Im Bespitzelungs-Skandal um Iqbal Khan ist das Powerplay zwischen CEO Tidjane Thiam und Präsident Urs Rohner unentschieden. Doch nun mischt sich der Doyen der Credit Suisse, Rainer E. Gut, ein, wie Recherchen von finews.ch zeigen.

Es war ein Lehrstück zum Führungsstil Urs Rohners, wie er mit einer internen «Aufklärung» den Beschattungsskandal rund um den früheren Private-Banking-Chef Iqbal Khan unter Kontrolle brachte: eine öffentlich äusserst kurz gehaltene Demonstration von Macht und Kontrolle – ohne die eigene Position in irgendeiner Weise zu exponieren, geschweige denn, zu riskieren.

Vordergründig hat der Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse (CS) sein Ziel also erreicht. Doch die Figur, die er im gehässigen Konflikt zwischen CEO Tidjane Thiam und Starbanker Khan machte, war in den Augen mancher Beobachter nicht nur schwach, sondern auch inakzeptabel.

Doyen in Rage

Zu diesen Beobachtern zählt Rainer E. Gut, der Ehrenpräsident der CS. Wie Personen aus dem Umfeld des 87-Jährigen gegenüber finews.ch erklären, hat Rohner nach den jüngsten Ereignissen das Vertrauen des Doyens der traditionsreichsten Schweizer Bank verloren.

«Gut wirkt daraufhin, dass Rohner noch vor dem Jahr 2021 sein Präsidentenamt abgeben wird», sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person. Rohners Amtszeit ist faktisch bis 2021 beschränkt.

Zugeschaut und den CEO übergangen

Gut wirft Rohner offenbar vor, dem Konflikt zwischen Thiam und Khan zu lange passiv zugeschaut zu haben. Anschliessend habe Rohner nicht vermittelt, sondern Khan den Übergang zum Konkurrenten UBS massiv erleichtert und damit den CEO übergangen.

Es ist nicht zu unterschätzen, wenn sich Gut, der seit dem Jahr 2000 Ehrenpräsident der CS ist, wieder in die Interna der CS einmischt. Für sein Alter ist der ehemalige Banker noch ausserordentlich rüstig. Als eine der wichtigsten Figuren nicht nur der CS des späteren 20. Jahrhunderts, sondern auch der Schweizer Wirtschaft, stützt er sich auf ein beeindruckendes Beziehungsnetz und bringt seine Interessen ein.

Gut Thiam 529

Bestens in Erinnerung ist auch die überraschende Aufwartung Guts im Frühjahr 2015 an der Pressekonferenz in Zürich, an der Thiam als neuer CS-Chef den Medien vorgestellt wurde – durch Rohner notabene. Schon damals war eine grosse Bewunderung füreinander spürbar (Bild oben).

Die Personalie Alexander Gut

Erwähnenswert im aktuellen Kontext ist auch die Personalie von Alexander Gut (Bild unten), der 2016 eher überraschend für den CS-Verwaltungsrat nominiert und an der anschliessenden Generalversammlung problemlos in das Aufsichtsgremium gewählt wurde.

Alex Gut 5291

Zugegeben, der damals 53-jährige Gut war kein unbeschriebenes Blatt gewesen: Er sass bereits in den Verwaltungsräten der Schweizer Konzerne Adecco sowie Lafarge Holcim, und bei den Beratungsunternehmen KPMG und EY hatte er als Bankrevisor und Berater gearbeitet. Die Wahl in den CS-Verwaltungsrat dürfte ihm sein Vater, Rainer E. Gut, jedoch sicher nicht zusätzlich erschwert haben – und nun wirkt der CS-Ehrenpräsident auf eine Ablösung Rohners hin. 

Als potenzieller Kandidat im Aufbau

Ulrich Koerner 529

Dass intensive Bestrebungen für eine Wachablösung bereits im Gang sind, zeigt unter anderem auch die Personalie von Ulrich Körner (Bild oben). Der kürzlich als Chef im UBS Asset Management ausgeschiedene und frühere Finanzchef und Chief Operating Officer der CS wird seit einigen Wochen – auch via Medien – gezielt als potenzieller Verwaltungsrat und letztlich auch als CS-Präsident aufgebaut.

Von entsprechenden Plänen hat finews.ch zuerst berichtet und dabei auch den Palmarès Körners als Manager ausgeleuchtet, der bei beiden Schweizer Grossbanken Mitglied der Konzernleitung war. Der gebürtige Deutsche würde tatsächlich die sachlichen Anforderungskriterien für den Job erfüllen, zumal er von Aussen in die CS eintreten würde und seit Jahren auch hierzulande eingebürgert ist – offenbar beides Bedingungen für dieses Amt.

Ironie der Geschichte

Doch der grosse Konkurrent in der Nachfolge Rohners ist gemäss CS-internen Informationen ausgerechnet Alexander Gut. Er werde sukzessiv auf das Amt des Präsidenten vorbereitet, behaupten diese Quellen. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Rainer Gut ausgerechnet nach dem Chiasso-Skandal von 1977 das Zepter innerhalb der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt (SKA, heute Credit Suisse) übernahm; und auch damals steckte die Bank in einer epochalen Krise, aus der sie dank Guts beherztem Einsatz herausfand. 

Allerdings ist Vater Rainer Gut viel zu klug, als dass er seinen Sohn dafür benutzen würde, Rohners frühzeitigen Abgang zu erwirken. Denn die Vorstellung, dass Alexander Gut das Erbe seines Vaters, der insgesamt 17 Jahre lang CS-Präsident war, antreten könnte, stösst bei vielen CS-nahen Personen auf Kritik und Ablehnung.

Einer wie Alex Krauer

Die CS müsse einen Neuanfang mit einem unbelasteten Präsidenten wagen, finden diese Leute. Ihnen schwebt in der Gemengelage eine Figur wie Alex Krauer vor, der 1998 bei der UBS nach dem LTCM-Skandal und dem damit verbundenen Rücktritt von Mathis Cabiallavetta das Präsidium übernahm und die Glaubwürdigkeit der frisch fusionierten Grossbank wieder herstellte.

Klar ist, dass innerhalb der CS nun Fliehkräfte wirken, die sowohl den CEO als auch den Präsidenten aus dem Amt heben könnten. Zumindest um Rohners Nachfolge ist bereits ein Powerplay verschiedener Parteien und Interessengruppen im Gang, bei dem Rainer E. Gut sein Gewicht in die Waagschale werfen will.

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