Der Supertanker UBS stampft ungerührt durch die Corona-Wellen. CEO Sergio Ermotti wird seinem Nachfolger Ralph Hamers ein grundsolides Institut übergeben. Langweiligkeit zahlt sich nun aus. 

Die unterschiedlichen Marktreaktionen auf die Halbjahresergebnisse von Julius Bär am Montag und der UBS am Dienstag sprechen eine klare Sprache: Die Aktie von Julius Bär verlor am Montag klar, obwohl die Zürcher Privatbank ein Rekordergebnis mit hohen Transaktionserträgen präsentiert hatte. Die UBS-Aktie dagegen befand sich am Dienstag nach der Veröffentlichung eines eher unspektakulären Ergebnisses mit leichtem Gewinnrückgang deutlich im Plus.

Wie sich der Supertanker UBS in der laufenden Covid-19-Krise schlägt, und wie dies vom Markt wahrgenommen wird, dürfte für den bald ausscheidenden CEO Sergio Ermotti eine grosse Genugtuung sein. Seine ihm immer wieder vorgehaltene Risikoscheue heimst nun Lob ein.

Sergio Ermotti musste viel einstecken

Die UBS-Aktie gehört trotz einer negativen Performance von 5 Prozent zu den solidesten Werten im Bankensektor im laufenden Jahr. Der CDS-Spread, der das Ausfallrisiko einer Bank spiegelt, zeigte in den heftigsten Marktturbulenzen nur geringe Ausschläge und ist nun einer der tiefsten im Sektor.

Ermotti musste in den letzten Jahren des Börsenbooms viel einstecken: Denn die UBS-Aktie performte nicht. Die UBS zahle den Preis für ihre Langweiligkeit als grundsolider und stabiler Vermögensverwalter, wurde dem Tessiner auch von finews.ch vorgeworfen, der partout nicht bereit schien, für kurzfristigen Profit höhere Risiken einzugehen.

Wenig Fokus auf Produkte

Auch hier zeigt sich ein Unterschied zu Julius Bär: Die Privatbank bolzte im ersten Halbjahr 2020 im Finanzprodukte-Geschäft und animierte die Kunden zum Handeln. Die UBS war hier deutlich zurückhaltender. Ausser in der Region Asien-Pazifik, wo die Klientel per so risikofreudiger ist, stiegen die Erträge auf Transaktions-Gebühren nicht massiv an.

Der Fokus im Wealth Management der UBS liegt offenbar stärker auf Vermögensverwaltungs-Mandaten und Beratungsdienstleistungen als auf dem Verkauf von Produkten. Dafür flossen der Grossbank weiterhin anständig Kundengelder zu. Im gesamten ersten Halbjahr waren es 27 Milliarden Dollar – davon 9 Milliarden im zweiten Quartal.

Starke Eigenkapitaldecke

Das scheint für einen Supertanker wie die UBS mit ihren über 2,3 Billionen Dollar Assets under Management nicht viel; ein Wachstum von etwas über 1 Prozent. Doch immerhin zeigt sich, dass punkto Kontoeröffnung und Geldannahme die digitalen Kanäle – hier ist in erster Linie die UBS Welcome App zu nennen – funktionieren; direkter Kundenkontakt hatte in den letzten Monaten Seltenheitswert.

Was das Neugeld derzeit bei der UBS anzieht, dürfte zu einem guten Teil auch CEO Ermottis Verdienst sein: Die grösste Schweizer Bank weist per Ende erstes Halbjahr eine Eigenkapitalquote von 13,3 Prozent aus. Die Liquiditätsdeckungs-Quote liegt bei 155 Prozent und damit nochmals deutlich höher als nach dem ersten Quartal 2020.

Kunde und Bank rücken näher aneinander

Das zeigt, das Ermotti weiterhin extrem diszipliniert die Risiken der Bank managt. Von seinem designierten Nachfolger Ralph Hamers wird erwartet, dass er den Supertanker UBS agiler und wendiger macht – ein Ziel, dass sich auch Wealth-Management-Co-Chef Iqbal Khan gesetzt hat.

Khan hat bei der UBS nicht vor, die Kundenbücher mit mehr riskanten Anlagen zu füllen. Vielmehr will er – vereinfacht gesagt – die verschiedensten Dienstleistungen der Bank aus ihren drei Divisionen Wealth Management, Asset Management und Investmentbank für die vermögende Privatkundschaft schneller zugänglich machen.

Strukturen aufbrechen

Erste Ergebnisse dieser Bestrebungen sind sichtbar: Das Global Family Office, die neue Einheit für die vermögendsten Privatkunden von Josef «Joe« Stadler, erzielte im zweiten Quartal ein Ertragswachstum von 22 Prozent, wobei die Partnerschaft mit der Investment Bank 34 Millionen an zusätzlichen Erträgen brachte.

Das ist noch nicht die Welt – doch ein Beleg dafür, dass die UBS bei aller Risikoaversion ihres Chefs Ermotti einiges an Handlungsspielraum und Bewegungsfreiheit bieten kann, wenn an fest gefahrenen und hierarchischen Strukturen gerüttelt wird, wie das Khan und sein Co-Chef Tom Naratil derzeit versuchen.

Übernimmt Hamers die Risikoscheu von Ermotti, was die Bilanz betrifft, und paart diese mit seinen erprobten Fähigkeiten, eine Organisation wie die UBS aufzubrechen und zu verändern, können Langweiligkeit bei gleichzeitiger Agilität zu einem neuen Markenzeichen der Grossbank werden.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.61%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.2%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.53%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.42%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.24%
pixel