Seit Philipp Rickenbacher bei Julius Bär das Ruder übernommen hat, versucht er die Bank auf nachhaltiges Wachstum zu trimmen. Nach dem Handels-Boom der letzten Monate wird 2021 zum Jahr der Bewährung.

Philipp Rickenbacher ist CEO von Julius Bär geworden, um die Privatbank zu transformieren. Das ist ein Balanceakt. Julius Bär ist eine Privatbank der eher alten Schule: Die Kundenberater geniessen Macht und Freiheiten, das Kundenbuch ist erst von den gröbsten Risiken bereinigt, und die Bank muss einen technologischen Rückstand aufholen.

Vor genau einem Jahr hatte Rickenbacher eine neue Strategie und einen dreijährigen Fahrplan präsentiert. Kernbotschaften waren: Fokus auf profitables Wachstum anstatt auf Neugeld, und ein Kulturwandel innerhalb der Bank. Im Strauss der Massnahmen stach ein neues Vergütungssystem für Kundenberater hervor.

Ausserordentliches Jahr

Die am Montag vorgelegten Resultate schienen Bär-CEO Rickenbacher bei der Präsentation der Zahlen und erreichten «Milestones» zu beflügeln. Julius Bär habe hervorragende Leistungen in einem ausserordentlichen Jahr erbracht.

Tatsächlich gibt ihm der Zahlenkranz auch im Spiegel der neuen Strategie recht. Julius Bär wuchs profitabel, verbesserte die Bruttomarge um um 6 auf 88 Basispunkte. Hinzu kommt ein mit 66,4 Prozent um 4,7 Prozentpunkte tieferes und damit besseres Kosten-Ertrags-Verhältnis (CIR).

Zuversicht zeigt sich im Aktienrückkaufprogramm

Das Ziel, die Ertragsbasis innert drei Jahren um 150 Millionen Franken zu stärken, sei zur Hälfte erreicht, so Rickenbacher weiter. Beim Kostenspar-Programm von 200 Millionen Franken sei man auf Kurs.

Die Zuversicht bei Julius Bär äussert sich in einem um 50 Prozent erhöhten Aktienrückkaufprogramm von 450 Millionen Franken und einer deutlich verbesserten Dividende auf 1,75 Franken pro Aktie.

Doch der genauere Blick auf die Zahlen verrät den erwähnten Balanceakt.

Handels-Boom und Zinsertragrückgang kompensieren

Denn die Stärkung der Ertragslage geht in erster Linie auf den massiven Boom im Handel mit Finanzprodukten zurück, der fast 1 Milliarde Franken an Erträgen generiert hat. Dieser Boom dürfte sich 2021 kaum wiederholen – die Erträge müssen aus anderen Quellen kommen.

Das Zinsgeschäft wird hier nicht herhalten können. Dessen Erträge brachen um einen Fünftel ein. Also müssen es 2021 die Gebühren auf Kundenkonti und -transaktionen richten. Doch hier hat Rickenbacher das Problem, dass die Bär-Kunden in der grossen Mehrheit nur Advisory-Mandate haben, nicht diskretionäre Vermögensverwaltungs-Mandate.

2020 stiegen die Erträge im wichtigsten Pfeiler nur um knapp 5 Prozent. Um hier eine 2021 eine deutliche Verbesserung zu erreichen, muss Julius Bär den «Share of Wallet» der einzelnen Kunden deutlich erhöhen. Die Vorgabe für dieses Geschäftsjahr ist eine Ertragssteigerung von 70 Millionen Franken.

Kundenberater müssen gehen

Der Balanceakt äussert sich sich im Kostensenkungsprogramm: Julius Bär baute 2020 netto nur 39 Vollzeitstellen ab. Im laufenden Jahr würden weltweit 280 Jobs gestrichen – doch werde die Bank auch weiterhin rekrutieren. Der Stellenabbau betrifft in erster Linie sogenannte «Frontleute», also Kundenberater und ihre Teams, die entweder nicht mehr zur Julius-Bär-Kultur passen oder nicht genügend performen.

Kundenberater zu entlassen, ist immer heikel, da mit ihnen oftmals auch die Kundengelder gehen. Rickenbacher sagte dazu, die Abflüsse hätten sich 2020 in Grenzen gehalten. Massnahmen, die Kunden zu behalten, hätten gegriffen.

Gebührenerlass für Kunden?

Solche Massnahmen bestehen unter anderem darin, den Kunden während einer gewissen Zeit Gebühren zu erlassen. Zur nachhaltigen Stärkung der Ertragslage dienen sie jedenfalls nicht; auch dies dürfte 2021 einen dämpfenden Effekt haben.

Das neue Vergütungsprogramm für Kundenberater ist ebenfalls ein Risiko für Rickenbacher. 60 Prozent hätten die entsprechende Vereinbarung unterschrieben, so der Bär-CEO. Doch sehe man sich hier im Plan.

Altlasten werden nur langsam weniger

Der Balanceakt ist auch darum so wacklig, weil Rickenbacher einen Haufen Altlasten übernommen hat. Schon das Ergebnis im Geschäftsjahr 2019 hatte darunter massiv gelitten. 2020 waren es erneut über 260 Millionen Franken, die Julius Bär unter Verlusten buchen musste: Eine Rückstellung für die Fifa-Busse sowie einen Abschreiber auf der Kairos-Beteiligung.

Rechtsrisiken trägt Julius Bär weiterhin mit sich herum. Da sind eine Klageforderung eines Liquidators einer Bank in Litauen über 335 Millionen Euro plus Zins, ein Betreibungsbegehren eines Bär-Kunden über 91 Millionen Franken, eine Klage über 29 Millionen Franken im Zusammenhang mit der 2021 erfolgten Übernahme der Bank of China (Suisse). Zudem ist Julius Bär weiterhin in Rechtsstreitigkeiten wegen des Madoff-Betrugsfalles verwickelt.

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