Unter  Beatriz Sanchez konnte sich Julius Bär in Lateinamerika aus einem Geldwäscherei-Skandal befreien und den Geldabfluss st0ppen. Nun muss die Bank die Weichen für die weitere Entwicklung stellen. Vieles ist dabei möglich, wie Recherchen von finews.ch zeigen. 

Im Dezember 2017 engagierte die Zürcher Bank Julius Bär Beatriz Sanchez von Goldman Sachs, um die Vermögensverwaltung in Lateinamerika zu leiten. Der Job entwickelte sich nur vier Monate später zu einem Albtraum, als bekannt wurde, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) wegen Verdachts auf Geldwäscherei von Kunden in Venezuela ermittelte, wie auch finews.ch berichtete

Nun, nach drei Jahren Aufarbeitung des Falls, scheint Sanchez sich nun endlich aufs eigentliche Geschäft konzentrieren zu können. Mit einem jährlichen Wachstum von mehr als 8 Prozent ist der lateinamerikanische Markt hinter Asien die zweitwichtigste Auslandsregion für viele Schweizer Privatbanken.

Gegengewicht zu Asien

Der amerikanische Kontinent stellt ein natürliches Gegengewicht zu Asien dar, dem sogenannten zweiten Heimatmarkt von Julius Bär. Amerika und Asien enthalten auch die beiden grössten Onshore-Märkte der Welt: die USA und China. Unter diesen Prämissen wird 2021 ein wichtiges Jahr für die Schweizer Bank. Denn sie muss sich entscheiden, wie sie in diesen Märkten weiter verfahren will.

Genaue Zahlen, wieviel Geld Julius Bär in Lateinamerika verwaltet, gibt die Bank nicht bekannt. Bekannt ist lediglich, dass etwa ein Drittel der insgesamt 426 Milliarden Franken, die das Zürcher Institut betreut, von Kunden aus Lateinamerika sowie anderen Wachstumsmärkten wie Russland, Naher Osten und Osteuropa stammt – also gut 140 Milliarden Franken.

Akribische Kontrollen

Sanchez, eine Veteranin im Private Banking, die für Goldman Sachs in Miami arbeitete, ging unmittelbar nach ihrem Amtsantritt bei Julius Bär die Probleme in Venezuela – sowie in Panama – an und schloss die dortigen Niederlassungen. Ausserdem unterzog sie die entsprechenden Kundenbücher einer akribischen Kontrolle. Aufgrund der Veränderungen musste Sanchez allerdings auch einige Rückschläge hinnehmen.

Ein von Marc Braendlin geleitetes Lateinamerika-Team wechselte zur Privatbank Pictet, und der wichtige Kundenberater Fabio Kreplak aus Uruguay heuerte bei der Konkurrentin Mirabaud an.

Krise im Gesundheitswesen

Im Gegenzug gelang es Sanchez aber auch, einige bedeutende Banker an Bord zu holen; darunter Jorge Torea von der Credit Suisse als Marktchef in Brasilien und Andrea Cuomo für die Vakanz in Uruguay. Klar ist auch, dass Sanchez in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie einige Unwägbarkeiten zu vergegenwärtigen hatte, zumal Südamerika vom Virus massiv heimgesucht wurde, was sich in einer eigentlichen Gesundheitskrise niederschlug.

Im vergangenen Herbst unterzog das Top-Management von Julius Bär die Region einer umfassenden Prüfung und prüfte dabei vor allem zwei Optionen: einerseits den Verkauf aller Aktivitäten in diesem Markt und andererseits eine massive Expansion ebendieser Aktivitäten. Ein Sprecher der Bank wollte dazu keine Stellung nehmen. 

Straffere Strukturen

Unter diesen Prämissen kam es tatsächlich zu einer Straffung des Geschäfts verbunden indessen mit der Absicht, in Lateinamerika zu bleiben. In Uruguay wurden etwa zwei Geschäftsstellen zusammengelegt, und die brasilianischen Firmen Reliance und GPS zu einem Family-Office-Konstrukt unter der Leitung von Jan Karsten verschmolzen.

Ausserdem übernahm Julius Bär eine Mehrheitsbeteiligung an der in Mexiko ansässigen Firma NSC; massgeblich beteiligt war Sanchez schliesslich am Verkauf der Julius-Bär-Tochter auf den Bahamas, die an Ansbacher veräussert wurde.  

Plattform in Miami

Parallel dazu formierte Sanchez eine neue Führungscrew in ihrem Marktgebiet: Tobias Murer, ehemals Stabschef von Ex-CEO Bernhard Hodler, ernannte sie zu ihrem Stellvertreter für das Offshore-Geschäft in Lateinamerika. Rodrigo Bonfim, der ihr von Goldman Sachs zu Julius Bär folgte, ist Murers Gegenpart im Onshore-Geschäft, das er von Uruguay aus verantwortet.

In diesem Jahr ist es Sanchez auch gelungen, den Vermögensabfluss in der Region zu stoppen. Engagiert wurde die Bankerin auch, um in Miami eine Plattform als Brückenkopf für wohlhabende Südamerikaner aufzubauen. Die Zeit dafür wäre nun reif. Es wäre letztlich auch eine Rückkehr ins US-Geschäft. Insofern schuldet die Zürcher Bank nun ihren Aktionären und weiteren, potenziellen Investoren zumindest einen Hinweis darauf, wohin die Reise ab nächstem Jahr gehen soll.

 

 

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