Mit der Ernennung zum Teilhaber von Pictet krönt Boris Collardi seine Karriere. Ganz ohne Abstriche ist der Aufstieg für ihn jedoch nicht zu haben.

Für die Börsianer ist der Abschied von Julius-Bär-CEO Boris Collardi ein böser Schock gewesen. Die Bär-Namen haben am (gestrigen) Montag mehr als 6 Prozent nachgegeben. Kenner der Privatbanken-Szene konnte der Wechsel des Bankchefs vom Zürcher Traditionshaus zur grössten Genfer Privatbank allerdings nicht überraschen. Schon seit Monaten munkelt die Branche, Collardi schiele auf einen Job in der Rhonestadt.

Nun ist er bei Pictet tatsächlich zum Handkuss gekommen – dem «Goldstandard» im Swiss Private Banking, wie ein Kenner urteilt.

Die Genfer Krone

Zusammen mit Mirabaud und Lombard Odier bilden das Geldhaus die Krone der Genfer Banquiers Privés. Mit 247 Millionen Franken Konzerngewinn und fast 480 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen im letzten Halbjahr ist die 1805 als Candolle, Mallet & Cie gegründete Pictet das grösste und angesehenste der drei Häuser.

In der mehr als zwei Jahrhunderte überspannenden Firmengeschichte ist das Institut zumeist aus eigener Kraft gewachsen; gerne streicht man bei Pictet heraus, dass das Unternehmen grundsätzlich keine Übernahmen tätigt. Stabil ist auch der Kreis der Teilhaber: Er schwankt zwischen sechs und neun Mitgliedern; mit der Ankunft Collardis ist das Gremium nun sieben Köpfe stark.

In jener «Banken-Hautevolee» ist der aus bürgerlichen Verhältnissen in Nyon VD stammende Collardi mit nur 43 Jahren angekommen. Dies kann gut und gerne als Krönung seiner Bankenkarriere verstanden werden. Nicht nur, was das Prestige betrifft. Kennern zufolge dürfte der Verdienst Collardis bei Pictet um ein Vielfaches höher sein als die stattlichen 6,5 Millionen Franken, die er zuletzt bei Julius Bär verdiente. Die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) schätzte das neue Salär auf 25 Millionen Franken.

Mehr Schub – von Singapur bis Schwyz

Als Teilhaber kommt Collardi künftig in Genuss von Dividenen; da Pictet sehr solide kapitalisiert ist, dürfte die Bank regelmässig Gewinne an die Eigner ausschütten. Der Anspruch auf Gewinnbeteiligung erlischt erst mit dem Ausscheiden eines Teilhabers.

Wie es im Umfeld der Genfer Bank heisst, erhoffen sich die Partner in Genf von Collardi Schub für ihr asiatisches Private Banking. Schliesslich hat der scheidende CEO die Region zum zweiten Heimmarkt von Julius Bär ausgebaut. Ebenfalls könnte Collardi sein Netzwerk in der Deutschschweiz für Pictet beackern.

Allein im steuergünstigen Schindellegi SZ, wo Collardi wohnt, ergibt sich ein lukratives Umfeld aus superreichen Nachbarn.

Dass Collardi von dort aus mehrmals wöchentlich zu den obligatorischen Partner-Treffen in Genf zu reisen hat, klingt nach Hektik. Mit der neuen Aufgabe gewinnt der Banker aber unter dem Strich Zeit. Anders als CEO der kotierten Julius Bär wird er seiner neuen Aufgabe als Co-Chef des Wealth Management von Pictet nachgehen können, ohne unter steter Beobachtung des (Börsen)-Publikums zu stehen.

Schluss mit dem Rampenlicht

Das ist auch gleichzeitig einer der Abstriche, welche der Banker gegenüber seiner früheren Charge machen muss: Mit den öffentlichen Auftritten, die Collardi durchaus gerne bestritten hat, ist es bei der Genfer Privatbank wohl vorbei. In den Medien tritt dort eigentlich nur Nicolas Pictet (Bild unten) auf, seit letzem Jahr der Senior Managing Partner von Pictet.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.22%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.76%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.98%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.41%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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