Das magische Dreieck des Stefan Bollinger
Das Strategie-Update des neuen Julius-Bär-CEO Stefan Bollinger war mit Spannung erwartet worden. Am Aktienkurs lässt sich ablesen, dass nicht alle Erwartungen der Investoren bei den Zielsetzungen erfüllt wurden.
Erst seit knapp sechs Monaten steht Stefan Bollinger als CEO an der Spitze von Julius Bär. Nach den ersten organisatorischen Änderungen, wie zum Beispiel der Verkleinerung der Geschäftsleitung und der Neuordnung der Regionen und Geschäftsbereiche, soll nun eine neue Strategie dabei helfen, das Potenzial der Vermögensverwaltungs-Bank freizusetzen.
An der Vorstellung der Strategie, die am Dienstag vor Investoren in London präsentiert wurde, verwies Bollinger auf die «Performance-Herausforderungen», denen Julius Bär seit 2022 gegenüberstand. So hätten die Kreditvorfälle (Signa/René Benko) den Ruf der Bank beeinträchtigt und die Aufmerksamkeit der Geschäftsleitung über die Massen hinweg in Anspruch genommen. Zudem sei das Wachstum beim Nettoneugeld unterdurchschnittlich gewesen und das operative Ergebnis habe stagniert, bei gleichzeitig steigenden Kosten.
Als Gegenmittel für diese Entwicklung will sich der CEO nun auf Wachstum, Kosten und Risikomanagement konzentrieren.
Die drei Faktoren, die zu mehr Gewinn führen sollen: Risiken, Kosten und Wachstum. (Bild: zVg)
Bollinger setzt dabei auf mehrere Hebel, um diese drei Eckpunkte wieder in ein besseres Gleichgewicht zu bringen und damit die Bank zurück zu profitablem Wachstum zu führen. Dazu zählen etwa eine Schärfung der Segmentierung zwischen den beiden Kundengruppen vermögende (High-Net-Worth Individuals, HNWI) und sehr vermögende (Ultra-High-Net-Worth Individuals, UHNWI). Die Bank verfüge über einen hervorragenden Kundenstamm und ein breites Angebotsspektrum. Jedoch gebe es eine zu geringe Marktdurchdringung bei wichtigen Produkten und Lösungen. So plant Bollinger etwa die Schaffung eines UHNW Competence Centre und neue digitale Tools für die Dienstleistungen der Bank.
Neue Einheit geschaffen
Um das umzusetzen, wurde die neue Einheit Digital Business Transformation geschaffen und ein IT-Infrastrukturprojekt in der Schweiz gestartet. Damit soll eine skalierbare, harmonisierte Infrastruktur geschaffen werden.
Der regionale Fussabdruck von Julius Bär sei attraktiv, so seine Einschätzung. Aber auch bei der internationalen Ausrichtung will der neue Chef eine Schärfung vornehmen. Mit dem Rückzug aus Brasilien und der Präsenz in Italien sei ein erster Schritt gemacht.
Erfahrene RMs «aktivieren»
Bei der Zahl der Relationship Manager (RM) soll die Tendenz in der Strategieperiode nach oben weisen. Genannt wird eine Zahl von 150 zusätzlichen RMs, verglichen zum aktuellen Stand von 1’225. Bei der Einstellung erfahrener externer RMs habe man eine hervorragende Erfolgsbilanz. Der Beitrag der angestammten Kundenberaterinnen und -berater bei der Nettoneugeld-Gewinnung wird jedoch als «unzureichend» bezeichnet. Bollinger gibt dabei als Marschrichtung aus, die erfahrenen RMs «aktivieren» zu wollen.
Auch die Kultur soll sich ändern. Neben der Leistung soll auch die «Ownership», also die Übernahme von Verantwortung, auf allen Ebenen eine grössere Rolle spielen. Dazu gehöre auch ein «ausbalanciertes» Entlöhnungssystem, bei dem auch Folge-Risiken einen Faktor sein werden. «Die Relationship Manager sollen gutes Geschäft bringen, nicht irgendein Geschäft», betont der CEO.
Vorderste Verteidigungslinie
Ein zentraler Punkt in der neuen Bär-Strategie ist das Thema Risiko und Compliance. Die Prozesse und Verantwortlichkeiten in der gesamten Organisation sollen gestärkt werden. Das wird die Aufgabe von Ivan Ivanic sein, der ab Juli als neuer Chief Risk Officer übernehmen wird. Auch hier spielt der angestrebte Kulturwandel eine Rolle. Die Mitarbeitenden seien bei Risiko und Compliance die forderste Verteidigungslinie.
Das Thema Finma-Untersuchung wollte der CEO nicht näher kommentieren. «Wir haben einen sehr konstruktiven Dialog mit der Finma und kooperieren vollständig», sagte er dazu.
Bollinger will wieder auf die Stärke der Marke setzen und sich auf deren DNA konzentrieren. «Es ist wieder ein Wettbewerbsvorteil, eine Schweizer Bank zu sein. Das war in den vergangenen Jahren nicht immer der Fall», betonte Bollinger. Die Bank will sich als ein starker Arbeitgeber präsentieren und bei den Mitarbeitenden ein neues Selbstbewusstsein wecken. «Proud to be Bear», soll das Motto lauten.
Die präsentierten Ziele für die Periode 2026 bis 2028 wurden am Markt verhalten aufgenommen. Ein Faktor dürfte dabei sein, dass auf ein neues Aktienrückkaufprogramm vorerst verzichtet wird.
Die Bär-Aktien notieren am Dienstagmittag 1 Prozent tiefer auf 53.44 Franken.