Für Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam ist es klar, weshalb der Aktienkurs «seiner» Bank enttäuscht. Das liegt nicht an seiner Leistung, sondern an anderen Einflüssen. Nun beschwört er rosige Zeiten.

«Warum, so fragen Sie vielleicht, ist unser Aktienkurs dort, wo er ist, wenn die Strategie doch so erfolgreich ist?», sagte Tidjane Thiam am Freitag an der diesjährigen Generalversammlung der Credit Suisse. Er stellte diese Frage, nachdem er ausgiebig über den Erfolg seines dreijährigen Reorganisationsprogramms berichtet hatte.

Insofern hatte er durchaus Recht. Denn sofern eine Strategie Erfolg hat, so sollte sich das auch positiv auf den Aktienkurs auswirken. Doch bekanntlich war das bei der CS-Aktie im vergangenen Jahr nicht der Fall. Im Gegenteil: Der Titel verlor mehr als 30 Prozent an Wert. Immerhin legte das Papier im ersten Quartal 2019 deutlich zu. Doch der Kurs notiert nach wie vor weit unter dem Einstandpreis vieler CS-Aktionärinnen und -Aktionäre, darunter auch viele Mitarbeitende.

Stärkste Kursverluste der letzten zehn Jahre

«Um die gegenwärtige Situation zu erklären, ist es wichtig, den aktuellen Aktienkurs in einem grösseren Zusammenhang zu betrachten», leitete CS-Chef Thiam seine diesbezüglichen Ausführung ein. Die Entwicklung des CS-Aktienkurses hänge nicht allein mit der Entwicklung der Credit Suisse zusammen. Sie hänge auch mit den europäischen Banken zusammen, und der europäische Bankensektor habe in den vergangenen drei Jahren zwei grössere Bewertungsrückgänge erlitten.

Zwischen Sommer 2015 und Sommer 2016 gingen die Aktienkurse der europäischen Banken um 48 Prozent zurück. Und 2018 betrug der Rückgang 33 Prozent. «Dies waren zwei der stärksten Kursverluste der letzten zehn Jahre im Bankensektor, und sie hatten einen erheblichen Einfluss auf unsere eigene Bewertung», betonte Thiam – was für ihn ein externer Grund für die Schwäche der CS-Aktie ist.

Resultat einer Gewinnverwässerung

Für den CS-Chef hat der Kurs vor allem aber mit dem materiellen Buchwert pro Aktie (TBVPS)  zu tun – vereinfacht gesagt, ist dies das Verhältnis zwischen dem Nettovermögen einer Bank und der Anzahl ausgegebener Aktien.

Vor diesem Hintergrund räumte Thiam ein, dass die beiden in seiner Amtszeit durchgeführten Kapitalerhöhungen die Anzahl ausstehender Aktien um fast 60 Prozent erhöht hätten, was zu einer Gewinnverwässerung führte und was wiederum zur Folge hatte, dass die CS-Aktie mit einem Abschlag auf ihren Buchwert gehandelt wurde.

Alte Credit Suisse eingepreist

«Wenn wir den materiellen Buchwert pro Aktie betrachten, so ist die höhere Aktienzahl der Hauptgrund dafür, dass wir mit einem Abschlag auf unseren Buchwert gehandelt werden», präzisierte Thiam und versprach, «dass wir von nun an unseren Buchwert pro Aktie erhöhen werden, was mit der Zeit zu einem Anstieg des Aktienkurses führen dürfte.»

Positive Impulse dafür sieht der CS-Konzernleiter in verschiedener Hinsicht: Im im vierten Quartal 2018 durchlief die Bank einen «Stresstest, worauf der Aktienkurs um 23 Prozent fiel, was eine gewisse Korrelation mit den sich ausweitenden Kreditspreads im High-Yield-Bereich jener Periode illustrierte. «Doch der Markt hatte die erwartete Performance der alten Credit Suisse eingepreist – also nicht der neuen, widerstandsfähigen Credit Suisse», so Thiam.

Besser als die anderen

Nun, seit Jahresbeginn steigt die CS-Aktie jedoch an, indem sie bereits 27 Prozent zugelegt und die europäischen Mitbewerber übertroffen hat. Laut Thiam zeigt sich darin, dass die Massnahmen zum Risikoabbau (mehr Kapital) und die Ausrichtung auf stabilere Ertragsströme Früchte tragen.

«Und wenn Sie uns mit unseren europäischen Mitbewerbern vergleichen, die in der gleichen Zeit ähnliche Restrukturierungen durchlaufen haben, dann haben wir ein höheres Verhältnis des Aktienkurses zum materiellen Buchwert erzielt als Banken wie Barclays, Standard Chartered oder die Deutsche Bank», unterstrich der CS-CEO.

Dem weiteren Vernehmen nach hat die CS nun begonnen, den materiellen Buchwert pro Aktie zu erhöhen. So ist er bereits von 14.83 Franken im ersten Quartal 2018 auf nunmehr 15.47 Franken per Ende des ersten Quartals 2019 gestiegen. «Mein Anliegen ist es, sicherzustellen, dass wir profitabel sind und den materiellen Buchwert pro Aktie steigern, um dem Aktienkurs zugunsten aller unserer Investoren zu weiterer Dynamik zu verhelfen», sagte Thiam. 

Kaufen was das Zeug hält

In den nächsten zwei Jahren will die CS mindestens 50 Prozent ihres Reingewinns an ihre Aktionäre zurückgeben, und hat dies mit dem Start eines Aktienrückkauf-Programms im Januar 2019 eingeleitet. Bis zum (heutigen) Freitag hat die Bank bereits Aktien für 286 Millionen Franken zurückgekauft.

«Diese Massnahmen steigern unseren materiellen Buchwert pro Aktie und erhöhen damit unseren Aktienkurs. Im ersten Quartal zahlten wir, unter Berücksichtigung des Umfangs des Aktienrückkaufs und der im Zeitraum aufgelaufenen Dividende, 59 Prozent des Reingewinns aus. Wir haben aber noch mehr vor: Vorbehaltlich der Marktbedingungen rechnen wir für 2019 mit einem Aktienrückkauf von mindestens einer Milliarde Franken. Für 2020 rechnen wir mit einem ähnlichen Rückkaufprogramm wie  2019», erklärte Thiam.

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