Im notorisch schwierigen Private-Banking-Markt Deutschlands setzt Julius Bär einen Fuss vor den anderen – und erzielt Gewinn, wie Heiko Schlag gegenüber finews.ch erklärt. Das Rezept: Swiss Banking aus dem Lehrbuch.

Deutsche Privatkunden hielten mit ihrem Schwarzgeld die Schweizer Privatbanken während Jahrzehnten über Wasser. Doch nach dem Aus des Bankgeheimnisses konnte sich das Swiss Banking in Deutschland kaum je als Exportschlager beweisen.

Im Gegenteil: Im deutschen Onshore-Markt blieben die Ergebnisse der Schweizer Banken meist weit hinter den Erwartungen zurück. Verluste veranlassten Banken wie die Credit Suisse oder J. Safra Sarasin, ihre Private-Banking-Präsenzen sogar aufzugeben. Demgegenüber machte die UBS eher durch ihre Personalwechsel in Deutschland von sich reden.

In der Schweizer Botschaft gefeiert

Da fällt Julius Bär aus dem Rahmen. Der grösste reine Wealth Manager der Schweiz hat kurz vor dem Corona-Lockdown in der Schweizer Botschaft in Berlin die offizielle Eröffnung ihrer Niederlassung in der deutschen Hauptstadt gefeiert. Es ist die zehnte im Land und das Ergebnis einer kontinuierlichen Aufbauarbeit von Deutschland-Chef Heiko Schlag.

Zu feiern gab es zudem einen Jahresgewinn von Julius Bär Deutschland. In einem Gespräch mit finews.ch legt der CEO die Zahlen nun exklusiv offen. Demnach erzielte seine Einheit 2019 einen Gewinn von 4 Millionen Euro. Das ist nicht die Welt. Doch das Wachstum der Deutschland-Einheit lässt aufhorchen.

Der Ertrag stieg um 20 Prozent, die verwalteten Vermögen kletterten – nicht nur dank der Marktperformance – um 25 Prozent auf einen inzwischen soliden zweistelligen Milliardenbetrag. Wie Schlag weiter ausführte, gewann Julius Bär in Deutschland im Jahresverlauf 700 Kunden hinzu, was in etwa dem Jahresdurchschnitt entspricht seit seinem Antritt bei Julius Bär im Jahr 2011.

Kompromisslos auf Kunden eingehen

finews.ch hatte in den vergangenen Jahren mehrmals die Gelegenheit, mit dem Banker über die Geschäftsentwicklung zu sprechen. «Kultur», «Menschlichkeit», «Empathie» sind Wörter, die dabei öfters fielen – sowohl wenn es um Kunden von Julius Bär als auch um die inzwischen rund 200 Angestellten in Deutschland ging.

Folgt man Schlags Ausführungen, geht es im alltäglichen Geschäft nur um den Kunden und das «kompromisslose» Eingehen auf dessen Bedürfnisse und Wünsche. Im Prinzip predigt Schlag genau jene Werte, die allgemein im Swiss Private Banking gelten, mit denen sich aber viele Anbieter Mühe schwertun, sie auch in der Praxis umzusetzen.

Ein Nischenanbieter

Man glaubt es kaum, aber mit diesem Ansatz ist es Julius Bär in Deutschland gelungen, ein Alleinstellungsmerkmal aufzubauen. Während Vermögensverwaltung reine «Commodity» ist, sind auf Grund der teuren Mifid-II-Regulierung Vermögensberater fast alleine auf weiter Flur. «Durch unseren Fokus auf Vermögensberatung sind wir in Deutschland zum Nischenanbieter geworden», erklärt Schlag und ergänzt: «In dieser Nische bringen wir Tiefgang mit.»

Mit Tiefgang meint Schlag in erster Linie Qualität. Diese kostet bei Julius Bär allerdings etwas, gelang es Schlag und seinem Team doch, sich gegen die allgemeine Tendenz sinkender Margen zu stemmen und diese gar auszuweiten.

Hohe Investitionen

Die Investitionen, die Julius Bär tätigen musste, um unter Mifid-II noch Vermögensberatung anbieten zu können, waren erheblich. Schlag erzielte im operativen Private-Banking-Geschäft zwar schon 2015 erste Gewinne, doch Investitionen und andere Effekte zogen das Gesamtergebnis jeweils wieder nach unten.

Im Jahr 2019 war das anders – und nun will sich Schlag nicht mehr nur dem Wachstum, sondern vermehrt auch der Verbesserung dem Kosten-/Ertrags-Verhältnis widmen. «Es ist unser klares Ziel, die seit 2015 erzielte Profitabilität zu steigern», sagt er. «Deutschland spielt in der Strategie von Julius Bär eine zentrale Rolle, und wir wollen einen substantiellen Ergebnisbeitrag leisten.» Damit setzt Schlag auch die Vorgabe seines Chefs Philipp Rickenbacher um. Dieser will in der ganzen Bank mehr Profitabilität – Neugeldwachstum ist nicht mehr die oberste Maxime.

Auf zufriedene Kunden angewiesen

Wie sich die Corona-Pandemie auf dieses Ziel für 2020 auswirken wird, kann auch der Julius-Bär-Chef in Deutschland nicht sagen. Dennoch will er im laufenden Jahr eine zweistellige Anzahl an Kundenberatern anstellen. Natürlich litten auch die Vermögen der deutschen Kunden unter den kürzlichen Marktverwerfungen. Doch Schlag lässt durchblicken, dass Gelder von Bestands- und Neukunden die Verluste teilweise wettgemacht hätten.

Gerade in Zeiten wie diesen, erweisen sich die Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse und die Kontaktpflege als wichtige Bestandteile von Schlags Strategie in Deutschland. «Wir sind auf zufriedene Kunden angewiesen, da zufriedene Kunden uns auch weiterempfehlen», erklärt er. «In einem eng regulierten Markt wie Deutschland ist dies sehr wichtig.»

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