Der Liechtensteiner Finanzplatz positioniert sich bewusst weltoffen. Davon zeugen die zahlreichen ausländischen Aktionäre dortiger Banken. Findet jetzt ein Umdenken statt im Fürstentum?

Am Ende liess sich der Untergang nicht mehr abwenden. Die Liechtensteiner Union Bank gab vergangenen Sommer die Lizenz zurück und ging in die Liqudation. Die Probleme hatten sich zuletzt gehäuft: Gegen das Institut ist im Fürstentum eine Strafuntersuchung hängig, und die Finanzmarktaufsicht (FMA) hatte ein Bewilligungsentzugs-Verfahren eingeleitet.

Für einen Befreiungsschlag hätte es das frische Geld eines Investors von aussen gebraucht – doch ein vom Management vorgeschlagener neuer Aktionär aus China war der Aufsicht nicht genehm. Damit war das Schicksal der kleinen Handelsbank besiegelt.

Chinesen auf dem Vormarsch

Für Kenner des liechtensteinischen Finanzplatzes ein Indiz mehr, dass im «Ländle» ein Umdenken gegenüber der bislang zelebrierten Weltoffenheit eingesetzt hat. Generell sei festzustellen, dass der Enthusiasmus gegenüber aussereuropäischen Bankaktionären abgenommen habe, sagt eine Quelle im Vertrauen.

Das Fürstentum, das am internationalen Standortwettbewerb teilnimmt und Zuzügern dank der EWR-Mitgliedschaft ungehinderten Zugang zum europäischen Markt verspricht, erlebte in den letzten Jahren einen Run auf sein Banking. 2016 ging die Valartis Bank Liechtenstein an die Citychamp Watch and Jewellery Gruppe in Hongkong und wurde 2017 in Bendura umgetauft. Anfang 2018 akquirierte die chinesische Mason Gruppe die Raiffeisen Privatbank Liechtenstein. Und Ende 2019 sah es ganz danach aus, als würde die Bank Frick von der südafrikanischen Zahlungsspezialistin Net1 übernommen.

Auch die Union Bank und die Bank Alpinum zählen Investoren mit Wurzeln ausserhalb von Liechtenstein zu ihrem Aktionariat.

Verärgerung im Fürstentum

Doch seit einigen Monaten häufen sich die Schlagzeilen vonseiten jener Institute. Die Probleme sind zuweilen hausgemacht und haben nicht direkt mit dem ausländischen Aktionariat zu tun. Am kleinen Finanzplatz, wo jeder jeden kennt und einige wenige Unternehmerfamilien den Ton angeben, schweigt man lieber darüber.

Nicht so Mario Frick, Präsident der Bank Frick. Mit finews.ch sprach er unlängst offen über die geplatzte Übernahme durch Net1, die zumindest aufseiten der Liechtensteiner für einige Verärgerung sorgte. Gemeinsam mit seinem Institut hatten die Südafrikaner eine Expansion ins europäische Payment-Geschäft geplant. Bei einer Net1-Tochter kamen dann aber die Vorarbeiten nicht voran, was letztlich zur Beerdigung des hoffnungsvollen Unterfangens führte.

Präsident Frick sucht nun nach einem neuen strategischen Investor.

«Die Anforderungen sind hoch»

Intensiv nach Investoren geforscht hatte auch Wolfram Kuoni, Präsident der in Liquidation stehenden Union Bank. Namen werden keine genannt – aber es ist ein offenes Geheimnis, dass sich die weltgrösste Kryptobörse Binance fürs Institut interessierte. Doch die chinesische Finanzfirma vermochte den Anforderungen der FMA offenbar nicht zu genügen. «Es liegt im Ermessen des Regulators, ob er seine Forderungen erfüllt sieht. Möglicherweise hat es am Ende auch am politischen Willen gefehlt», kommentierte Kuoni letzten August gegenüber finews.ch.

Bei der Aufsicht stellt ein Sprecher fest, dass seit etwa 2015 ein Trend zur Internationalisierung des Finanzplatzes Liechtenstein bestehe. Von einer einsetzenden Ernüchterung will er aber nichts bemerkt haben: «Dass die FMA ausländische Investoren oder Banken mit ausländischem Aktionariat strenger beurteilen würde, können wir überhaupt nicht bestätigen.»

Die Beurteilung eines Aktionärs erfolge nach den gesetzlichen Kriterien im Bankengesetz und der Bankenverordnung. Inländische und ausländische Investoren werden nach denselben gesetzlichen Grundlagen beurteilt. Und: «Die gesetzlichen Anforderungen an qualifizierte Beteiligte sind hoch.»

Am gleichen Strang

Derweil ist von Bankern im Fürstentum zu hören, dass die einheimischen Finanzexperten seither den Kontakt mit den Aktionären aus dem Ausland nicht nur als einfach empfänden. «Es mangelt zuweilen an grundlegenden Kenntnissen, wie das Geschäft hier funktioniert», sagt einer.

Bei der Bendura Bank hingegen fragt sich, ob nicht eher der Eigner aus Hongkong Grund zum Verdruss hätte. Die Einkünfte der Bank sind unter Druck, und gegen den früheren CEO Andreas Insam hat ein ehemaliger Geschäftspartner vergangenen August eine Zivilklage eingereicht. Die interne Aufarbeitung des Falls hatte bei Bendura einen «beschleunigten Generationenwechsel» zur Folge, wie der neue Chef Peter Krenn auf Anfrage mitteilte. Die Bendura Bank stehe im transparenten und kooperativen Austausch mit den zuständigen Behörden. Der Finanzblog «Inside Paradeplatz» berichtete zuerst über den Fall.

Rollende Regulierungswelle

Der Eigentümer habe bezüglich der Ermittlungen von Anfang an am selben Strang gezogen. Auch was das operative Geschäft anbelangt, stehe die chinesische Eignern zum Institut, so Krenn weiter. «Citychamp Watch & Jewellery Group setzt unverändert stark auf Wachstum.» Der starke Fokus auf den Ausbau der Kernmärkte werde vor allem durch die Repräsentanz in Hongkong weiter begünstigt.

Bis auf Weiteres werden sich die Eigner und Manager der Liechtensteiner Banken sowieso zusammenraufen müssen. Denn mit der Coronakrise ist das Geschäft nochmals unberechenbarer geworden. Die Anforderungen der Aufsicht nehmen derweil nicht ab, wie die FMA bestätigte. «Unsere Aufsichtswahrnehmung richtet sich nach den gesetzlichen Grundlagen. In den letzten zehn Jahren haben sich die gesetzlichen Grundlagen mit der Regulierungswelle stark verändert, womit die Aufgabenbereiche der Aufsicht erweitert und die Kompetenzen der Aufsichtsbehörden gestärkt worden sind.»

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