Trump lässt Goldhändler nicht vom OFAC-Haken

Das US-Finanzministerium bekräftigt auch unter der neuen Administration von Präsident Donald Trump seine Sanktionen gegen Rheingold Edelmetall, einen lange Zeit führenden liechtensteinischen Edelmetallhändler.

In neuen Gerichtsunterlagen, die finews.ch vorliegen, verteidigt das Office of Foreign Assets Control (OFAC) im Namen von Finanzminister Scott Bessent die Massnahme, die ursprünglich unter Präsident Joe Biden und dessen Finanzministerin Janet Yellen verhängt wurde.

Juristische Vorgeschichte

Der juristische Schlagabtausch zwischen dem US-Finanzministerium und Axel Diegelmanns Firma Rheingold Edelmetall dauert nun seit mehr als einem Jahr an.

Im Februar 2024 hatte das OFAC Rheingold Edelmetall und verschiedene Mitglieder von deren Eigentümerfamilie Diegelmann auf die List of Specially Designated Foreign Nationals (SDN) gesetzt. Dagegen setzten sich die Sanktionierten mit einer Klage vor dem Bezirksgericht des Districts of Columbia zur Wehr, wie finews.ch berichtete.

Aktuelles Berufungsverfahren

Im November wies Richter James E. Boasberg, der im Rahmen seiner Auseinandersetzungen mit der Trump-Regierung bei einem Ausschaffungsfall weite Bekanntheit erlangte, die Klage ab, wie  finews.ch vermeldete. Dagegen hatten die Edelmetallhändler umgehend Berufung eingelegt.

Das Verfahren wird daher vor dem Appellationsgericht für den District of Columbia in Washington, D.C., fortgesetzt. Mittlerweile ist ein erster Schriftenwechsel abgeschlossen. Möglicherweise bestehende Hoffnungen der Sanktionierten, wonach die Trump-Administration einen weniger harten Kurs fahren würde als die Vorgängerregierung, erweisen sich bislang allerdings als unbegründet.

Wenig Neues in der Sache

In der Sache erfährt man aus den Eingaben der Kläger und der Beklagten wenig Neues: Beide Seiten beharren auf ihren Rechtsbegehren und Positionen.

Die Edelmetallhändler monieren, dass die Vorinstanz ihre entlastenden Unterlagen und Argumente nicht umfassend gewürdigt habe. Wie auch im vorhergehenden Verfahren machen sie geltend, dass sie vom OFAC keinerlei Informationen darüber erhalten hätten, welche Tätigkeiten zur Sanktionierung geführt haben. Sie mutmassen, dass die Behörde eine branchenfremde Definition des Begriffs «Beschaffung» («Procurement») von russischen Edelmetallen verwende.

Was ist ein russischer Kunde?

Weiter bestreiten die Sanktionierten, nach Ausbruch des Ukraine-Krieges mit Gegenparteien in Russland geschäftet zu haben. Sie räumen lediglich die Möglichkeit ein, dass unter ihren Kunden in Liechtenstein auch russische Staatsangehörige seien, die allerdings ausserhalb Russlands wohnen. 

Ferner würden durch die Verweigerung der Einsichtnahme in die umfassende Verwaltungsakte und die möglicherweise rückwirkende Anwendung der Sanktionen auf Tätigkeiten vor dem Ukraine-Krieg allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze verletzen.

Jedermann ein potentieller SDN-Kandidat?

In der Tat ist der zeitliche und inhaltliche Umfang der von der Biden-Regierung als sanktionsfähig definierten Aktivitäten sehr umfassend.

Das entsprechende Präsidialdekret (Executive Order) 14024 erklärt jedermann für grundsätzlich sanktionierbar, der «im Technologiesektor oder im Verteidigungs- und Rüstungssektor der Wirtschaft der Russischen Föderation tätig ist oder war, oder in einem anderen Sektor der Wirtschaft der Russischen Föderation, der vom Finanzminister in Abstimmung mit dem Aussenminister bestimmt werden kann». 

Grosser Ermessensspielraum der Behörden

Ob man aufgrund einer, auch früheren, Tätigkeit effektiv sanktioniert wird, liegt dann im Ermessen der Behörden.

Nach dem Wortlaut der Verordnung könnte wohl jeder grössere Edelmetallhändler, jeder Logistiker und jede Bank mit früheren Tätigkeiten in Russland auf der Sanktionsliste landen – ein riesiger Ermessensspielraum, den Richter Boasberg in der Vorinstanz gutgeheissen hat.

«Kein überwältigendes Beweismaterial»

In seinem Urteil hielt er zwar fest, die ausführliche Rheingold-Verwaltungsakte, die er (im Gegensatz zu den Sanktionierten und ihren Anwälten) einsehen durfte, enthalte «kein überwältigendes Beweismaterial». Trotzdem sei die Sanktionierung rechtmässig innerhalb der weiten Schranken des Präsidialdekrets.

Auch in seiner neuesten Eingabe vor Gericht wirft das OFAC den Diegelmann-Firmen vor, «wissentlich und freiwillig Gold und andere Edelmetalle im Auftrag russischer Kunden beschafft» zu haben – und damit Dienstleistungen für einen strategischen Sektor der russischen Wirtschaft erbracht zu haben.

Interessante Grundsatzfragen

Die Erbringung von Edelmetall-Dienstleistungen für russische Staatsangehörige ausserhalb Russlands sei als Beteiligung am russischen Rohstoffsektor im Sinne des Sanktionsdekrets zu werten.

Der Berufungsprozess wirft im amerikanischen Justiz-Kontext interessante Grundsatzfragen auf: Das Loper-Bright-Urteil des US-Supreme Courts vom vergangenen Jahr zieht eine neue Grenze, bis wohin sich Gerichte unbesehen an die Beweiswürdigung von Exekutivbehörden anschliessen dürfen.

Beweise: Öffentlich und geheim

Diegelmanns Anwälte berufen sich explizit auf dieses höchstrichterliche Urteil und fordern vom Gericht eine eigenständige Würdigung des dem OFAC vorliegenden Beweismaterials – ein Schritt, dem sich die Vorinstanz von Richter Boasberg verweigert hatte.

Die Vorwürfe, es fehle an Beweismaterial, weist das OFAC zurück. Der US-Regierung zufolge umfasste das Dossier sowohl öffentlich zugängliche als auch klassifizierte Informationen, die vom zuständigen Bezirksrichter James Boasberg eingesehen worden seien. «Eine Offenlegung der geheimen Informationen würde nachrichtendienstliche Quellen und Methoden gefährden», argumentiert das OFAC.

Wiedererwägungsgesuch eingereicht

Auch die Kritik an der Verfahrensführung lässt das Finanzministerium nicht gelten: Die Antragsteller hätten Gelegenheit erhalten, sich zu äussern und einen Antrag auf Streichung von der Sanktionsliste zu stellen – was geschehen sei.

Dieser Antrag werde parallel zum Gerichtsverfahren immer noch geprüft.