Sommergrüsse vom griechischen Geheimtipp
In der Sommer-Serie von finews.ch berichten ausgewählte Fondsmanager aus ihrer Heimatstadt. Heute geht die Reise nach Griechenland.
Von Jeroen Van Oerle, Portfolio Manager Global Fintech Equities & Golden Age bei Lombard Odier
Ich habe meinen Sommerurlaub in Griechenland verbracht. Nachdem ich von Amsterdam nach Athen geflogen bin, nahm ich eine Nachtfähre, um auf die wunderschöne Insel Amorgos zu gelangen. Die Insel wird – verglichen mit anderen Inseln – nicht von vielen Touristen besucht. Es gibt keinen Flughafen und keine Kreuzfahrtschiffe, da die Einheimischen den Massentourismus nicht mögen, andererseits aber auch sehr auf diese Einnahmequelle aus dem Tourismus angewiesen sind, da die einzige andere Ressource Ziegen sind.
Jeroen Van Oerle von Lombard Odier.
Es ist ein schwieriger Balanceakt. Einige Inseln, wie Santorin und Mykonos, haben die Wirtschaft eindeutig über die Ruhe gestellt, aber andere versuchen, ein besseres Gleichgewicht zu finden.
Vernetzt – fernab vom Massentourismus
Kaum auf der Insel angekommen, stellte sich die lang ersehnte Ruhe fast augenblicklich ein. Für gewöhnlich ist so ein Ort gleichbedeutend mit digitaler Auszeit. Doch da die Verbindung einwandfrei war, entschied ich mich ganz bewusst, das Handy im Ferienhaus zu lassen.
Eine Insel, die zum Baden einlädt: Amorgos. (Bild: Pixabay)
Konnektivität betrifft heute nicht nur das Smartphone, sondern auch das Bezahlen. Obwohl ich eine recht abgelegene Insel besuchte, konnte ich überall problemlos mit Karte zahlen. In den vergangenen zehn Jahren hat Griechenland in Sachen finanzieller Inklusion einen bemerkenswerten Wandel vollzogen. Nach der Schuldenkrise 2009 wurden in Griechenland umfassende Wirtschaftsreformen durchgeführt. Im Rahmen dieser Reformen wurden auch Initiativen für den digitalen Zahlungsverkehr angeregt. Die Kartennutzung stieg von unter 10 Prozent der Transaktionen im Jahr 2014 auf über 60 Prozent im Jahr 2024, insbesondere nach den Kapitalverkehrskontrollen von 2015.
Das Spannende an digitaler finanzieller Inklusion ist: Sobald die grundlegende Verbindung steht, entsteht auf dieser Infrastruktur Raum für zahlreiche Innovationen. Neben Kartenzahlungen sind so auch mobile und Echtzeitüberweisungen möglich – selbst «Buy Now, Pay Later» wird von immer mehr Händlern akzeptiert. Point-of-Sale-Terminals – also die Geräte, mit denen Kunden im Geschäft bezahlen – fungieren auch als Brücke zu Cross-Sales, da Zahlungsdaten zu einer besseren Kreditvergabe führen, wenn Händler einen (kurzfristigen) Kredit benötigen.
Point-of-Sale-Terminals sind längst nicht mehr nur Kassensysteme. Sie sammeln auch wichtige Zahlungsdaten – also Informationen darüber, wie viel ein Geschäft einnimmt, wie oft Kunden einkaufen, ob es regelmässige Umsätze gibt usw. Während es früher für Händler schwierig war, Kredite zu erhalten – und auch heute ist es noch nicht optimal, da etwa ein Drittel der KMU in Europa nicht die benötigten Mittel erhalten – ermöglichen digitale Zahlungsdaten mittlerweile bessere und schnellere Kreditanträge. Denn die Kreditgeber können die benötigten Daten besser einsehen und überprüfen und damit das Risiko genauer einschätzen. Griechischen Händler nutzen den digitalen Zahlungsverkehr inzwischen überdurchschnittlich häufig, während sie vor zehn Jahren noch im unteren Quartil lagen.
Sie prägen das Bild: die traditionellen Windmühlen. (Bild: Pixabay)
Gleichzeitig gibt es auch einen grossen Vorteil aus Sicht der Verbraucher: Da das Bezahlen einfacher wird, neigen Touristen dazu, mehr Geld auszugeben. Ich sehe mich selbst als eher rationalen Investor. Auf dieser Reise wurde ich von meiner Partnerin begleitet – und wie so oft im Leben sind gewisse Entscheidungen nicht rein sachlich motiviert. Dass ein handgefertigtes Schmuckstück bequem mit Karte bezahlt werden konnte – Beträge dieser Grössenordnung habe ich selten bar dabei – war letztlich der ausschlaggebende Punkt, einem Impuls nachzugeben und ein bleibendes Geschenk zu machen, das den Arm meiner Freundin schmückte. Doch nicht nur Touristen schätzen die neue Zahlungsmethode. Umfragen zeigen, dass inzwischen über 70 Prozent der griechischen Verbraucher digitalen Zahlungen mehr Vertrauen schenken und diese dem Bargeld vorziehen.
Technologie als Treiber für Inklusion und Wachstum
Die Frage nach der Zugänglichkeit wird beim sozialen Wandel eine entscheidende Rolle spielen. Bei Lombard Odier investieren wir bereits seit vielen Jahren in FinTech – also in Unternehmen, die kosteneffiziente Lösungen bieten und damit einen entscheidenden Beitrag zur mehr finanzieller Inklusion leisten. Dies ist auch ein Teil unserer übergeordneten sozialen Investmentthese, bei der Zugänglichkeit ein wesentlicher Treiber ist. Mein Besuch auf Amorgos hat mir einmal mehr bestätigt, dass die digitale Finanzrevolution in vollem Gange ist – und dass selbst eine abgelegene Insel nun davon profitieren kann.