Twint will die Anzahl Nutzer ihrer Bezahl-App innert Kürze verdoppeln. Dazu zählt Chef Thierry Kneissler fest auf die Hilfe der Schweizer Banken und auf die Migros, wie er gegenüber finews.ch erklärt.


Herr Kneissler, mit der Ernennung von Anton Stadelmann zum Finanzchef läutet Twint den nächsten Entwicklungsschritt ein. Wie sieht der genau aus?

Twint ist der Startup-Phase entwachsen. Begonnen haben wir vor drei Jahren mit vier Leuten – nun zählt die Firma an die 50 Mitarbeitende. Entsprechend wollen wir unsere Strukturen festigen und professionalisieren. Und mit dem Vertrieb des fertigen Produkts in die Breite gehen.

Etwas weniger als eine halbe Million Personen sind registrierte Nutzer der Twint-App. Welches Potenzial sehen Sie von hier aus?

Wir möchten so rasch wie möglich auf eine Million Nutzer kommen und diese dazu animieren, mehr Transaktionen über die App abzuwickeln. Bezüglich der Banken ist das Potenzial mit 40 Partnerinstituten weitgehend ausgeschöpft – wir decken weit über 80 Prozent der Bankkunden-Beziehungen in der Schweiz ab.

Und wie verdoppeln Sie die Nutzerzahl in so kurzer Zeit?

Twint stellt die Produkte bereit und legt die Marketingstrategie fest.

«Wir wären natürlich gerne rechtzeitig und mit fliegenden Fahnen gestartet»

Die Umsetzung beim Kunden übernehmen dann meist unsere Bankenpartner. Damit können wir das grosse Potenzial der Banken voll nutzen.

Ist es nicht eher so, dass die Koordination mit 40 Banken einem Alptraum gleicht?

Der Koordinationsaufwand ist beträchtlich. Wir stellen aber fest: Alle Bankenpartner wollen, dass Twint erfolgreich ist. Deshalb ziehen sie mit.

Das klang auch schon anders. Twint wird in der Branche als mahnendes Exempel für ein missglücktes Fintech-Vorhaben genannt. Kränkt Sie das?

Wir wären natürlich gerne rechtzeitig und mit fliegenden Fahnen gestartet. Aber wir waren wohl zu optimistisch mit unseren Plänen, zumal sich viel mehr Banken Twint anschliessen wollten als ursprünglich erwartet. Im Nachhinein lässt sich jedoch sagen, dass wir gar nicht viel schneller hätten sein können.

«Vieles davon können die Konkurrenten nicht»

Wir haben es geschafft, in rund sechs Monaten das neue Twint auf die Beine zu stellen.

Die Ernennung eines Finanzchefs kann auch als Zeichen gesehen werden, dass die Eigner mehr Kontrolle wünschen. Wie viel Geld verbrennt Twint?

Es unser erklärtes Ziel, Geld zu verdienen. Das Geschäftsmodell von Twint ist so kalkuliert, dass dies im begrenzten Schweizer Markt möglich ist. Wir betreiben ein klassisches Plattformgeschäft, dass umso mehr abwirft, je mehr die Plattform genutzt wird. Konkrete Zahlen kann ich jedoch nicht nennen.

Ausländische Giganten wie Apple und Alibaba drängen in die Schweiz, hinzu kommen Kartenanbieter wie Visa mit Wearable-Lösungen. Wie gewinnt die helvetische App den Verdrängungswettbewerb?

In dem wir viel mehr anbieten. Zum Beispiel Zahlungen zwischen den Nutzern, das so genannte P2P. Wir binden die in der Schweiz präferierten Debit-Lösungen ein und sind umfänglich an rund 50'000 Akzeptanzstellen im E-Commerce, an Kassen und Automaten präsent. Vieles davon können die Konkurrenten nicht.

Aber rasten dürfen Sie nicht.

Wir wollen insbesondere bei der Einbindung von Bonusprogrammen vorwärts machen: Nicht bloss den Zahlungsprozess abbilden, sondern Dinge bieten, die dem Kunden helfen.

«Die Verhandlungen mit der Migros laufen»

Wir preisen solche Programme so ein, dass sie auch fürs Gewerbe erschwinglich sind.

Allerdings müssen Sie auch Schwergewichte von Twint überzeugen. Wann holen Sie den Retailer Migros endlich ins Boot?

Die Verhandlungen laufen, mehr kann ich dazu nicht sagen. Migros-Töchter wie Galaxus, Digitec oder Migrol sind bereits in Twint integriert.

Nötig wäre auch ein Technologiesprung. Wann müssen Nutzer nicht mehr mühsam QR-Codes abfotografieren?

Wir arbeiten daran, das Fotografieren und Zahlen in einem einzigen Prozess zusammenzufassen. Das vereinfacht die Nutzung. Wir sind der Meinung, dass der QR-Code seine Berechtigung hat. In China etwa laufen – zum Beispiel bei Alipay, dem grössten Mobile-Payment-System der Welt – digitale Zahlungen über die Codes. Und für den Handel ist die Installation sicher am günstigsten.

Zudem können mit QR-Codes all die kleinen Händler und Marktstände mit Twint arbeiten, die über gar kein Zahlterminal verfügen. Aber bei vielen unserer Akzeptanzstellen kann auch mit dem Twint-Beacon kontaktlos bezahlt werden.


Der Staatswissenschafter Thierry Kneissler machte bei der Postfinance Karriere, wo er seit 2004 diverse Führungspositionen innehatte und ab 2012 als Leiter des Corporate Center in der Geschäftsleitung Einsitz nahm. Im Jahr 2014 übernahm er die Führung der Postfinance-Fintech-Tochter Monexio, die später in die Twint überging. Seit Mitte 2016 führt er die durch die Fusion von Paymit und Twint entstandene «neue Twint» als CEO.

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