Exchange Trade Funds, oder kurz ETF, machten es einfach, Portfolios anzupassen und abzusichern sowie Risiken zu managen, sagt Ed Gordon. Zudem funktioniere die Preisfindung oft besser als bei einzelnen Emissionen, denn ETFs könnten mehr Echtzeit-Informationen berücksichtigen, erklärt der Fachmann von Blackrock im Interview.

Herr Gordon, was führt einen Private Banker zum ETF- und Index-Investing-Geschäft?

Das Geschäft mit Exchange Traded Funds (ETF) hat sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt und ist stark gewachsen. Viele Kunden, die ich auch im Private Banking betreuen konnte, haben die Vorzüge von ETF erkannt. Sie sind kostengünstiger, transparent und liquide. Sie können ideal als Bausteine in einem Portfolio genützt werden.

Der Anteil an Indexanlagen in einem Wealth-Portfolio in Europa beträgt zurzeit im Durchschnitt etwa 20 Prozent. Die Marktdurchdringung von Indexanlagen wird in Europa weiter steigen – in den USA machten Indexanlagen bereits 40 Prozent aus.

Da zeigt sich der Wachstumspfad. Es ist spannend bei Blackrock, dem weltweit grössten Anbieter von ETF, diese Entwicklung mitverfolgen zu dürfen.

ETF sind ein Massengeschäft in dem hart um Marktanteile und Basispunkte bei der Marge gekämpft wird: Was macht den Reiz für Sie aus?

Seit der Herausgabe des ersten ETF vor bald 40 Jahren hat sich enorm viel getan. Das Wachstum findet sowohl in der Breite statt, sprich was Anzahl und Art der Nutzer angeht, als auch in der Tiefe, also im Hinblick auf die Art und Weise, wie ETFs zum Einsatz kommen. So gibt es heutzutage unzählige Themen ETF. Ein Beispiel sind ETFs die sich auf erneuerbare Energien fokussieren.

Neue Produkte entstehen laufend. Zudem finde ich an den ETFs faszinierend, dass es sich um ein sehr demokratisches Instrument handelt. Auch Privat-Anleger, die nicht über ein grosses Vermögen verfügen, können sich ETF leisten und am Markt teilnehmen. Für den Retail-Anleger ist der Preis genau gleich wie für eine grosse Pensionskasse. Aber auch für Institutionelle ergeben sich immer mehr Anwendungsbereiche. So nutzen institutionelle Investoren ETFs zunehmend als Ersatz für Futures.

Futures sind vergleichsweise teuer geworden, weil sich Market-Maker zurückgezogen haben. Zudem nutzen vor allem Versicherer neben Aktienprodukten auch zunehmend Obligations-ETFs als Alternative zu Einzelemissionen, bei denen vor allem kleinere Adressen angesichts geringerer Liquidität mitunter nicht mehr zum Zuge kommen.

Performance oder Preis: Was ist für ETF-Investoren wichtiger?

Beides ist gleich wichtig. Es besteht keine Notwendigkeit, Qualität und Performance für Kosten zu opfern. Die Indexierung funktioniert für Fixed-Income-Wertpapiere und Aktien über alle Anlageklassen hinweg und dient einer immer breiteren Palette von Portfolionutzungsfällen – vom Kapitalerhalt bis zur Diversifizierung.

Aber es gibt noch andere wichtige Gründe: ETFs machen es einfach, Portfolios anzupassen und abzusichern sowie Risiken zu managen. Zudem funktioniert die Preisfindung vielfach besser als bei einzelnen Emissionen, denn ETFs können mehr Echtzeit-Informationen berücksichtigen. Dies sieht man beispielsweise daran, dass die ETF-Nettoinventarwerte (NAVs) mitunter von den Kursen der entsprechenden Einzelemissionen abweichen.

Dies ist Ausdruck einer besseren Preisfindung. Besonders gut sieht man das anhand von festverzinslichen Anleihen. Denn die meisten Bonds werden nicht täglich gehandelt. Daher nutzen viele Quellen Schätzpreise, die Ausweitungen in den Geld-Brief-Spannen nicht berücksichtigen – ETFs dagegen schon.

Was halten Sie von der ewig anhaltenden Diskussion um Vor- und Nachteile von passivem und aktivem Investieren?

Beide Varianten haben ihre Berechtigung. Aber es gibt ja nicht nur das Eine oder Andere. Beide Anlagestile lassen sich je nach Kundenpräferenz in einem Portfolio optimal ergänzen – und jede Investition ist schliesslich ein aktiver Entscheid. Sehr gut beobachten lässt sich das im festverzinslichen Bereich.

Bis jetzt machen Bond-ETFs gerade einmal 1 Prozent des globalen Marktes für festverzinsliche Wertpapiere in Höhe von 124 Billionen Dollar aus. In einer Studie, die wir kürzlich herausgegeben haben, prognostizieren wir ein Wachstum von rund 23 Prozent pro Jahr. Bis Ende 2030 dürften die Bond-ETFs ein Volumen von 5 Billionen Dollar oder einen Anteil von rund 5 Prozent erreichen.

Der wesentliche Grund für den Wachstumsschub sind die neuen Anwendungen für Bond-ETFs. Innovative, erweiterte Indexing-Strategien im Bondbereich als Alternative zu rein indexbasierten und semi-aktiven Strategien spielen eine immer wichtigere Rolle. Sie setzen auf ETF-Obligationen, um ihre Portfolios an veränderte Marktbedingungen anzupassen, einzelne Obligationen und Portfolios zu bewerten, Transaktionskosten zu senken, Liquidität zu verwalten und Risiken abzusichern.

Welches sind momentan die Hauptrichtungen in der weiteren Entwicklung von ETFs?

Anlagen mit ESG- (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) und Nachhaltigkeitsfokus verzeichnen ein starkes Wachstum. Was als vornehmlich auf Aktien ausgerichteter Trend begann, hat sich zudem sukzessive auf viele andere Anlageklassen ausgeweitet – weil technologisch immer mehr möglich ist und immer mehr Produkte auf den Markt kommen.

Insbesondere haben sich die Volumina nachhaltiger festverzinslicher Indexprodukte branchenweit seit 2018 jedes Jahr mehr als verdoppelt. Denn Anleger streben danach, ihre Portfolios nachhaltiger auszurichten. Sie schätzen den transparenten, standardisierten und regelbasierten Ansatz dieser festverzinslichen Index-Produkte.

Ein zweiter Schwerpunkt sind sicherlich thematische Investments, die gerade von Privatinvestoren zunehmend und auch von institutionellen Investoren sehr stark angenommen werden. Wir wollen Megatrends investierbar machen. Dazu haben wir jetzt in diesem Jahr bereits einen ETF auf den Markt gebracht und gedenken das auch in Zukunft zu tun, wenn wir die passenden Themen finden, die sich auch effizient und effektiv mit ETFs abbilden lassen.

Thema Sustainability: Lassen sich Investments, die einen positiven Nachhaltigkeits-Impact habe, passiv abbilden?

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Nachhaltigkeit in den Kern eines Portfolios zu integrieren: vom Ausschluss bestimmter Engagements bis hin zur Fokussierung auf Unternehmen, die führend beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft sind. Impact Investing können beispielsweise über sogenannte Greenbonds abgebildet werden.

Blackrock ist als ausländischer Asset Manager stark engagiert, die Schweizer Asset Management Industrie weiterzuentwickeln. Gehört dies zur Blackrock-Policy oder ist die Schweiz ein «Sonderfall»?

Nein, die Schweiz ist kein Sonderfall. Aber wir sind mit der Schweiz sehr verwurzelt. Blackrock ist seit über 25 Jahren in der Schweiz vertreten. Wir verfügen auch über eine Schweizer Fondsgesellschaft mit in der Schweiz domizilierten Fonds für institutionelle und private Anleger.

Unsere enge Verbundenheit mit dem Schweizer Finanzmarkt spiegelt sich unter anderem in unserer engen Zusammenarbeit innerhalb der Asset Management Association Switherland (AMAS) und Swiss Sustainable Finance (SFF) wider (zum Beispiel unsere Mitarbeit im AMAS-Vorstand). Und natürlich zeigt sich unser Bekenntnis zur Schweiz auch an den heute mehr als 120 Mitarbeitenden im Land.

Was macht die Schweiz für Sie persönlich zu einem «Sonderfall»?

Die Schweiz ist ein äusserst wettbewerbsfähiges und innovatives Land. Darüber hinaus ist sie fast ausnahmslos in zahlreichen Rankings für verschiedene Kategorien wie Lebensqualität, Bildung auf den vorderen Plätzen zu finden. Für mich und meine Familie ist die Schweiz einzigartig mit wunderschönen Landschaften und hoher Lebensqualität.

Zudem profitieren wir von der politischen und wirtschaftlichen Stabilität, der Innovationskultur und dem erstklassigen Bildungssystem: Das Schweizer Bildungssystem verbindet eine qualitativ hochstehende universitäre Ausbildung mit einer praxisorientierten Berufsbildung. Dieses duale System bietet beste Voraussetzungen für die Ausbildung von hoch qualifiziertem Personal.

Die Schweizer Wirtschaft zeichnet sich zudem durch ein liberales Umfeld, eine anhaltende Kaufkraft-Stabilität, eine niedrige Inflationsrate, geringe Kapitalkosten und ein sehr gutes Investitionsklima aus.

Die Infrastruktur der Schweiz ist effizient und umfassend. Dank dem dichten Netz an Strassen-, Schienen- und Flugverbindungen ist die Schweiz eng in die europäische Infrastruktur eingebunden.

Welche Ziele haben Sie noch – ausserhalb ihrer beruflichen Tätigkeit?

Ausserhalb meiner beruflichen Tätigkeit gehe ich diversen Hobbies nach. Sei dies Sport, Hobby-Bierbrauer, Harley-Motorradfahrer oder als ausgesprochener EVZ-Fan.

Über allem jedoch steht meine Familie. Ich verbringe einen Grossteil meiner Freizeit mit meiner Frau, meinen zwei Töchtern sowie unserem Hund Ocean.


Ed Gordon ist seit 2018 für Blackrock Schweiz tätig und leitet den Bereich iShares & Wealth. Der schweizerisch-britische Doppelbürger arbeitete zuvor während 15 Jahren bei der UBS im Wealth Management, unter anderem leitete er das Private Banking in Israel. Frühere Stationen während seiner Karriere, die auch Portfolio-Management und Private Equity umfasst, waren die Credit Suisse und Lombard Odier.

Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Asset Management Association Switzerland.

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