Im Prozess zwischen der Credit Suisse und ihrem ehemaligen Kunden Ivanishvili hat die beklagte Grossbank eingeräumt, ihre treuhänderischen Pflichten vernachlässigt zu haben.

Am Ende der zweiten Woche des Prozesses zwischen der Credit Suisse (CS) und dem ehemaligen georgischen Regierungschef Bidzina Ivanishvili kommt es zu einer überraschenden Wende.

So hat eine Treuhandgesellschaft der CS vor dem internationalen Handelsgericht in Singapur zugegeben, ihren milliardenschweren Kunden nicht über unautorisierte Überweisungen von seinen Konten informiert zu haben, wie die Nachrichtenagentur «Bloomberg» (Artikel kostenpflichtig) am Freitag berichtete.

Bloss eine treuhänderische Aufgabe

Das Eingeständnis dieses Versäumnisses könnte den Prozessausgang um eine mögliche Haftung der CS-Tochter für ein fehlerhaftes Verhalten des ehemaligen Kundenberaters Patrice Lescaudron massgeblich bestimmen.

In den ersten neun Verhandlungstagen hatte Lee Eng Beng, der federführende Anwalt der Credit Suisse Trust Singapore argumentiert, dass sich die Verantwortung der Bank auf die Verwaltung des Vermögens von Ivanishvili beschränke. Der Georgier und sein Geschäftsberater hätten die Investitionsentscheidungen getroffen und müssten demnach für etwaige Verluste haften.

Kehrtwende des federführenden Anwalts

Am (heutigen) Freitagnachmittag räumte Lee jedoch gegenüber dem leitenden Richter ein, dass der Trust bei einigen administrativen Abläufen die von ihm selbst auferlegten Standards nicht eingehalten hat.

Per 31. Dezember 2008 wären angemessene Schritte notwendig gewesen, um das Problem der nicht autorisierten Überweisungen von den Bankkonten der Meadowsweet Assets Limited anzugehen, gestand der Anwalt gemäss «Bloomberg» ein. Dabei hätten die direkte Kontaktaufnahme mit Ivanischvili sowie die Ordnungsmässigkeit der Überweisungen überprüft werden müssen.

Vor einem Schlussstrich?

Mit diesem Strategiewechsel versucht das Anwaltsteam dem Vernehmen nach, die möglichen Folgen der schädlichen Aussagen von Mitarbeitern des Trusts zu Beginn des Prozesses zu begrenzen. Diese Aussagen seien aber nicht als Schuldeingeständnis zu werten, wenn lediglich einige administrative Abläufe von internen Standards nicht eingehalten worden seien.

Die CS betonte wiederholt, dass Ivanishvilis Kundenberater Lescaudron ein Einzelkämpfer gewesen war, der von keinem anderen Mitarbeiter der Bank unterstützt wurde. Er war 2015 bei der CS fristlos entlassen und 2018 in Genf wegen Betrugs zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden.

Bisher war von Beobachtern des Prozesses erwartet worden, dass die CS bei einem Schuldspruch in Singapur Berufung einlegen wird und sich kein aussergerichtlicher Vergleich abzeichne.

 

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