Der abrupte Abbruch des Projektes der Facebook-Währung Diem und der Umzug in die USA beweist: Gegen die USA kommt auch eine «Crypto Nation Switzerland» nicht an, schreibt finews.ch-Redaktorin Katharina Bart.

Diem, das vom Tech-Giganten Facebook getragene Projekt einer digitalen Währung, hat vergangene Woche seinen vor rund zwei Jahren in der Schweiz lancierten Vorstoss aufgegeben. Anstatt in der Schweiz die regulatorischen Vorzüge für Blockchain- und Krypto-Unternehmungen zu nutzen, zieht Diem in die USA. Dort wird eine bislang unbekannte Bank in Kalifornien namens Silvergate der neue Kooperationspartner.

Zusammen werde man das Projekt eines mit Dollar hinterlegten Stablecoin vorantreiben, hiess es.

Der Abzug aus Genf beendet eine von Facebook-Lenker Mark Zuckerberg orchestrierte Odyssee zwischen Genf, Menlo Park und Bern. Das Fazit: Die USA haben nach anfänglichem Zaudern im Wettbewerb der Blockchain- und Krypto-Regulierung ihre Zurückhaltung abgelegt und die «Crypto Nation Switzerland» – eine Wortkreation von Anfang 2018 des früheren Schweizer Wirtschaftsministers Johann Schneider Ammann – im Regen stehen lassen.

Von Beginn weg politisch hochbrisant

Libra, wie das Währungsprojekt ursprünglich hiess, war sinnbildlich für Zuckerbergs mittlerweile berühmtes Motto «move fast and break things» (bewege dich schnell und mache Dinge kaputt). Der Tech-Gigant aus dem Silicon Valley gründete in Genf einen Ableger in Form eines Vereins. Diese Rechtsform wird typischerweise dafür verwendet, um Gemeinschaftsprojekte oder spezielle Interessengruppen zu vertreten.

Libra war von Anfang an ein politisch hoch brisantes Projekt und erregte die Gemüter von Notenbankern wie Fed-Chef Jerome Powell und den damaligen Chef der Bank of England, Mark Carney. Dieser sagte etwa, Libra würde als Kryptowährung «sofort systemisch werden» und müsse den höchsten Regulierungs-Standards unterliegen.

Wütende Anrufe aus den USA

Aber bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) in Bern war man offener gegenüber Libra eingestellt. Schliesslich hatte das Schweizer Parlament schon im Jahr 2015 über digitale Währungen debattiert. Und Anfang 2018 erhielt die Finma internationalen Beifall für ihre wegweisenden Richtlinien zu den verschiedenen Token und ihrem Gebrauch.

Als die Finma anfing, sich mit Libra zu beschäftigen, wurde deutlich, wie aufgeladen das Thema einer globalen digitalen Transaktionswährung war und welche Brisanz in den Plänen von Facebook steckte. Mit den Vorgängen vertraute Personen sagten gegenüber finews.ch, Finma-Mitarbeiter, die an Libra arbeiteten, hätten regelmässig Anrufe von US-Parlamentariern erhalten, die ihrem Ärger über das Projekt Luft gemacht hätten.

Facebook und seine Sammelwut von Personendaten wie auch der unsensible und fragwürdige Umgang mit den Daten sind seit längerem ein Politikum.

USA bereiteten den Boden

Die Finma stoppte das Projekt abrupt nach einer sechsmonatigen Überprüfung. Libra ging zurück ans Reissbrett und gab die grossen Währungspläne zugunsten eines in der Schweiz ansässigen Zahlungssystems auf. Dessen Währung sollte nun Diem heissen – doch auch diese Pläne änderten sich abrupt, wie sich nun letzte Woche zeigte.

Dazu hatten die USA den Boden bereitet. Während die Finma – eine Behörde mit rund 500 Mitarbeitern – zusammen mit 24 anderen Regulierungsbehörden über Libra gebrütet hatte, hatten die USA ihr eigene Krypto-Agenda vorangetrieben.

Diesen Januar ebnete die wichtige Finanzbehörde Office of the Comptroller of the Currency (OCC) den Weg für Banken, digitale Vermögenswerte wie Stablecoins in weit grösserem Umfang zu testen.

Klar genug für Diem

Der Schritt war im allgemeinen Krypto-Boom praktisch unbemerkt geblieben. Der Fokus lag auf dem steilen Wachstum von Krypto-Firmen wie Galaxy Digital von Mike Novogratz, dem Einstieg der Bezahlspezialistin Paypal in Kryptowährungen oder dem Börsengang der Kryptobörse Coinbase. Diese Entwicklungen unterstreichen nur, wie dramatisch die USA ihre Haltung gegenüber Kryptowährungen aufgeweicht haben.

Auch wenn der regulatorische Ansatz der USA im Vergleich zu einem Distributed-Ledger-Gesetz in der Schweiz nicht klar erkennbar ist, so ist er offenbar klar genug, dass so grosse Projekte wie Diem der Schweiz den Rücken kehren.

Pragmatischer Machtanspruch

Die USA mussten befürchten, den Anschluss zu verpassen, besonders nachdem andere Länder und Notenbanken an Stablecoins arbeiteten. Nicht zuletzt hat auch China seine Feindseligkeit gegenüber Kryptowährungen und Stablecoins aufgegeben.

Der Pragmatismus wie auch der Machtanspruch der USA liegt darin, dass die Finanzaufseher die digitale Währung eines ihrer mächtigsten Tech-Konzerne lieber im eigenen Hinterhof beobachten und unterstützen als in der Schweiz.

Insofern unternahm Libra/Diem den teuren und zeitaufwendigen Umweg über Schweiz nur darum, einen Aktionsplan zu festigen. Das Nachsehen hat die «Crypto Nation Switzerland».

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