Die Liechtensteinische Treuhandkammer wird nicht müde zu erwähnen, es gebe in ihrer Branche nur wenige schwarze Schafe. An den Rechtsstreitigkeiten seien geldgierige Begünstigte Schuld. «Stimmt das?», fragt der internationale Strafverteidiger Steven Kay auf finews.ch.

Zu oft zeigt sich das gleiche Muster: Die Treugeber eines Trusts wollen die finanzielle Zukunft ihrer Familie sichern und werden dazu ermutigt, liechtensteinische Truststrukturen zu nutzen. Trotz gravierender Vertrauensbrüche unterstützen die liechtensteinischen Gerichte auf Kosten der ausländischen Kunden die heimischen Treuhänder.

Dies hat bei einigen Treuhändern zu einem Gefühl der Straflosigkeit geführt – und ich habe es miterlebt —, dass sie ungestraft davonkommen können, gedeckt durch die lokalen Gerichte.

Transparente Regeln fehlen

Als Anwalt auf dem Gebiet des internationalen Strafrechts habe ich nun an mehreren Rechtsstreitigkeiten gearbeitet, die auf demselben Problem beruhten: Ein Treugeber dachte, es sei eine Treuhandstruktur eingerichtet worden, die auf seine Absichten ausgerichtet sei. Aber trotz der Klarheit dieser Absichten haben spätere Ereignisse, die durch Streitigkeiten mit seinen Treuhändern verursacht wurden, seine Wünsche völlig zunichte gemacht. Das Fehlen klarer und transparenter Regeln ist offensichtlich!

Mit den diesjährigen Änderungen des liechtensteinischen Treuhandgesetzes wurde versucht, einige der Lücken zu schliessen, beispielsweise bei vorliegenden Interessenkonflikten. Die liechtensteinischen Gerichte haben jedoch selten einen Interessenkonflikt angenommen. Liechtensteinische Richter missachten oft das für den Gründer grundlegende Treuhandverhältnis und begünstigen so die Treuhänder vor Gericht.

Keine Pflicht gegenüber der Öffentlichkeit

Mit einer fadenscheinigen Begründung wurde in der Neuauflage auch nicht für mehr Transparenz gesorgt. Kurz gesagt, die Pflicht zur Information der Öffentlichkeit besteht nur in sehr seltenen Fällen oder nur dann, wenn der Schaden gross ist.

Die Rechte der Begünstigten – insbesondere die wesentlichen Rechte auf Bucheinsicht – sind noch immer schwach ausgeprägt. Viele Begünstigte (manchmal sogar die Treugeber selbst) sehen zu, wie ihre Familientreuhandgesellschaften geleert werden, entweder durch Dekantieren in eine andere Treuhandgesellschaft oder -struktur, oder durch Insolvenz.

Diese grob benachteiligende Rechtslage muss korrigiert werden. Man könnte sich fragen, warum wurde sie ignoriert? Die Kommentare zur Gesetzesänderung zeigen, wer am heftigsten gegen progressive Reformen gekämpft hat. Und die verbliebenen Änderungen lassen noch viel Spielraum für die Auslegung von Regeln zugunsten der Treuhänder und verlängern damit das Multi-Organversagen bei der Trust Governance.

Das Wesen des Problems

Obwohl einige der Änderungen – wie etwa die Verlagerung der Zuständigkeit für die Kontrollmechanismen von der Standeskommission der liechtensteinischen Treuhänder auf die FMA – ein Schritt in die richtige Richtung sind, liegt der Kern des Problems etwas tiefer.

Jahrelang wurde der Geist der Straflosigkeit in Treuhänder-Kreisen toleriert. Die Treuhandbranche hat sich im Wesentlichen selbst reguliert und musste keiner Institution gegenüber ernsthaft Rechenschaft ablegen, was in keinem Land der Welt, auch nicht in Liechtenstein, funktioniert.

System muss vertrauensbildend sein

Erst nach dem amerikanisch-schweizerischen Streit um das Bankgeheimnis und einer Reihe von hochkarätigen Einzelfällen kam Bewegung in eine Branche, deren letzte Reste heute in der Liechtensteinischen Treuhandkammer gebündelt sind. Längst hat das Fürstenhaus erkannt, dass die Zukunft und das Geschäft woanders liegen, und so ist es ein Rückzugsgefecht, das die Treuhänder kämpfen.

Das Richtige wäre, jetzt Mut zu zeigen. Statt grosser Worte und kleiner Taten brauchen wir die Unabhängigkeit der Behörden im Interesse von Treugebern und Begünstigten, volle Transparenz gegenüber der FMA, klare Corporate Governance-Regeln und bessere Schutzmechanismen für alle Beteiligten, insbesondere für Whistleblower, die reinen Tisch machen wollen. Ohne Vertrauen kann das System nicht das liefern, was es zu liefern vorgibt.


Steven Kay QC ist ein britischer Strafverteidiger und Vorsitzender von Chambers at 9 Bedford Row, einer traditionsreichen Anwaltskammer in London. Kay erlangte internationale Bekanntheit, unter anderem durch seine Verteidigung von Slobodan Milosevic, dem früheren Präsidenten Serbiens und verurteilten Kriegsverbrecher. Kays Spezialitäten als Strafverteidiger sind Betrug und Korruption in internationalen Fällen. Somit ist er in den Schweizer und Liechtensteinischen Jurisdiktionen ein bekannter Anwalt.

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