Trotz der vielfältigen Gründe, die gegen eine Zinserhöhung sprechen, sollte die Schweizerische Nationalbank allmählich aufzeigen, wie sie ihren Leitzins in positive Gefilde führen könnte.

Die Auguren sind sich einig – Thomas Jordan und seine zwei Kollegen im Direktorium der Schweizerischen Nationalbank (SNB) werden den Leitzins am Donnerstag von nächster Woche da belassen, wo er seit mehr als vier Jahren ist – bei minus 0.75 Prozent. Ja, einige Fachleute rechnen schon damit, dass in den nächsten zwei Jahren nichts laufen wird, zum Beispiel die Analysten von Morgan Stanley.

So wird die SNB nächste Woche wohl einmal mehr schreiben, dass der Franken nach wie vor hoch bewertet sei und die Lage am Devisenmarkt fragil bleibe. Mit den deutlichen Bremsspuren in der wirtschaftlichen Entwicklung und der kürzlich veröffentlichten Analyse der Kollegen bei der EZB kommen noch weitere Faktoren hinzu, die der SNB die Entscheidung vereinfachen werden.

Ächzende Finanzbranche

Die Kritik an dieser Politik ist mittlerweile auch hinreichend begründet worden. Die Negativzinsen sind als Anwort auf die Auftwärtstendenz des Franken gegenüber dem Euro eingeführt worden und sollen der exportorientierten Industrie einen gravierenden Wettbewerbsnachteil ersparen. Dies geht zu Lasten der Finanzindustrie, die mit Gebühren auf Sichteinlagen bei der SNB und der Schwierigkeit, im Zinsgeschäft Geld zu erwirtschaften, ächzt.

Nun, die stärkere Gewichtung der Bedürfnisse der verarbeitenden Industrie ist wirtschaftspolitisch einleuchtend – letztlich generiert diese einen Grossteil des Volkseinkommens und sorgt mithin für Vollbeschäftigung. Jordan, ein relativ typischer Schweizer Zentralbanker, bescheiden im Auftritt und trotz anschwellender Kritik jederzeit souverän, müsste da schon gute Gründe vorbringen, um sich auf die Seite der Banker zu schlagen, die der Schweiz in diesem Jahrhundert so viel Ärger verursacht haben.

Sorgen der Pensionskassen

Wäre da nicht die Situation der Pensionskassen. Während Jahrzehnten waren Obligationen eine so sichere wie einträgliche Investition – heute kämpfen die Asset Manager um jeden Viertelprozentpunkt. Und die Sorgen der Pensionskassen betreffen alle – also auch die Angestellten der Exportwirtschaft.

In einer aufwändigen Arbeit über die Zinspolitik der SNB hat Klaus Wellershoff, der ehemalige Chefvolkswirt der UBS, aufgezeigt, dass der Leitzins nicht zum gewünschten Resultat geführt hat – dass nämlich keine Pensionskasse wegen den Minuszinsen verstärkt in ausländische Anlagen investiert hat und damit den Kurs des Franken nach unten gedrückt hat. Also, dass der Spread zwischen dem Euro-Leitzins und dem Franken-Zins eigentlich gar nicht verantwortlich sein kann für den Frankenkurs.

Im Tsunami der Wirtschaftsdaten

Die «NZZ» deutete Wellershoffs Kritik dahingehend, dass eine Zinserhöhung im Tsunami der Wirtschaftsdaten quasi unterginge. Obwohl dieses leicht nihilistisch angehauchte Argument nicht wirklich als Anleitung für einen Währungshüter dienen kann, bleibt die Frage dennoch, ob die SNB nicht trotz der vielen Gründe, die gegen eine Zinserhöhung sprechen, einen Weg aufzeigen könnte, wie sie ihren Leitzins in positive Gefilde führen könnte. Und wenn es nur schon ist, um wieder etwas Munition für die nächste wirkliche Krise einzulagern.

Die Exportwirtschaft verkraftet einen höheren Zinssatz, Hausbesitzer kommen schon seit vielen Jahren in den Genuss von praktisch kostenlosen Hypotheken und können bedenkenlos etwas an Zins stemmen, die wirtschaftliche Entwicklung ist trotz Wachstumsdelle robust – bleibt der Frankenkurs.

Kritik des Säckelmeisters

Letztlich hat die SNB ja ein weiteres geldpolitisches Instrument in der Hand – die Intervention am Devisenmarkt. Dieses hat sie bekanntlich im grossen Stil zur Anwendung gebracht und der Kurs der Schweizer Währung ist einigermassen stabil geblieben, seit der Schock nach dem Bruch mit der Euroanbindung im Januar 2015 halbwegs überwunden werden konnte. Der Preis dafür war die Aufblähung der Bilanz, welche ebenfalls harsch kritisiert worden ist. Sogar Bundesrat Ueli Maurer, seines Zeichens Säckelmeister der Nation, deutete an, dass man hier langsam an einen Abbau denken könnte.

Mit der weltweiten Unsicherheit – Brexit, China-USA, Europawahlen – scheint die Situation für entschiedene Massnahmen in diesem Bereich jedoch eher von schwierig. Blieben die Zinsen. Auch wenn niemand mehr daran glaubt.

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