Seit Jahren wenden sich immer mehr vermögende Kunden von ihren Banken ab. Das sei eine Riesenchance für unabhängige Vermögensverwalter, sagt Josef Bollag von Tareno im Gespräch mit finews.ch. «Doch Me-too-Business allein genügt dafür nicht.»  

Nicht erst seit dem Ausbruch der Coronakrise befinden sich die unabhängigen Vermögensverwalter in der Schweiz in einem tiefgreifenden Wandel. Die verschärfte Regulierung durch neue Gesetze wie Fidleg und Finig, der Generationenwechsel in manchen Betrieben sowie die fortschreitende Technologie stellen diese Unternehmen seit einiger Zeit vor grosse Herausforderungen. In allen erwähnten Bereichen besteht mittlerweile ein enormer Handlungsbedarf.

Dabei stehen die unabhängigen Vermögensverwalter – man geht in der Schweiz von gut 2'500 solcher Firmen aus – in direkter Konkurrenz mit den Banken, die ihrerseits in den vergangenen Jahren ihre Prozesse und Aktivitäten teilweise massiv ausgebaut oder fokussiert haben. Warum also sollte sich ein Kunde vor diesem Hintergrund einem ungleich kleineren Unternehmen anvertrauen?

Grösster unabhängiger Vermögensverwalter in Basel

Mit dieser Frage ist auch die in Basel ansässige Firma Tareno konfrontiert. Gemäss eigenen Angaben ist das Unternehmen mit 34 Beschäftigten (17 Frauen und 17 Männer) und verwalteten Vermögen von rund 2,5 Milliarden Franken der grösste unabhängige Vermögensverwalter am Rheinknie. Entstanden vor 20 Jahren, vollzog die Firma unlängst einen personellen Wechsel an der Spitze, wie finews.ch exklusiv berichtete.

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Die bisherige Investmentchefin Sybille Wyss (Bild oben) übernahm dabei die Verantwortung für das gesamte Unternehmen, während der bisherige CEO und Teilhaber, Josef «Ueli» Bollag, der 2005 zu Tareno stiess, in den Verwaltungsrat wechselt, wo er zum Präsidenten gewählt wurde.

Geschäftsleitung kontinuierlich verjüngt

Diese Personalrochade soll, verbunden mit weiteren Wechseln im Management, nicht nur eine weitreichende Verjüngung im Unternehmen einläuten, wie Bollag im Gespräch mit finews.ch erklärt, sondern die Positionierung schärfen, um im Markt als valable Alternative zu den Banken aufzutreten. In den vergangenen drei Jahren hat Tareno die gesamte Geschäftsleitung kontinuierlich verjüngt.

Neben Urs Grossenbacher (Finance), Nicole Husmann (Risk & Compliance), Ronny Bachenheimer (Leiter Standort Zürich) und Sybille Wyss kamen Schritt für Schritt Doron Bollag (Operations & IT), David Nordmann (Business Development) und Annina Tschanz (Administration & Marketing) hinzu.

Keine hohen Kostenblöcke wie eine Bank

Kaum Beraterwechsel respektive langjährige persönliche Berater im Unternehmen, keine Interessenskonflikte in der Finanzplanung und -strukturierung, ganzheitliche Vermögensverwaltung sowie tiefere Kosten charakterisieren das Leistungsangebot eines unabhängigen Vermögensverwalters wie Tareno gegenüber einer klassischen Bank, wie Bollag erklärt.

«Wir haben nicht die hohen Kostenblöcke einer Bank, keine kostspielige Banklizenz und auch kein riskantes Investmentbanking oder einen administrativen Überbau, den es zu alimentieren gilt», betont Bollag.

Goodwill verdienen

Tatsächlich wenden sich seit einigen Jahren immer mehr vermögende Kunden von ihren Banken ab, da sie das Gefühl haben, nicht mehr adäquat und genügend persönlich betreut zu werden. Die Banken ihrerseits sind mit laufend höheren Kosten konfrontiert und können entsprechend nur noch die sehr vermögende Klientel wirklich individuell betreuen.

«Dieser Goodwill, den heute manche unabhängige Vermögensverwalter geniessen und dadurch auch einen hohen Zustrom an Neugeldern verzeichnen, muss jedoch verdient werden. Me-too-Business allein genügt nicht», erklärt Bollag.

Pionier beim Thema Wasser

Unter diesen Prämissen hat die Firma Tareno ihre Angebotspalette laufenden verbreitert und sie mit exklusiven Dienstleistungen noch ergänzt, womit das Unternehmen schon früh eine Pionierrolle in der Branche übernahm.

So gründete Tareno bereits 2005 eine Tochtergesellschaft in Luxemburg, um den Marktzugang in Europa zu erlangen, lancierte im selben Jahr einen Fonds, der in Firmen rund um das Thema Wasser investiert, im Jahr 2012 expandierte das Unternehmen nach Zürich und übernahm in der Folge einen anderen unabhängigen Vermögensverwalter sowie im vergangenen Jahr zwei Fonds, wovon einer aus dem «Wasser-Umfeld» von der Bank Vontobel ist.

Gleichzeitig verschaffte sich die Firma eine Bewilligung als Verwalterin von Kollektivvermögen, so dass Tareno direkt von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht beaufsichtigt wird, was im Kontakt mit den Kunden ebenfalls zur Profilierung beiträgt.

Unerlässliche Hilfsmittel

Letztlich, so Bollag, sei es aber die Firmenkultur, mit der sich ein Unternehmen wie Tareno gegenüber den Kunden differenzieren könne. Und mit Kultur versteht er vor allem ein langjähriges Vertrauensverhältnis zum Kunden sowie eine Integrität, die sich im heutigen «Banking» zusehends verflüchtige, angesichts der vielen personellen Wechsel, Umstrukturierungen und Verkaufszielen, mit denen das Personal bei vielen Geldhäusern in immer dichterer Kadenz konfrontiert ist.

Insofern hätten unabhängige Vermögensverwalter heute im Zuge der grossen Veränderungen in der Finanzbranche eine einmalige Chance, sich glaubwürdig zu positionieren. Die Integration von Themen wie Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz, Big Data sowie ESG-Kriterien, neue Anlagestrategien und eine konsequente Performance-Orientierung seien dabei unerlässliche Hilfsmittel auf diesem Weg. «Vor allem aber können wir dank unserer Grösse und Organisation flexibel und unabhängig für unsere Kunden agieren und somit ein verlässlicher Partner sein», betont Bollag.

Beginn einer neuen Ära

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Nach 15 Jahren als Teilhaber von Tareno sieht der inzwischen 60-jährige Bollag den Zeitpunkt nun günstig, die Geschicke des Unternehmens in jüngere Hände zu übergeben und sich fortan vor allem um die weitere strategische Ausrichtung zu kümmern.

Seine Nachfolgerin, Sybille Wyss, stiess seinerzeit mit ihm zu Tareno und hat sich über die Jahre beste Voraussetzungen und Know-how verschafft, um im Zuge des Generationenwechsels das Unternehmen in eine neue Ära zu überführen, die noch stärker vom Margendruck, der Digitalisierung und der Performance geprägt sein wird. Doch gerade in einem solchen Umfeld zählen Werte wie Konstanz und Zuverlässigkeit umso mehr.