Vor dem Uber-Moment fürchtet sich die ganze Branche. Jetzt finden Vordenker, dass die Banken künftig bei Einkaufszentren abkupfern sollten.

In den 1990er-Jahren geisterte eine Idee durch Bankmanager-Köpfe. Die Kredithäuser, so redeten sich die Chefs damals ein, seien in Supermärkte umzubauen. Wer als Kunde bei einer Bank anklopfte, sollte dort alle nur möglichen Produkte und Dienste aus einer Hand erhalten.

Dass die meisten Banken dazu gar nicht über die nötige Expertise verfügten: das wurde als Detail abgetan.

Spätestens seit der Finanzkrise ist klar, dass im Banking der Teufel im Detail steckt. Schwer gestrauchelte Institute wollen seither wieder in einem Bereich «gut» sein – die Schweizer UBS etwa in der Vermögensverwaltung. Im Asset Management, das gerade in einer schweren Krise steckt, macht das Modell der Boutique Schule. Lieber klein und fein sein als gross und beliebig, so das Credo heute.

Branche nicht ohne Trümpfe

Doch die Ideenwelt der Retailer hat im Banking offensichtlich einen langen Schnauf. Denn nun heisst es allenthalben: Wenn die Banken in einem offenen und digitalisierten Markt überleben wollen, so müssen sie werden wie ein Einkaufszentrum. Ein Verfechter dieser Idee ist Brian Chin (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Credit-Suisse-Manager), ein New Yorker Fintech-Entrepreneur und ehemaliger Santander-Banker.

Der Grundgedanke zur «Bank als Shopping Mall», so Chin gegenüber dem Branchenmagazin «American Banker», ist der: Die Digitalisierung wird vor der Branche nicht halt machen, auch wenn der gefürchtete Uber-Moment die Institute nicht treffen sollte. Ganz ohne Trümpfe ist das Banking in den Umwälzungen jedoch nicht. Denn die Institute verfügen erstens über Kunden, und zweitens sind sie bereits reguliert.

Beides, so die Argumentation weiter, stellt eine hohe Eintrittsschwelle für neue Player dar. Banken könnten allein schon dadurch im Geschäft bleiben, indem sie Regulierung und Kundenbasis Dritten als «Infrastruktur» anbieten würden.

Wie H&M und Starbucks

Doch damit lassen es die Vordenker nicht bewenden. Die Infrastruktur, sagen sie, sei zu beleben. Dies, indem Geschäftsflächen oder «Shelf Space» etwa an aufstrebende Fintechs vermietet und den Bankkunden so ein ganz neues «Einkaufserlebnis» geboten werde. Das Modell des Einkaufszentrums funktioniert dabei physisch wie virtuell. Zahlungsströme und Transaktionen fliessen nahtlos zwischen Bank und «Mieter», was die Abläufe vereinfacht und die Kosten deutlich senkt.

Wie H&M, Starbucks oder Marionnaud würden sich die «Fintech-Stores» dabei nicht auf ein einziges Banken-Einkaufszentrum beschränken, sondern sich überall dort einmieten, wo sie ihre Zielkundschaft vermuten. Das bei existierenden Einkaufszentren – in der Schweiz etwa Sihlcity in Zürich – abgeschaute Prinzip befindet sich ansatzweise bereits in der Erprobung.

  • In den USA etwa ist die mächtige Grossbank J.P. Morgan Anfang Jahr eine Kooperation mit dem Technologieunternehmen Intuit eingegangen. Ziel der Zusammenarbeit sind vereinfachte Schnittstellen (API) zum Austausch von Finanzdaten mit Drittparteien ausserhalb der Bank. Laut den Partnern kann der Bankkunde via App bestimmen, welche seiner Daten Dritte überhaupt zu Gesicht bekommen.
  • In Deutschland hat die digitale Solaris Bank das Konzept schon weiter getrieben und macht damit Furore. Sie stellt die Schnittstellen zu ihren Bankdienstleistungen wie Legosteine zur Verfügung. Daraus können sich neue Anbieter im Finanzwesen nach Belieben die zu ihrem Geschäftsmodell passende Lösung zusammenbauen. Die Berliner Solaris funktioniert dabei sowohl als Technologielieferantin wie als regulatorischer Rückhalt für ihre Partner.
  • Solaris kann durchaus als Angriff einer Bank auf das angestammte Banking verstanden werden. Gleich ganz die Rolle des Einkauszentrums zu eigen gemacht hat sich die aufstrebende Schweizer Fintech-Firma Centralway Numbrs. Wie auch finews.ch berichtete, stellt Centralway die Idee sozusagen auf den Kopf und bietet mit ihrem Numbrs Store in Deutschland den Banken eine Vertriebsplattform für deren Produkte an.

Shoppingcenter im Clinch

Auch hier sind die vereinfachten Schnittstellen zentral: Laut dem Fintech lassen sich die Finanzprodukte ohne weitere Anpassungen in den Numbrs Store integrieren.

Damit ist das Rennen eröffnet – mit ungewissem Ausgang. Angesichts der Digitalisierung bekunden nämlich auch die «richtigen» Shoppingcenter in der Schweizer ihre liebe Mühe. Gemäss einem neuen Report haben hierzulande selbst die grössten Akteure mit Umsatzschwund zu kämpfen.

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