UBS-Unternehmer-Umfrage: Wohin zeigt der Kompass?
Protektionismus bleibt ein Thema – selbst wenn sich zu Wochenbeginn die USA und China in Genf auf ein Zollabkommen geeinigt haben und auch dann, wenn die Schweiz bei den laufenden Gesprächen ebenfalls eine Einigung erzielen sollte.
Die Grossbank UBS erwartet aufgrund der US-Zollpolitik eine deutliche Abkühlung der Weltwirtschaft. Sie veranschlagt denn auch aktuell für die Schweiz ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1 Prozent für 2025 und von 1,2 Prozent für 2026 – was deutlich unter dem langfristigen Trend liegt.
Negative Auswirkungen auf Exporte
Die UBS hat aber auch «Feldforschung» betrieben und zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Intervista in der zweiten Märzhälfte 800 Schweizer Firmen mit einem Aussenhandelsbezug (die mindestens 10 Prozent der Vorleistungen importieren oder mindestens 10 Prozent der Produkte exportieren) zum Thema Protektionismus befragt. Die Ergebnisse hat sie am Dienstag im neuen «UBS Outlook Switzerland» publiziert.
Etwa die Hälfte der Firmen, die mehr als 10 Prozent ihrer Produkte exportieren, erwartet negative Auswirkungen auf ihre Ausfuhren in die USA. Bei den Exporten in andere Länder geht ein Drittel von negativen Auswirkungen aus. Und ein Drittel fürchtet, als Zulieferbetrieb eines anderen Exporteurs ebenfalls negativ betroffen zu sein.
Überwälzung der Kosten auf Kunden
Besonders stark im Brennpunkt steht naturgemäss die stark vom Aussenhandel abhängige Industrie. Hier gehen sechs von zehn Unternehmen davon aus, dass sich die Einkaufspreise erhöhen und sorgen sich um eine Belastung ihrer Lieferketten.
Eine grosse Mehrheit der Unternehmen, die negative Folgen des Protektionismus befürchten, schaut aber nicht einfach zu, sondern will Massnahmen ergreifen. Auf der Kostenseite sollen höhere Ausgaben sowohl durch höhere Verkaufspreise als auch durch eine Verbesserung der Effizienz abgefedert werden – wobei wenig überraschend eine Überwälzung auf die Kunden die bevorzugte Variante ist.
Aufbau eines Standorts im Absatzmarkt
Die Hälfte der Firmen, die über 10 Prozent ihrer Erlöse im Export erzielen, denkt auch über neue Absatzmärkte nach und ein Drittel über den Aufbau eines Standorts im Absatzmarkt (was durchaus den Intentionen der US-Zollpolitik entspräche).
Ebenfalls wenig erstaunlich ist, dass eine grosse Mehrheit der Unternehmen eine Reaktion der Wirtschaftspolitik begrüssen würde. Gemäss UBS werden die Förderung von Forschung und Entwicklung, die steuerliche Entlastung von Unternehmen sowie der Abbau von Regulierungen häufig genannt.
Ordnungspolitische Reflexe
Immerhin scheint der ordnungspolitische Kompass noch einigermassen intakt zu sein: Die Skepsis gegenüber einer staatlichen Finanzspritze zugunsten von unter Druck geratenen Branchen ist gross, die meisten Unternehmen lehnen auch protektionistische Gegenmassnahmen ab.
UBS-Ökonom Alessandro Bee kommentiert: «Nur rund ein Drittel der Firmen favorisiert Exportsubventionen oder Gegenzölle. Zwei Drittel der Unternehmen sprechen sich hingegen für neue Freihandelsabkommen aus.»
Europa als Kooperationspartner?
Über die Hälfte der exportorientierten Firmen hält eine Weiterentwicklung der bilateralen Verträge mit der EU «auf Basis der gegenwärtigen Verhandlungen» für die beste Option – was das immer auch genau bedeuten mag.
Drei Viertel der Unternehmen sehen ein Risiko, von Schlüsseltechnologien wie Computerchips abgeschnitten zu werden. Die Mehrheit davon unterstützt den Aufbau von eigenen Kapazitäten und/oder will dafür mit anderen europäischen Staaten oder der EU kooperieren.