Auch Gold ist zuletzt unter die Räder gekommen. Doch die Liechtensteiner Goldexperten von Incrementum bleiben zuversichtlich für das gelbe Edelmetall. Wo sie den Unzenpreis bis im Jahr 2030 sehen. 

Ein Marktumfeld, in dem Aktien und Anleihen gleichzeitig fallen, begünstigt üblicherweise den Goldpreis. Doch nach dem fulminanten Start zu Jahresbeginn sind in den vergangenen Wochen auch die Notierungen des gelben Edelmetalls wieder zurückgekommen. Insbesondere höhere Zinsen und der feste Dollar sorgten zuletzt für Gegenwind beim gelben Metall.

«Im Vergleich zu allen anderen Anlageklassen hat Gold sich dieses Jahr aber wacker geschlagen», sagte Ronald-Peter Stöferle (Bild unten) vom Liechtensteiner Vermögensverwalter Incrementum an einer im Internet übertragenen Medienkonferenz. Zusammen mit Mitautor Mark J. Valek stellte er heute den neuen «In Gold we Trust Report» für 2022 vor.

Standardfibel für Goldanleger

Der jährlich erscheinende, diesmal rund 420 Seiten umfassende Bericht zählt in Anlegerkreisen zu den am meisten beachteten Goldstudien. Dieses Jahr steht die Publikation im Zeichen der weltweit hohen Inflationsraten und Wachstumssorgen; bezeichnenderweise trägt sie den Titel «Stagflation 2.0».

Schon im Herbst 2020 hatten die beiden Autoren gewarnt, dass die Inflationsrisiken unterschätzt würden. Nun sei die Teuerung da – und sie sei gekommen, um zu bleiben. Das stagflationäre Umfeld werde noch länger anhalten, befanden die beiden Autoren.

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(Bild: Screenshot Medienkonferenz)

Schwierige Zeiten für klassische Portfolios

«Aus Anlegersicht sind Stagflations-Phasen sehr herausfordernd», warnte Stöferle. Ein klassisches Portfolio, das sich zu 60 Prozent aus Aktien und zu 40 Prozent aus Anleihen zusammensetzt, habe in einem Umfeld, in dem Aktien fallen und Anleihenrenditen anziehen, Mühe. Daher brauche es einen weiteren Diversifikationsfaktor. «In solchen Phasen hat Gold meistens kräftig zugelegt», zeigte sich Stöferle für die Aussichten des gelben Edelmetalls zuversichtlich.

Den Incrementum-Mangern zufolge gab es in den letzten 90 Jahren lediglich vier Jahre, in denen US-Aktien und Anleihen im gleichen Jahr eine negative Jahresperformance aufwiesen. Aktuell deute alles darauf hin, dass 2022 das fünfte Jahr werden könnte.

«Tauben im Falkengewand»

«Die Geldpolitik steht mit dem Rücken zur Wand», konstatierte derweil Valek. Die Zentralbanken werden die angekündigte Straffung ohne grosse Kollateralschaden nicht umsetzen können, sind die beiden Incrementum-Manager überzeugt. Ansonsten drohe die «Everything Bubble» der letzten Jahre in einem «Everything Crash» zu enden.

Die US-Notenbank Fed werde daher ihren Zinskurs kaum so aggressiv fortsetzen können, wie sie es angekündigt hat. «Die meisten Falken werden sich bei grösseren Verwerfungen an den Finanzmärkten bloss als Tauben im Falkengewand entpuppen», meinte Valek unter anderem. Höhere US-Zinsen treiben in den Regel den Wert des Dollar in die Höhe, was den Goldpreis belastet.

Auf Kurs zum Allzeithoch

Kurzfristig rechnen Stöferle und Valek zwar mit weiterem Gegenwind für das gelbe Edelmetall. Am langfristigen Kursziel von 4'800 Dollar bis 2030 halten sie aber fest. Für Ende Jahr geben sie als Zwischenziel einen Goldpreis von rund 2'190 Dollar aus. Das wäre bereits ein neues Allzeithoch.