Auch in der Schweiz hatten die Banken in den vergangenen Monaten einen guten Lauf – und das Offshore-Zentrum zog Vermögen an. Doch nun steht die Branche vor epochalen Entscheidungen, mahnt eine neue Studie des renommierten Beratungsunternehmens McKinsey, die finews.ch vorliegt.

Es ist wieder soweit: Auch dieses Jahr durchleuchtet das Beratungsunternehmen McKinsey in seiner «Global Banking Annual Review» den Zustand der Branche seinem Röntgenblick. Zwar nimmt sich die Situation im Urteil der Berater insgesamt erfreulich aus; die Banken stehen jedoch mit Blick nach vorn vor wichtigen und richtungsweisenden Entscheidungen, mahnen sie.

Die Studie, die finews.ch vorliegt, nimmt die guten Nachrichten vorneweg. So rechnen die McKinsey-Experten für 2023 mit einer durchschnittlichen Eigenkapital-Rendite der Banken von 13 Prozent, verglichen mit 12 Prozent im Vorjahr und 9 Prozent im Jahr 2010. Die Gewinne dürften auf 1,4 Billionen Dollar anschwellen, nach 1,3 Billionen Dollar 2022.

Das beste Zeitfenster seit 2007

Die Finanzdienstleister haben 2022 Erträge in Höhe von insgesamt 6,8 Billionen Dollar verzeichnet, heisst es weiter. Zusätzlich wurde im letzten Jahr weiterhin auf die Kosten geachtet, was zusammen mit den höheren Erträgen zur Senkung des Aufwand-Ertrags-Verhältnisses (Cost-Income-Ratio, CIR) um 7 Prozentpunkte führte.

Das ist eine Ausnahmesituation, wie die «Mackies» betonen. «Für das weltweite Bankwesen waren die letzten 18 Monate das wohl beste Zeitfenster seit 2007, da im derzeitigen Kreditumfeld mitsamt höherer Nettozinsspanne insgesamt steigende Gewinne verzeichnet werden konnten.»

Grösstes Zentrum für Offshore-Vermögen

Positives wissen sie auch zu den heimischen Akteuren zu berichten. «Die Schweiz ist bisher immer noch weltweit das grösste Zentrum für Offshore-Vermögen», sagte McKinsey-Partner Christian Zahn (Bild unten) gegenüber finews.ch. «Das verwaltete veranlagte Vermögen im Private Banking wies ein Volumen 2'930 Milliarden Dollar auf sowie eine fortgesetzte Wachstumsquote von 3 Prozent.»

Und das Geld fliesst in erster Linie aus Gründen der Stabilität und nicht aus steuerlichen oder anderen Gründen ins Land, sagte der Zuständige für die Swiss Banking & Insurance Practice und Co-Leiter der europäischen Wealth & Asset Management Practice bei der Beratungsfirma. Die Schweizer Banken profitierten weiterhin von gebührenlastigen Geschäftsmodellen, wie Asset Management und Wealth Management.

Zahn 500

(Bild: McKinsey)

«Aufgrund struktureller Unterschiede weist der Schweizer Finanzplatz im Vergleich zu vielen anderen europäischen Märkten höhere Margen auf. Ein starkes Heimatgeschäft ist essenziell, um auf internationaler Ebene profitabel zu sein», betonte Zahn weiter.

Selbstverwaltung – oder personalisierte Beratung

Er rechnet nun aber damit, dass sich bei den Finanzinstituten die Schere öffnet. So stünden die Banken vor der Frage, ob sie sich auf die Seite des Geschäfts konzentrieren wollen, bei der die Kunden ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen, oder ob sie sich auf die personalisierte Beratung in Verbindung mit einem digitalen Kanal spezialisieren wollen.

Das bedeute hohe Investitionen in Technologie. «Nur wenige Marktteilnehmer werden in der Lage sein, beide Richtungen entsprechend stark zu entwickeln», sagt Zahn. Gleichzeitig wird sich die Verlagerung von Bilanzvolumen, Transaktionsgeschäft und Zahlungsverkehr von klassischen Banken zu neuen Marktteilnehmern fortsetzen.

Früh Aufstehen lohnt sich

«Es ist klar, dass bei der personalisierten Beratung nicht nur die Gewinnspannen liegen, sondern auch, dass Big-Tech und Fintech es immer schwer haben werden, hier Fuss zu fassen», so Zahn.

Seiner Ansicht nach ist damit das Disruptions-Potenzial von innen heraus am grössten. «Die ersten Banken, die das richtig hinbekommen, werden einen Riesengewinn einfahren.»

«Grüne Transformation» als Herausforderung und Chance

Ausserdem rechnet McKinsey für die Schweiz bis ins Jahr 2050 mit einem Finanzierungsbedarf durch die so genannte grüne Transformation von 700 bis 800 Milliarden Franken, etwa für Finanzierungen in den Bereichen Transport, Gebäude und Energiebereitstellung.

«Finanzinstitute müssen sich für die enorme vor ihnen liegende Aufgabe wappnen. Denn der nachhaltige Wandel der Wirtschaft kann nur gelingen, wenn Banken die dafür unerlässliche Finanzierung und Finanzinfrastruktur bereitstellen können», mahnt Zahn. Ihre Aufgabe sieht er in der Intermediation zwischen produktiven, «grünen» Investments von Unternehmen, respektive zwischen Privatkunden und Investoren.


Mitarbeit: Jade Cano

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