Die Schweiz kämpft um den EU-Marktzutritt für Finanzdienstleister. Voraussetzung dafür ist die Äquivalenzanerkennung durch die EU. Diese stehe aber auf dem Spiel, schreibt die Juristin Lea Hungerbühler.

International spielt der Schweizer Finanzplatz in vielen Bereichen ganz vorne mit. Das gilt auch für die Äquivalenzanerkennungen, die im EU-Recht vorgesehen sind.

Die Schweiz gehört hinsichtlich der Anzahl an Positiventscheiden durch die EU-Kommission zu den Top-10 Drittländern der Welt. Dies wirkt sich positiv auf das EU-Geschäft aus – teils in Form von vereinfachtem Marktzutritt, teils durch andere Erleichterungen.

EU muss Schweizer Regulierung als gleichwertig anerkennen

Eine der für die Schweizer Bankenbranche wohl wichtigsten Äquivalenzprüfungen steht noch bevor: Eine Bestimmung in der EU-Verordnung MiFIR (Markets in Financial Instruments Regulation) sieht vor, dass Finanzdienstleister aus Drittländern Anlageberatung oder Vermögensverwaltung grenzüberschreitend in sämtlichen EU-Mitgliedstaaten erbringen dürfen.

Voraussetzung für diesen Zugang zum EU-Markt ist allerdings, dass die EU-Kommission den der Rechts- und Aufsichtsrahmen des Drittstaats als äquivalent anerkennt. Weil die Schweiz von einer Äquivalenzanerkennung extensiv Gebrauch machen könnte, ist absehbar, dass die Schweizer Regulierung besonders kritisch überprüft wird.

Fidleg und Finig könnten Grundstein sein

Das Fidleg/Finig-Gesetzespaket hat die Schweiz unter anderem im Hinblick auf MiFID II/MiFIR entworfen. Es könnte den Grundstein dafür legen, dass der Schweizer Rechts- und Aufsichtsrahmen in diesem Gebiet als gleichwertig anerkannt wird, wie in einer Studie des Think Tanks foraus bereits festgehalten worden ist.

Allerdings hat der Ständerat am ursprünglichen Entwurf des Bundesrates zahlreiche Änderungen vorgenommen, welche zu signifikanten Diskrepanzen zwischen dem EU-Recht und dem neuen Schweizer Recht führen würden.

Zu nennen sind beispielsweise der erweiterte Kundenschutz für professionelle Kunden, die Verhinderung und Reduktion von Interessenkonflikten oder auch Sanktionskompetenzen.

Abweichungen sind ein Risiko

Es ist nicht auszuschliessen, dass die Schweiz mit solchen Abweichungen die Äquivalenzanerkennung aufs Spiel setzt. Mit Fidleg/Finig sollte aber die Chance ergriffen werden, um die Schweiz international als fortschrittlichen Finanzplatz zu positionieren und die Möglichkeit für einen positiven Äquivalenzentscheid der EU zu wahren.

Andernfalls droht ein gravierender Standortnachteil gegenüber anderen Drittstatten wie Singapur oder künftig auch Grossbritannien, die bereits vom EU-weiten Marktzutritt profitieren könnten.

Negative Auswirkungen durch EU-Mitgliedstaaten

Verschärft wird die Problematik dadurch, dass zahlreiche EU-Mitgliedstaaten die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung aus Drittstaaten äusserst restriktiv handhaben. Selbst wenn die Schweiz ihre Gesetzgebung basierend auf dem Ergebnis der Äquivalenzprüfung nachträglich noch anpassen würde, wären negative Auswirkungen zu erwarten: Die Schweizer Marktteilnehmer würden in den Jahren bis zu einer erneuten Evaluation durch die EU-Kommission wertvolle Zeit im Rennen um die internationale Kundschaft verlieren.

Es ist zu hoffen, dass die Schweiz hinsichtlich den EU-Äquivalenzverfahren weiterhin einen der Spitzenplätze einnimmt und auch beim zentralen MiFIR-Marktzugang zu den ersten Drittstaaten mit einem positiven Gleichwertigkeitsentscheid gehören wird.

Die Chance ist da

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates hat die Beratung zu Fidleg nun beinahe abgeschlossen, ohne dabei die Lücken zum EU-Recht zu schliessen. Somit wird letztendlich noch der Nationalrat die Chance haben, das Gesetzespaket zurück auf den Kurs zu bringen, der es unserem Finanzplatz ermöglicht, die Pole Position im Rennen um den EU-Marktzugang zu wahren.


Lea Hungerbühler ist Rechtsanwältin und Leiterin des Programms Finanzplatz des Think Tanks foraus. 

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