Ansprüche und weitere Schritte werden im Laufe des Jahres abgeklärt.

3. Abschreiber mit Ansage

Wie am Dienstag angekündigt, beurteilt Raiffeisen Schweiz den Wert aller bestehenden Beteiligungen neu. In der Folge wird der Jahresgewinn auf Stufe Gruppe sowie auf Stufe Raiffeisen Schweiz voraussichtlich deutlich tiefer ausfallen, warnte das Institut. «Sondereffekte» von 300 Millionen Franken seien aber das absolute Maximum der möglichen Belastungen, beschwichtigte der Bankpräsident. Raiffeisen Schweiz werde überdies alles unternehmen, um allfällige Wertminderungen für die Bank wieder «hereinzuholen», sagte Lachappelle.

4. Entflechtung fortsetzen

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