Katie Magee: «Die USA bleiben eine zentrale Wahl für Investoren»
Katie Magee, US-Equity-Spezialistin bei J.P. Morgan Asset Management, über Inflation, Marktrotationen und die Rolle von KI im Portfolio.
Frau Magee, die USA haben in den vergangenen Jahren starke Renditen geliefert. Was erwarten Sie für 2025?
Die vergangenen Jahre waren in der Tat ausgesprochen stark – die Konjunktur lief rund, die Märkte zeigten sich robust. Doch der jüngste Zollstreit hat für Verunsicherung gesorgt. Trotz der erhöhten Volatilität blicken wir für 2025 insgesamt zuversichtlich nach vorn. Die Bewertungen sind inzwischen wieder auf dem Niveau vom Jahresbeginn angekommen.
Wir haben unsere Erwartungen bezüglich Inflation leicht nach oben angepasst und gleichzeitig die Gewinnerwartungen etwas reduziert. Insgesamt rechnen wir mit einem moderaten Mass an Marktschwankungen. Eine verlässliche Prognose ist derzeit allerdings schwierig – zu viele Unsicherheitsfaktoren spielen mit.
Wird die Inflation weiterhin ein Thema bleiben?
Die Inflationsraten sind zwar deutlich von ihren Höchstständen zurückgekommen. Dennoch könnte die Inflation in den USA hartnäckig bleiben – insbesondere wegen der anhaltenden Handelskonflikte. Erste Unternehmen signalisieren bereits, dass sie steigende Kosten weitergeben müssen.
«Im Konsumsektor sehen wir derzeit besonders viele Chancen.»
Droht ein erneuter Inflationsanstieg?
Das ist schwer vorherzusagen. Doch sollten die Zölle weiter steigen, werden viele Unternehmen gezwungen sein, ihre Preise zu erhöhen. Alternativ könnten sie ihre Margen opfern – was nicht für alle eine nachhaltige Lösung ist.
Einige Investoren schichten derzeit Kapital von den USA nach Europa um. Erleben wir eine strategische Neuausrichtung?
Viele unserer Kunden haben zum Jahreswechsel Gewinne realisiert – insbesondere aus dem US-Markt – und diversifizieren nun stärker in Europa. Das ist aus Risikoperspektive durchaus sinnvoll. Dennoch sehen wir weiterhin ein solides Wachstum amerikanischer Unternehmen. Die meisten unserer Kunden halten deshalb am US-Exposure fest.
Also keine grundlegende Kapitalverlagerung?
Nein, ein struktureller Abzug aus dem US-Markt ist derzeit nicht erkennbar. Wir gehen davon aus, dass der Grossteil unserer Kundschaft auch künftig auf die USA setzen wird.
Welche Sektoren erscheinen Ihnen aktuell besonders attraktiv?
Wir verfolgen ein breites Spektrum an Strategien, aber im Konsumsektor sehen wir derzeit besonders viele Chancen – etwa im Bereich Gastronomie, Reisen oder Einzelhandel. Die Konsumenten legen zunehmend Wert auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Klassische Konsumgüter hingegen sind für uns momentan weniger spannend.
«Wir betrachten das Thema KI bewusst aus mehreren Blickwinkeln.»
Auch der Finanzsektor bietet interessante Opportunitäten – von großen Banken über Versicherer bis hin zu Vermögensverwaltern. Unsere Portfolios waren zuletzt etwas untergewichtet in klassischen Technologiewerten. Zwar glauben wir weiterhin an das langfristige Potenzial von Künstlicher Intelligenz, doch viele der KI-getriebenen Unternehmen haben in den letzten zwei bis drei Jahren bereits stark performt. In anderen Bereichen sehen wir derzeit attraktivere Einstiegsgelegenheiten.
Wie integrieren Sie langfristige Themen wie KI oder Energiewende in Ihre Strategien?
Unsere Aktienselektion basiert auf tiefgehender Bottom-up-Analyse. Dabei versuchen wir, die Geschäftsmodelle der Unternehmen im Detail zu verstehen – immer im Kontext der grösseren strukturellen Trends, die die Branchen prägen.
Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Ein gutes Beispiel ist der Einsatz von KI in der Halbleiterproduktion – ein Bereich, in dem wir sehr aktiv sind. Aber wir schauen auch auf weniger offensichtliche Sektoren: etwa Heizungs- und Klimatechnikunternehmen, die in die Elektrifizierung und Energieeffizienz investieren. Und natürlich verfolgen wir genau, welche Softwarefirmen in der Lage sind, KI kommerziell erfolgreich zu nutzen. Wir betrachten das Thema bewusst aus mehreren Blickwinkeln.
Katie Magee ist US Equity-Sepcialist bei J. P. Morgan Asset Management in London.
