Genf will ein globales Zentrum für nachhaltige Finanzen werden. Die Stadt verfügt zwar über die richtigen Akteure vor Ort, beherbergt aber auch viele Firmen, die regelmässig ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, wenn es um klimaschädliche Praktiken geht.

Die Stadt Genf konkurriert mit Peking, Tokio, London und Frankfurt sowie mehreren kanadischen Städten um den Sitz des International Sustainability Standards Board (ISSB).

Der Ruf nach einem internationalen Gremium für nachhaltige Berichterstattung kommt von der International Financial Reporting Standards Foundation, die einen Finanzplatz mit globaler Reichweite anstrebt.

Finanzplatz vs. Global Governance

«Das internationale Genf hat bereits den Dialog zwischen den UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen (NGO), die auf nachhaltige Finanzen und Impact Investing spezialisiert sind, und seinen Finanzinstituten begonnen», erklärt Edouard Cuendet, Direktor der Fondation Genève Place Financière, einer Stiftung, die die Genfer Finanzindustrie vertritt, gegenüber finews.ch.

Die Vielzahl der Genfer Finanzinstitute ist jedoch nicht entscheidend bei den Chancen der Stadt, den Zuschlag zu erhalten. «Die Präsenz der Regierungen der Welt, die durch ihre Vertretungen repräsentiert werden, und die lange Tradition Genfs als Sitz internationaler Organisationen und NGOs sind für den Standort entscheidend», sagt Christoph Baumann vom Schweizer Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) zu finews.ch.

Er betont auch, dass sich der Schweizer Finanzplatz stark für die Offenlegung klimarelevanter Finanzdaten einsetzt, wie sie von der Arbeitsgruppe TCFD des Financial Stability Board, der die G20-Staaten angehören, festgelegt wurde.

Kein Vorbild

Für Kritiker ist das nicht ausreichend: «Bevor die Schweiz als glaubwürdiges globales Vorbild für nachhaltige Finanzen dienen kann, muss sie die hochproblematischen Sektoren, die sie beherbergt, bereinigen», findet Oliver Classen, ein Sprecher von Public Eye.

Für die NGO, die sich dafür einsetzt, dass die Schweizer Politik und Unternehmen die Menschenrechte und die Umwelt in armen Ländern respektieren, steht der Nachhaltigkeitsvorstoss des Landes im Widerspruch zu den zahlreichen Rohstoff-Handelsunternehmen, die hier ansässig sind.

Viele Skandale

«Die Schweizer Behörden haben eine schlechte Bilanz, vor allem wenn es um Menschenrechtsverletzungen und umweltschädliche Politik im Ausland geht», betont Classen.

«Wie die Pandora-Papiere jüngst gezeigt haben, gibt es praktisch keinen internationalen Korruptionsskandal, der nicht in irgendeiner Form mit der Finanzdienstleistungsbranche unseres Landes verbunden ist», fügt er hinzu.

Alle an einem Tisch

Für Cuendet ist klar, dass man alle Beteiligten an einen Tisch bringen muss, wenn man beim Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft Fortschritte erzielen will: «Ausgrenzung ist meiner Meinung nach keine Lösung», unterstreicht er.

Die Entscheidung zur Standortwahl wird im kommenden Monat an der Uno-Klimakonferenz COP26 in Glasgow fallen.

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